Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Ramsar-Tag 2019 bei der Wasserwacht Feldafing

01.02.2019

„Der Starnberger See – Einblicke in seine Natur und Geschichte“

Zu einer Vortragsrunde am 1. Februar 2019, dem Vorabend des Ramsar-Tages hatte Christian Stölting, stellvertretender Vorsitzender der Feldafinger Wasserwacht-Ortsgruppe ins dortige Bürgerhaus eingeladen. Dabei wurde ein breites Themenspektrum abgedeckt:

  • "Der Starnberger See – Ökologischer Steckbrief"
    von Dr. Sibylle König, BUND Naturschutz in Bayern e.V.
  • "Der Starnberger See als Drehkreuz des Vogelzugs"
    von Dr. Andrea Gehrold, Ornithologin und Gebietsbetreuerin für den Starnberger See vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. (LBV)
  • "Die Roseninsel – Teil des UNESCO Welterbes Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen"
    von Dr. Markus Gschwind, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (BLfD).

 

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Christian Stölting, Wasserwacht Feldafing, bei der Begrüßung von über 60 Gästen (Foto: Andrea Gehrold)

Einleitend stellte der Gastgeber kurz die Aufgaben und Leistungen der Wasserwacht im Bayerischen Roten Kreuz dar und betonte, dass auch der Gewässer-, Natur- und Umweltschutz zu ihren Anliegen gehört. Die Wasserwacht-OG Feldafing, die den besonders sensiblen Bereich um die Roseninsel betreut, wolle sich hierbei besonders einbringen.

Der Starnberger See – Ökologischer Steckbrief

Im „Ökologischen Steckbrief“ ging Dr. Sibylle König auf die Entstehung des Starnberger Sees als einen der  würmeiszeitlichen Zungenbeckenseen nördlich der Alpen ein, stellte die abiotischen Kenndaten wie Wasser­einzugs­gebiet, Wassermenge, Wasserqualität und den fehlenden Zufluss durch einen  vor­alpinen Fluss und seine daraus folgenden besonderen Qualitäten dar: Besonders klares Wasser mit bis zu 14 m Sichttiefe, seltene Vereisung, mit 21 Jahren sehr lange Zeit für den Wasseraustausch und daraus folgend aber auch lange Aufenthaltsdauer von eingetragenen Nährstoffen. Als  „geschichteter kalkreicher Voralpensee, ursprünglich nährstoffarm“ habe er diese Wasserqualität noch nicht wieder erreicht. Die Belastung der Uferbereiche werde durch das Unterwasser-Monitoring von Nährstoff-Zeiger­pflan­zen dokumentiert. Zu den Charakterarten zählt sie die Armleuchter­algen, die Mairenke und auch die Zebra-/Wan­der­muschel (auch als Dreikantmuschel bekanntes, eingeschlepptes Neozoon). Der See un­ter­steht dem Schutz­status der Ramsar-Konvention  und des europäischen Natura-2000-Netzes (FFH- und Vogel­schutz-Richtlinie). Mit seiner Aufnahme in die Ramsar-Konvention ist er Teil eines globalen Netzes von Feuchtgebieten mit internationaler Bedeutung.

Der Starnberger See als Drehkreuz des Vogelzugs

Als „Drehkreuz des Vogelzuges“ stellt Dr. Andrea Gehrold den Starnberger See vor. Sie ist als „Gebietsbetreuerin für den Starnberger See“ (in Trägerschaft des LBV) eine von inzwischen über 50 Gebietsbetreuern in Bayern. Der Starn­berger See ist als Rast- und Überwinterungsgebiet ein Glied im Kontinente übergreifenden Netz von Ramsar-Gebieten, unentbehrlich für den alljährlichen Zug von Wasservögeln. Während sich in den Frühjahrs- und Sommermonaten gut eintausend Wasservögel am See aufhalten, zieht er zwischen September und März an die 20.000 Wasservogel an. Die Flach­wasserzone am Gestade von Feldafing, also die Bucht bei der Roseninsel und ihre Umgebung, nimmt dabei eine herausragende Stellung ein. Über 5.000 rastende Wasservögel werden alleine dort gezählt. Es sind weit überwiegend Tauchenten, die ihre Nahrung – Armleuchteralgen, Muscheln, Larven – aus bis zu 5 m Tiefe herausholen können.


Die häufigste Art ist die Blessralle (Bläß-“huhn“), von der im Sommer etwa 200 bis 500, im Winter aber an die 10.000 am See anzutreffen sind. Auch wenn sie hier vertraut erscheint, kommen viele doch aus Ost-Mitteleuropa. Aus entgegengesetzter Richtung, von ihren bevorzugten Brutgebieten auf der Iberi­schen Halbinsel und in Westfrankreich kommt hingegen die Kolbenente an den See. Vorwiegend aus Osteuropa, Weißrussland bis Westrussland zieht die Tafelente zum Überwintern an den Starnberger See. Von der Reiherente ist belegt, dass sie als Langstreckenzieher von weit „hinter“ dem Ural, aus Sibirien also hierher kommt – in ihren tief gefrorenen Brutgebieten käme sie monatelang an keine Nahrung. Ein besonderes Schauspiel schließlich bietet die aus Skandinavien herkommende Schellente bei der Balz – häufig zu beobachten in der Roseninsel-Bucht. Zu den herausragenden Vogelarten zählt auch die Fluss­see­schwalbe, die allerdings den Winter im Westen und Süden Afrikas verbringt und im Sommer auf einem Floß in der Bucht von St. Heinrich brütet. Insgesamt werden etwa 30 Wasser­vo­gelarten beobachtet, die den Starnberger See nutzen; darunter sind auch seltene fischfressende Seetaucher.

 

Diese Wintergäste müssen nicht nur sparsam mit ihren Fett-, also Energiereserven umgehen, sie müssen diese auch nach (und vor!) dem langen Zug wieder auffüllen. Sie brauchen also Winterruhe, müssen ungestört bleiben um die Fettreserven zu schonen und Zeit genug haben, um in den Flach­was­serzonen Nahrung aufzunehmen. (Wenn sie ins Freiwasser vertrieben werden, kommen sie nicht an Nahrung. Anm. d. Verf). Es ist also entscheidend, dass sie von energiezehrenden Störungen ver­schont bleiben.
Vereinbarungen suchen deshalb einen Kompromiss zwischen den Natur-Notwendigkeiten und den See-Nutzern, dem Sport- und Freizeit­betrieb: Im Sommer kann der See fast überall genutzt werden, in den Herbst- und Winter­monaten sollen Schutzzonen respektiert werden.

Die Roseninsel – Teil des UNESCO Welterbes Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen

Seit 2011 ist "Die Roseninsel – Teil des UNESCO Welterbes Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen", erklärte Dr. Markus Gschwind vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Sie reiht sich damit ein in den Kranz prähistorischer Pfahlbauten in sechs Ländern zwischen Ljubljana und Grenoble, Ulm und Parma. Drei von 111 ins Welterbe aufgenommenen Fundstellen, „ein einzigartiges archäo­lo­gisches Erbe“, liegen in Bayern (15 in Baden-Württemberg), und eines davon sind die Holzpfosten, Pfahlfelder und -reihen im Flachwasserbereich um die Roseninsel. Glanzstück ist zudem der dort 1986 ent­deckte über 13 m lange Einbaum, der auf die Zeit um 900 v. Ch. datiert wird. Eine Besiedelung kann, belegt durch Scherbenfunde, bis in die Jungsteinzeit, etwa 5500 v. Chr. angenommen werden.

 

Erhalten haben sich Hölzer von Pfahlbauten, die auf das 6. Jahrhundert v. Chr., also in die Zeit der Kelten datiert wurden, also über zweieinhalb Jahrtausende. Sie blieben erhalten, weil sie im auf­wachsenden Seeton unter Sauer­stoff­abschluss lagen. Gefährdet sind die Hölzer, wenn diese schüt­zen­de Seeton-Schicht erodiert. Gefährdet sind sie aber auch durch Wassersportler, die dort ankern, aber selbst durch fahrende Boote und die Tritte von Badegästen. Denn diese prähistorischen Kultur­schichten liegen – unsichtbar – oft nur wenige Zentimeter unter dem Schlick. Die dringende Bitte geht also dahin, die durch mehrere Bojen und etliche Hinweistafeln kenntlich gemachte Schutzzone zu respektieren.

 

Die Arbeitsbedingungen der Unterwasser-Archäologen – möglichst klare Sicht – sind optimal im Winter. Die damit einhergehende Kollision mit den Erfordernissen des Wasservogelschutzes konnte aber ein­vernehmlich mit der Gebietsbetreuerin vermieden werden.

Eine kurze Diskussion und Einzelgespräche beendeten die hochrangig besetzte Veranstaltung.


Am folgenden 2. Februar, dem Ramsar-Tag, luden die Wasserwacht Feldafing und die LBV-Gebietsbetreuerin  Dr. Andrea Gehrold zur Wasservogelbeobachtung an das Platanenrondell (Fähranleger) ein – mit anschließendem Kaffeegespräch in der WW-Rettungsstation.

 

(Text: Horst Guckelsberger)