Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Der Zaunkönig (Troglodytes troglodytes)

Zaunkönig (Foto: Thomas Hafen - ww.natur-fotografieren.de)
Zaunkönig (Foto: Thomas Hafen - ww.natur-fotografieren.de)

Mitten im Winter, an milden Tagen, aber auch bei Schnee und frostigen Temperaturen, ist manchmal der Gesang eines Vogels zu hören, auffallend laut mit einer Strophe aus schmetternden Trillern in wechselnden Tonhöhen.

 

Der Sänger gehört zu den kleinsten Vögeln Mitteleuropas: der Zaunkönig. Wenn man ihn auf seiner Warte entdeckt, z.B. auf einem niedrigen Ast eines Baumes, oft an Gewässern, kann man sehen, wie der ganze Vogel mit leicht abgespreizten Flügeln bei dem Gesang vibriert. Braun, mit dunkler Streifung und hellem Bauch, von rundlicher Gestalt mit kurzem, oft hoch gestellten Schwanz, huscht er dann wieder schnell durch das Unterholz oder in Schutz bietende Vegetation in Bodennähe. Kleinere Distanzen überbrückt er mit einem kurzen, geradlinigen Flug mit schnellen, schwirrenden Flügelschlägen. Der kurze, spitze Schnabel verrät, daß seine Nahrung aus Insekten, Spinnen und anderen Wirbellosen besteht, die er von dem Boden oder in dem unteren Bereich von Bäumen und Sträuchern, an Gewässerrändern auch aus flachem Wasser aufnehmen kann. Nur im Winter frisst er manchmal verschiedene Sämereien. Oft lässt er einen tiefen, teilweise lang anhaltenden oder wiederholten Ruf, etwa ,trrrrrr’ hören. 

(Foto: Antje Geigenberger)
(Foto: Antje Geigenberger)

Einmal hat uns ein Zaunkönig vom Ufer der Würm durch die fast angelehnte Balkontür im Wohnzimmer besucht. Nach einem kurzen Rundflug und unsanfter Begegnung mit der Fensterscheibe, saß er ein bißchen benommen auf dem Boden und ließ sich daher in die zu einer Kugel geformten Hände hochnehmen. Ein fast nicht zu spürendes Leichtgewicht von gerade mal 8 bis 10 Gramm, was für ein Kontrast zu seiner mächtigen Stimme! Schon auf dem Balkon flog er dann mit seinem typischen, lauten ,trrrrr’ Ruf wieder aus der Hand.

 

Obwohl weltweit (vor allem in Amerika) über 80 Vertreter des Zaunkönigs vorkommen, gibt es in Mitteleuropa nur die eine Art, deren Verbreitungsgebiet sich von Nordeuropa bis Nordafrika, aber auch über weite Teile Asiens und Nordamerikas erstreckt. Der Zaunkönig bewohnt darin von der Meereshöhe bis in alpine Höhenstufen von über 2000 m verschiedene Biotope mit nicht zu trockener Gebüschvegetation wie Wälder, möglichst unaufgeräumte Gärten,  alpine Krummholzzonen, im Winter Schilfgürtel und andere genügend Deckung bietende Strukturen. In seinen nördlichen oder alpinen Brutgebieten ist er ein Teilzieher, während er in unserem Gebiet als Standvogel das ganze Jahr über vorkommt. Die Männchen besetzen dabei ständig ihre Reviere.

Zaunkönig im Nest (Foto: Antje Geigenberger)
Zaunkönig im Nest (Foto: Antje Geigenberger)

Im März - mit Beginn der Hauptgesangszeit - bauen sie darin mehrere Wahl- oder Spielnester, die kugelförmig sind und ein querovales Einflugloch besitzen. Innerhalb von 1 bis 3 Tagen fertigt das Männchen quasi einen Nest-Rohbau an, beginnend mit dem Boden und der Rückwand aus Blättern, kleinen Ästen oder Halmen, während anschließend die Kugelform vor allem aus Moos entsteht. Das Nestmaterial wird in feuchtem Zustand verbaut, durch das Trocknen erlangt es dann seine Festigkeit. Der Neststandort befindet sich meist in Bodennähe hinter ausgewaschenem Wurzelwerk an Gewässerufern, in Wurzeltellern umgestürzter Bäume, aber auch in Holzstößen oder an mit Efeu bewachsenen Wänden. Umherziehende Weibchen werden singend und balzend zu den Nestern gelockt, von denen es eines als Brutplatz auswählt und die Innenausstattung mit Federn, Fellhaaren und Moos übernimmt. Es kommt dabei zu Polygynie,  bei der das Männchen mit bis zu 3 oder 4 Weibchen verpaart ist, die dann im gleichen Revier brüten. Der bisher beobachtete Mindestabstand zwischen zwei besetzten Nestern betrug dabei 3 m. Weitere Spielnester werden später z.B. als Schlafplatz genutzt.

 

(Foto: Antje Geigenberger)
(Foto: Antje Geigenberger)

Das Weibchen bebrütet das Gelege von 5 bis 8 Eiern allein und wird dabei nur sporadisch von dem Männchen gefüttert. Erst bei der anschließenden 15 bis 18 Tage dauernden Aufzucht der Nestlinge beteiligt sich das Männchen und führt anschließend auch die flüggen Jungvögel, während das Weibchen eine zweite Jahresbrut beginnt.

 

In kalten Wintern kommen Zaunkönige zu gemeinsamen Schlafplätzen, das kann z. B. eines der Spielnester, eine Baumhöhle oder auch ein Nistkasten sein und mehrere Jahre lang genutzt werden. Diese Schlafgemeinschaften umfassen manchmal über 20 Zaunkönige, die sich in der geschützten Höhlung gegenseitig wärmen. Trotzdem können kalte Winter zu starken Bestandseinbrüchen führen, die jedoch bei darauffolgenden milden Wintern in 1 bis 3 Jahren wieder ausgeglichen werden. Aus seinen nördlichen oder hochalpinen Brutgebieten zieht der Zaunkönig dagegen nach der Brutzeit in südlichere Überwinterungsgebiete ab, legt dabei 40 bis 50 km pro Tag zurück und kann z.B. auch die Ostsee  überqueren.

 

Der Zaunkönig ist in Bayern flächendeckend weit verbreitet. Die Anzahl der Brutpaare wird laut dem Atlas der Brutvögel in Bayern (2012) in dem Zeitraum von 2005 bis 2009 auf 235 000 bis 630 000 geschätzt und verzeichnet trotz witterungsbedingter Schwankungen einen positiven Trend. Er belegt unter den 20 häufigsten Brutvögeln in Bayern den Platz 13.

(Text: Ulrike Hars)

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