Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Die Ringeltaube (Columba palumbus)

Mit gut 40 Zentimeter Länge und knapp 80 Zentimeter Flügelspannweite ist die Ringeltaube die größte der fünf bei uns vorkommenden Taubenarten. International gehört sie damit zur Mittelklasse in der Taubenfamilie. Die mächtigste Taube, die Krontaube aus Neuguinea, ist so groß wie ein Huhn und kann bis zu 2,5 Kilogramm wiegen, der kleinste Vertreter, das amerikanische Zwergtäubchen, ist dagegen nicht größer als ein Haussperling.

 

Alle Tauben weisen zwei anatomische Besonderheiten auf. Erstens können sie Wasser aktiv ansaugen und so mit dem Kopf nach unten trinken. Die meisten anderen Vögel müssen dagegen den Kopf heben, um das Wasser im Schnabel mithilfe der Schwerkraft in den Magen rinnen zu lassen. Zweitens bilden die Tauben zur Ernährung ihrer Jungen ein eigenes Sekret, die Kropfmilch. Sie sind also bei der Aufzucht des Nachwuchses nicht auf bestimmte Nahrung, etwa Insekten ang

Im Feld sind erwachsene Ringeltauben von unseren anderen einheimischen grauen Tauben – Straßen- und Hohltaube – gut durch die auffälligen weißen Flecken an den Halsseiten zu unterscheiden. Im Flug fallen besonders die weißen Querbänder auf den Oberflügeln auf. Genauer hinsehen muss man dagegen bei Jungtieren. Ihnen fehlen die weißen Halsflecken, so dass sie bei oberflächlicher Betrachtung für eine Hohl- oder Straßentaube gehalten werden können. Spätestens beim Auffliegen erkennt man jedoch die charakteristischen weißen Bänder auf den Flügeln.

 

Auch bei den Rufen gibt es eine Verwechslungsgefahr, allerdings nicht mit den anderen grauen Tauben, sondern mit der Türkentaube. Beide, Ringeltaube und Türkentaube, reihen Laute aneinander, die wie „ruh“ oder „huh“ klingen. Bei der Ringeltaube besteht eine Strophe meist aus fünf Lauten, wobei in der Regel die dritte Silbe betont wird. 

 

Die Türkentaube wiederholt das Huh pro Strophe nur drei Mal und betont die zweite Silbe.

Ringeltaube (Foto: Ursula Wiegand)
Ringeltaube (Foto: Ursula Wiegand)

Beim Balzflug der Ringeltaube ist außerdem häufig ein lautes Flügelklatschen zu hören, mit dem das Männchen seinem Weibchen zu imponieren versucht.

 

Ursprünglich ein Waldbewohner hat die Ringeltaube längst auch unsere Städte erobert. Dabei kommt ihr ihre Anspruchslosigkeit sowohl bei der Nahrungswahl als auch bei der Nistplatzsuche zugute. Sie ernährt sich fast ausschließlich vegetarisch von Körnern, Früchten, Samen und Blättern, die sie mit dem taubentypischem Picken vorwiegend vom Boden aufnimmt. Ihr schütteres Nest aus wenigen Zweigen baut sie mit Vorliebe in Nadelbäume, verschmäht aber auch größere Laubgehölze und Hecken nicht. Selbst Fels- und Bodenbruten sind bekannt, und auch im Innern von Gebäuden wurden schon Ringeltaubennester gefunden.

 

Ringeltaubenschwarm (Foto: Ursula Wiegand)
Ringeltaubenschwarm (Foto: Ursula Wiegand)

Dank ihrer Anpassungsfähigkeit ist die Ringeltaube ein weit verbreiteter Brutvogel, dessen Vorkommen von Nordafrika im Süden bis nach Nordskandinavien im Norden und von Madeira und den Azoren im Westen bis Kaschmir im Osten reicht. In Deutschland ist sie in einer Vielzahl von Lebensräumen zu finden – auf den Nord- und Ostseeinseln ebenso wie in den Alpen bis zu einer Höhe von 1.500 Metern. Der „Atlas deutscher Brutvogelarten“ verzeichnet bundesweit 2,6 bis 3,1 Millionen Reviere, laut dem „Atlas der Brutvögel in Bayern“ leben im Freistaat zwischen 140.000 und 385.000 Ringeltauben. Die zweithäufigste Taubenart Bayerns, die Türkentaube, bringt es dagegen nur auf 21.000 bis 40.000 Individuen. Auch am Starnberger See und seinem Umland ist die Ringeltaube ein häufiger Brutvogel, im Jahr 2016 wurden in Ornitho.de mehr als 390 Beobachtungen aus dem Landkreis Starnberg gemeldet.

Ein besonderes Phänomen vollzieht sich jeden Herbst weitgehend unbemerkt: Der Massenzug der Ringeltaube in ihre Überwinterungsgebiete. Während die Ringeltaube bei uns ein Teilzieher ist, verlassen skandinavische und osteuropäische Vögel praktisch vollständig ihre Brutgebiete und wandern in ihre Überwinterungsareale, die meist in Südwest-Frankreich und Spanien liegen. Vor allem nach einem durch schlechte Witterung ausgelösten Zugstau können an niederschlagsfreien Herbsttagen mit günstigen Windverhältnissen auch im Landkreis Starnberg Hunderte oder gar Tausende von überfliegenden Ringeltauben beobachtet werden. Vor allem höher gelegene Hügelkuppen mit freier Sicht bieten sich für eine solche Zugbeobachtung an, so etwa der Höhenberg und die Hirschbergalm. 

(Text und Fotos, soweit nicht anders angegeben: Thomas Hafen)

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