Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Flug in ein neues Leben - Bericht über den Mauerseglerstart

24.7.2025

Apus apus - Mauersegler - Z. Tunka
Apus apus - Mauersegler - Z. Tunka

Seit 2003 nimmt Frau Dr. Ballerstädt aus Tutzing jedes Jahr unzählige hilflose Mauersegler auf, die in den meisten Fällen aus dem Nest gefallen sind und um die sich die Elterntiere dann nicht mehr kümmern. Aber auch verletzte, ausgewachsene Mauersegler finden den Weg zu ihr.

 

Mit großem ehrenamtlichen Engagement sorgt sie dafür, dass diese Flugkünstler wieder in die Freiheit entlassen werden können.

 

Am 22. Juli 2025 war es wieder so weit. Frau Ballerstädt hatte alle Mauerseglerfreunde, Tierpaten, -finder und -kuriere eingeladen, um gemeinsam den Start der Tiere zu erleben. Wie jedes Jahr fand dieser im Tutzinger Würmsee-Stadion statt.

 

Auch in unserer Geschäftsstelle gingen Fundmeldungen ein, die wir an Frau Ballerstädt weiter geleitet hatten. Daher bin ich der Einladung gerne gefolgt.

 

Um 19 Uhr war die letzte Fütterung der Tiere angesetzt. Nachdem die 12 Transportboxen mit jeweils 4 Seglern angekommen waren, wurde jedes einzelne Tier mit Heimchen versorgt und somit auf den Start vorbereitet. Meist gab es mit einer Pinzette 6 bis 8 - mal kleinere oder größere Heimchen – wohlgemerkt ohne Beine und ohne Kopf, denn auch als junger Segler ist man schließlich schon Feinschmecker.

 

Mit dabei waren zum Beispiel „Würmli” aus Herrsching und Rudi aus Bernried, die sich bereits seit mehreren Wochen in Obhut befand - „Lili Marleen” aus Seeshaupt mit geschädigten Federn und der anfangs gelähmte „Bobby” aus Schondorf. Die Namensgebung erfolgt im Übrigen meist durch die Paten selbst.

 

Gabe der Heimchen
Gabe der Heimchen

Während der Fütterung gab es viel Spannendes zu erfahren. So zum Beispiel, dass die adulten Tiere ihre Jungen mit sogenannten Futterkugeln versorgen. In diesen Kugeln befinden sich bis zu 1.400 Insekten. Diese werden im Kehlsack mit Speichel vermischt und zu Kugeln geformt. Das Küken „verschluckt“ den Kopf des Fütternden und dieser würgt dann tief im Rachen des Kleinen die Futterkugel hervor. 

Wenn die Jungen flügge sind, müssen sie das Insektenfangen nicht erst lernen, denn es ist ihnen angeboren. Anders als bei Schwalben, die schrittweise von den Eltern an die Jagd herangeführt werden müssen.

 

Geduldig beantwortete Frau Ballerstädt viele Fragen ihres interessierten Publikums. So wurde sie beispielsweise nach der Beringung gefragt. „Alle Vögel bekommen einen ‚Radolfzeller Ring‘ (1) und für die bessere Wiedererkennung einen zusätzlichen Farbring, der vor dem Start wieder entfernt wird“, bekamen wir erklärt.

  

Außerdem erfuhren wir, dass Mauersegler in der Regel erst während der nautischen Dämmerung (2) aktiv werden. Sie wissen auch, dass sich die Falken zu dieser Zeit bereits „im Bett“ befinden und somit keine Gefahr mehr für sie darstellen. 

 

 

Platzierung für den Start
Platzierung für den Start

Nach der Fütterung ging es mit Hilfe Aller an den Spielfeldrand des Stadions. Box für Box wurde geöffnet und Segler für Segler von Frau Ballerstädt für den Start in die Freiheit auf die Hand genommen. Bis auf wenige Ausnahmen haben insgesamt 34 Tiere alle einen Traumstart hingelegt und den Luftraum erobert. Selbst der anfangs gelähmte Bobby, der mit Vitamin-B-Spritzen versorgt und vorbereitet werden musste. „Balu” aus Penzberg war wohl noch nicht so weit; das war eigentlich an der weißen Federspule am Flügel erkennbar. Er kam nach seiner Bauchlandung mit einigen anderen für einen zweiten Versuch in die Box zurück.

 

Inzwischen war es nach 21 Uhr und wir lernten noch, dass sich die Vögel in der Regel sofort Richtung Afrika aufmachen und ihre erste Nacht in 2.000 bis 3.000 Metern Höhe verbringen. Ein beeindruckender Abend ging zu Ende und ich war froh, dabei gewesen zu sein.

 

 

„100 oder 150 Vögel in einem Sommer zu retten, ist für die Natur den Zahlen nach ziemlich egal.

Aber bei den Menschen ändert sich was in ihrem Bewusstsein für Tiere.“   

Dr. Ninon Ballerstädt

 

Dem kann ich nur zustimmen !

 

(Text und Bildmaterial: Katharina Roppert-Engert)

 

Nachwort:

Insgesamt hatte Frau Ballerstädt diesmal 48 Mauersegler auf deren Flug vorbereitet. Mit vielen Nachtschichten und Entbehrungen. Ein bewundernswerter Mensch, der zu Recht die Auszeichnung „Grüner Engel“ (3) und den Ehrenbrief der Gemeinde Tutzing erhalten hat.  

 

Mehr über Mauersegler:

2024 hat Frau Ballerstädt in der Zoologischen Staatssammlung München einen Vortrag über ihr langjähriges Engagement gehalten.

Der Vortrag „25 Jahre mit Mauerseglern“ ist auf YouTube zu sehen. https://www.youtube.com/watch?v=-HzqyQnXNIc

 

Weit über 2500 Stunden investiert Dr. Ballerstädt jedes Jahr in die Rettung und Aufzucht von Vögeln.

Den detaillierten Jahresbericht 2024 können Sie hier nachlesen.

 

 

Quellangabe: 

(1)  Der "Radolfzeller Ring" bezieht sich auf die Beringung von Vögeln durch die Vogelwarte Radolfzell. Diese Beringung dient dazu, Vögel zu markieren, um ihr Verhalten, Zugrouten, Lebensdauer und andere Aspekte ihrer Biologie zu untersuchen. Jeder Vogel erhält einen Metallring mit einer individuellen Nummer, der als eine Art Personalausweis dient – Quelle: Wikipedia

(2)  Zu dieser Zeit ist der Himmel zwar schon recht dunkel, aber der Horizont ist noch deutlich erkennbar und erste Sterne werden sichtbar - Quelle: Deutscher Wetterdienst

(3)  Aus Anlass des "Europäischen Jahres der Freiwilligentätigkeit 2011" wurde erstmalig die Auszeichnung "Grüner Engel " vergeben. Die Auszeichnung besteht aus einer Urkunde und einer Ehrennadel. Die spezielle Ehrung erfolgt für vorbildliche Leistungen in den Bereichen Umwelt und Verbraucherschutz – Quelle: Bayer. Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz