Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Der Mauersegler (Apus apus)

Mauersegler (Foto: Antje Geigenberger)
Mauersegler (Foto: Antje Geigenberger)

 

Wer in städtischer Umgebung aufgewachsen ist, für den gehört es zum Hochsommer einfach dazu: die schrillen Rufe von Mauerseglern, die in Trupps über den Dächern oder mitunter auch direkt vor den Fenstern rasant vorbeifliegen.

 

 

Im Aussehen ähneln sie Schwalben, sind aber mit diesen nicht näher verwandt: sie gehören einer eigenen Ordnung an, den „Seglervögeln“, sind also i. U. zu den Schwalben keine Singvögel. Unter den Seglervögeln finden sich fast nur tropische Arten. Die in der chinesischen Küche begehrten „Schwalbennester“ z.B. stammen von einer im tropischen Südost-Asien verbreiteten Segler-Art.

 

Mauersegler (Foto: LBV-Archiv - Z.Tunka)
Mauersegler (Foto: LBV-Archiv - Z.Tunka)

Die Ähnlichkeit von Schwalben und Seglern beruht auf evolutionärer Konvergenz: Ähnlichkeiten in der Lebensweise haben zu gleichartigen Anpassungen im Körperbau geführt. Beide ernähren sich ausschließlich von Insekten (und in der Luft triftenden Spinnen), die sie im Flug fangen und sind deshalb äußerst gewandte und ausdauernde Flieger, deren Flug durch lange Gleitphasen gekennzeichnet ist. Dabei sind bei den Mauerseglern die Gleitphasen meist deutlich länger als bei den Schwalben. Bei geeigneter Thermik machen sie mitunter auch ihrem Namen Ehre und gehen zu echtem Segelflug über, d.h. sie steigen ganz ohne Flügelschlag auf, so wie wir es von Greifvögeln kennen. In dieser Hinsicht erscheinen die Mauersegler als perfektere Flieger als die Schwalben; umso bemerkenswerte ist es, dass dies nicht unbedingt einen Vorteil bei der Nahrungsbeschaffung bedeutet. Es geht nämlich auf Kosten der Wendigkeit. Manchen Berechnungen zufolge soll die Flugweise der Schwalben deutlich effizienter sein (gemessen am Verhältnis von Jagderfolg zu Energieverbrauch) als die der Mauersegler. Andererseits haben sich die Mauersegler durch ihre Flugweise eine spezielle „ökologische Nische“ erschlossen: sie sind in der Lage, sehr viel höher zu jagen, oft in bis zu 3000 Metern Höhe, wohin bei entsprechender Wetterlage „Luftplankton“ von der Thermik hinaufgespült wird.

 

Mauersegler (Foto: Bernhard Glüer)
Mauersegler (Foto: Bernhard Glüer)

 

 

Ein stärker luftgebundenes Leben, als wir es vom Mauersegler kennen, ist kaum denkbar. Er verbringt sogar die Nächte meist in der Luft; das ist mittlerweile unstrittig, auch wenn noch nicht restlos geklärt ist, wie sein Schlaf im Flug physiologisch funktioniert. Lediglich zum Nisten benötigt der Mauersegler festen Grund, und zwar baut er sein Nest in fast nur aus der Luft zugänglichen Höhlungen in Gebäuden und – ursprünglich, aber jetzt sehr selten – in Felsen oder Bäumen. Dieses Leben in der Luft schützt ihn vor Fressfeinden – nur selten gelingt es einem Wanderfalken oder Baumfalken einen Mauersegler in der Luft zu erbeuten – sowie vor Parasiten. Allerdings sind dafür recht erstaunliche Anpassungen erforderlich.

  1. Die Mauser erfolgt nur Schritt für Schritt – oder wenn man so will: Feder für Feder -, um die Flugfähigkeit zu keiner Zeit zu sehr einzuschränken, und dauert demgemäß sehr lange, nämlich sechs Monate. Das hat zur Folge, dass die Vögel gerade dann in der Mauser sind, wenn sie sich auf ihrem langen Flug ins Winterquartier in Afrika südlich des Äquators befinden.
  2. Schlechtwetter ist katastrophal: Regen erschwert nicht nur den Flug, er vertreibt auch die Nahrung aus der Luft. Mauersegler sind daher gute Wetterbeobachter und können eine Sturmfront schon frühzeitig erkennen, um erst vor ihr her zu fliegen, aber dann – „Augen zu und durch“ – diese so schnell als möglich zu durchqueren.
  3. Dennoch – oder vielmehr gerade in solchen Fällen - kann es dazu kommen, dass die Elternvögel über lange Zeit ihre Nestlinge nicht versorgen können. Die haben dafür auch ihre Strategie: sie verfallen in eine Hungerstarre, in der sie alle Lebensfunktionen, einschließlich der Körpertemperatur, so weit als möglich herunterfahren. Auf diese Weise können die Nestlinge ein bis zwei Wochen ohne Nahrung überleben, ein für so kleine Vögel erstaunlicher Wert.
  4. Zum Schluss noch ein wenig Pikanterie: man hat Kopulationen sowohl am Nest wie auch während des Flugs beobachtet. Ob es in der Luft tatsächlich zur Befruchtung kommt, ist schwer nachzuweisen. Kann es nicht sein, dass es sich nur um Balzspiele handelt, in die die Vögel diese Bewegungsabläufe einbauen – einfach so?
Mauersegler (Foto Antje Geigenberger)
Mauersegler (Foto Antje Geigenberger)

Dass man Mauersegler auch heute noch oft in Stadt und Dorf beobachten kann, ist erfreulich, aber leider nicht selbstverständlich: die Art leidet unter akutem Mangel an Nistgelegenheiten, verursacht durch die heute oft rundum abgedämmte Bauweise der Gebäude, wie auch unter zunehmendem Schwund ihrer Insektennahrung. Daher ist ein ständiger Bestandsrückgang zu bedauern.

In unserer LBV-Kreisgruppe setzt sich der Arbeitskreis „Schwalben und Mauersegler“ für die Verbesserung der Lebensbedingungen dieser Vögel ein. Es lohnt sich, einen Blick in dessen Web-Seite zu werfen; man findet dort detaillierte Jahresberichte über die Bestandsentwicklung in den einzelnen Gemeinden, aber auch Tipps, was man zur Linderung der „Wohnungsnot“ von Schwalben und Mauerseglern tun kann.

 

Hinweis: der Mauersegler war Vogel des Jahres 2003. Dazu hat der Nabu ein Vogelportrait herausgegeben.

 

(Text: Dr. Rudi Netzsch) 

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