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Das Blässhuhn (Fulica atra)

Blässhuhn (Foto: Wolfgang Höll)
Blässhuhn (Foto: Wolfgang Höll)

Das Blässhuhn ist nicht mit den Hühnern verwandt, sondern gehört zur Familie der Rallen (Rallidae). Es ist auch nicht blass – ganz im Gegenteil. Bis auf das weiße Stirnschild – die Blesse – das rote Auge und den weißen Hinterrand der Armflügel ist der 36 bis 42 cm große Schwimmvogel schiefergrau bis schwarz. Nur Küken und Heranwachsende halten sich nicht an diesen Dresscode. Die Küken sind mit ihrem kaum befiederten rot und blau gefärbten Kopf und dem gelbbraunen „Stehkragen“ hübsch hässlich bunt gefärbt, im Jugendkleid ist die Oberseite braunschwarz, Kopf und Brust grauweiß.

leuzistisches Blässhuhn (Foto: Peter Witzan)
leuzistisches Blässhuhn (Foto: Peter Witzan)

Immer wieder treten fast weiße Blässhühner auf. Dieses als „Leuzismus“ bezeichnete Phänomen beruht auf einer Störung des Melanintransports - im Unterschied zum Albinismus, bei dem der schwarze Farbstoff Melanin gar nicht gebildet wird. Seit einiger Zeit treibt sich ein solches leuzistisches Blässhuhn am Westufer des Starnberger Sees herum. Vielleicht können Sie es ja bei einem Spaziergang durch den Lenné-Park oder in der Nähe der Roseninsel entdecken.

 

Blässhühner sind recht stimmfreudig und haben ein großes Repertoire an Lautäußerungen. Je nach Erregung klingen die Rufe einsilbig laut platzend nach „köck“ oder „kröck“, explosiv spitz („pix!“) oder sogar kranichartig trompetend.

Blässhuhn (Foto: Thomas Hafen - www.natur-fotografieren.de)
Blässhuhn (Foto: Thomas Hafen - www.natur-fotografieren.de)

Das Blässhuhn ist die häufigste Rallenart in Deutschland und Bayern. Nach Angaben des Atlas Deutscher Brutvogelarten gibt es in Deutschland zwischen 66.000 und 115.000 Reviere, in Bayern sind es laut dem Atlas der Brutvögel in Bayern 10.000 bis 17.500. Nur das Teichhuhn ist mit 34.000 bis 59.000 beziehungsweise 3.800 bis 6.000 Revieren eine ebenfalls noch recht häufige Rallenart. Alle anderen heimischen Rallen wie die Wasserralle, das Tüpfelsumpfhuhn oder auch der Wachtelkönig sind sehr viel seltener und leben dazu noch so versteckt, das man sich so gut wie nie zu Gesicht bekommt. Blässhühner kommen nicht nur in ganz Europa, sondern auch in Nordafrika, in weiten Teilen Asiens bis nach Indien und Japan sowie in Australien und auf Neuguinea vor.

streitende Blässhühner (Foto: Ursula Wiegand)
streitende Blässhühner (Foto: Ursula Wiegand)

Seine weite Verbreitung hat das Blässhuhn unter anderem seiner Anspruchslosigkeit zu verdanken. Ein kleiner Tümpel, ein See oder ein langsam fließendes Gewässer genügen als Lebensraum, Hauptsache es gibt eine flache Uferzone. Auch was die Nahrung angeht, sind Blässhühner alles andere als wählerisch. Neben Pflanzen aller Art kommen Muscheln, Schnecken und Insekten auf den Tisch. Nur bei der Revierverteidigung kennen Blässhühner keinen Spaß. Sie sind sehr territorial und vertreiben nicht nur Artgenossen, sondern auch andere Schwimmvögel, etwa Enten, aus ihrem Territorium. Im Zuge der Revierbildung kann es zu heftigen Auseinandersetzungen kommen, bei denen die Tiere mit Flügelschlagen und Treten aufeinander losgehen.

Blässhuhn mit Jungen am Nest (Foto: Pit Brützel)
Blässhuhn mit Jungen am Nest (Foto: Pit Brützel)

Das Blässhuhn brütet bevorzugt in der Nähe dichter Röhrichtzonen oder ufernaher Gebüsche. Fehlen diese, begnügt es sich mit einem Mäuerchen oder ein paar Steinen. Bei sehr kleinen, deckungsarmen Tümpeln baut es sein umfangreiches Nest aus Zweigen, Schilf und anderen Pflanzenresten aber auch einfach schwimmend in der Mitte des Gewässers. Das Weibchen legt fünf bis zehn Eier, aus denen nach etwa drei Wochen Brutzeit die Jungen schlüpfen. Sie sind Nestflüchter, werden aber meist noch ein paar Tage im Nest gehudert.

Während im Sommer nur wenige Blässhühner am Starnberger See zu finden sind, sammeln sich in der kalten Jahreszeit große Massen mehrerer tausend Vögel oft an der Roseninsel, vor dem Erholungsgelände Ambach oder auch in der Starnberger Bucht. Von Oktober bis Februar sind oft mehr als 10.000 Blässhühner am See, wie die Ergebnisse der internationalen Wasservogelzählung von 2003 bis 2015 zeigen. Das Maximum betrug sogar mehr als 17.000 Vögel. Die Schwankungen sind von Jahr zu Jahr erheblich, seit der Jahrtausendwende scheint es aber insgesamt zu einer deutlichen Zunahme gekommen zu sein.

 

(Text: Thomas Hafen)

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