Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Exkursion ins Unterbrunner Holz

11.05.2019

Feldlerche (Foto: Antje Geigenberger)
Feldlerche (Foto: Antje Geigenberger)

Das Wetter – es regnete und war kalt – bot keine guten Voraussetzungen. Bei recht miserablem Wetter begannen wir unsere Vogelführung am Samstag, den 11. Mai an der Gemeindegrenze zwischen Gauting und Weßling südlich des Flughafens Oberpfaffenhofen. Gemessen daran war die Zahl der Teilnehmer (16) überraschend hoch. Außerdem war diese Führung eine Premiere, ein Versuch: Eine Vogelexkursion in der „Normallandschaft“. Kein Naturschutzgebiet, kein FFH-Gebiet. Stattdessen Feld, Wald und Wiese. Und eben doch ein bisschen mehr...

 

 

Die ersten Schirme gingen auf. Der Regen prasselte laut auf die dünnen Membranen der Schirme und Kapuzen und übertönte jedes Vogelzwitschern. Immerhin: es zwitscherte! Wir gingen los über die Felder, wo wir bald die ersten Feldlerchen hören und auch sehen konnten. Ihr Gesang begleitete uns die ganze Zeit über. Vielerorts arg dezimiert oder ganz verschwunden, kommt der Vogel des Jahres 2019 hier noch in erklecklicher Zahl vor.

 

Feldschwirl (Foto: Antje Geigenberger)
Feldschwirl (Foto: Antje Geigenberger)

 

Ein erstes Highlight ist ein Steinschmätzer auf einem Feld. Diese Art ist nur jetzt, auf dem Durchzug zu beobachten, danach nicht mehr, denn sie ist in den letzten Jahrzehnten in Bayern nahezu flächendeckend verschwunden. Daneben sehen wir die „üblichen Verdächtigen“ wie Ringel- und Hohltaube, sowie Raben- und Saatkrähe.

 

 

Während wir von den offenen Feldern auf den Waldrand mit viel Buschwerk zugingen, konnten wir gut beobachten, wie sich das Artenspektrum ändert. Singdrossel und Amsel in den Bäumen, Mönchsgrasmücke, Rotkehlchen und Co. singen im Gebüsch. Der Gesang zweier Feldschwirle – für viele ein erstmaliges Erlebnis – war ein unerwarteter Grund zur Freude. Dieser Vogel konnte erst vor wenigen Tagen aus seinem Winterquartier in Afrika zurückgekehrt sein.

Neuntöter (Foto: Antje Geigenberger)
Neuntöter (Foto: Antje Geigenberger)

 

Aufgrund des schlechtes Wetters – es regnete nun wieder stärker – verlief die Suche nach dem versprochenen Neuntöter auf dem von kleineren Bäumen und Büschen geprägten Areal, das wir danach erreichten, erfolglos und wir gingen weiter, in den Wald. Noch ein Feldschwirl am Waldrand! Dann wieder ganz andere Arten im Fichtengehölz: Winter- und Sommergoldhähnchen, Zaunkönig, Buchfink. Ringeltauben balzen. Vor kurzem konnte hier sogar eine balzende Waldohreule verhört werden, man musste also mit allem rechnen.

 

 

Dann plötzlich Aufregung: Durchs Unterholz huscht ein Trauerschnäpper! Eine Etage darüber sorgt ein Gimpelmännchen für farblichen Kontrast. Die meisten Teilnehmer waren nun entschädigt für Nässe und Kälte („dafür hat sich’s schon rentiert!“), und zufrieden traten wir den Rückweg an.

 

Wendehals (Foto: Antje Geigenberger)
Wendehals (Foto: Antje Geigenberger)

Dann hörte der Regen kurz auf und plötzlich ging es Schlag auf Schlag, plötzlich wurde klar, warum dieses Gebiet so ungemein interessant ist. Wir standen frei auf einer Wiese, um uns herum ein Mosaik aus Gebüschen, jungen Gehölzen, Waldrand und Offenflächen. Dann der wunderschöne Gesang des Baumpiepers, den wir gerade im Spektiv bewunderten, als dazu Feldschwirl und Feldlerche einsetzten. Dann – endlich! – entdeckten wir den Neuntöter hoch auf einer alten Eiche; kaum ein Gebiet, wo er in höher Dichte vorkommt als hier. Noch während wir ihn durch Fernglas und Spektiv bewundern das nächste Highlight: ein Braunkehlchen auf dem Zaun, auch diese Art ist vom Aussterben bedroht. Turmfalken über uns, dann ziehen zwei Rohrweihen am Himmel über uns hinweg. Die jetzt einsetzende Heckenbraunelle und der Bluthänfling sind kaum noch zu hören, so durcheinander singt jetzt alles. Und dann zum Abschluss – was für ein Glück! – hören wir kurz die absolute Rarität, eine der seltensten Spechtarten Deutschlands, den Wendehals. Auch er ist in Bayern vom Aussterben bedroht, zu konsequent gehen Nahrung (Ameisen) und Lebensraum verloren; offenbar wird er hier noch fündig.

 

Durchnässt aber zufrieden beendeten wir die Führung nach drei Stunden. Circa 45 Arten konnten beobachtet werden (ein ausgesprochen hoher Wert in Anbetracht der Witterung), darunter einige echte Seltenheiten. Und der Beweis, dass die strukturreiche „Normallandschaft“ rund um das Unterbrunner Holz alles andere als langweilig ist.

 

Bei aller Freude über die Artenvielfalt schwingt natürlich die Sorge darüber mit, dass - ähnlich wie die vielen seltenen Vögel hier - auch das Gebiet selbst in seiner Existenz "stark bedroht" ist. Durch das in nächster Nähe geplante Gewerbegebiet "asto ECOPARK Gauting" würde sich der Charakter von Wald und Landschaft stark ändern, sei es durch Gebäude, Straßen, Verkehr, Lärm oder Licht. Das hätte wohl zur Folge, dass viele der Arten, die wir heute bewundert haben, verschwinden würden.

(Text: Gerhard Huber)