Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Die Waldschnepfe (Scolopax rusticola)

Die dämmerungs- und nachtaktive Waldschnepfe – wohl eine der heimlichsten und nicht zuletzt deshalb eher weniger bekannte Vogelart unserer heimischen Avifauna. Lediglich in Kreisen der Jägerschaft erlangte dieser Vogel, v.a. auch historisch, größere Bekanntheit.

Waldschnepfe (Foto: LBV-Archiv - Ralf Sturm)
Waldschnepfe (Foto: LBV-Archiv - Ralf Sturm)

Der typische Schnepfenvogel mit einer Flügelspannweite von bis zu 60cm kommt in weiten Teilen des eurasischen Kontinents vor. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Westeuropa über Krim und Kaukasus, Russland und das Himalaya sogar bis auf die Japanischen Inseln, wobei die Waldschnepfe regional unterschiedlich als Teil- und Kurzstreckenzieher sowie Standvogel vorkommt. In Europa nimmt der Anteil an Zugvögeln klimatisch bedingt wie bei den meisten Arten gen Nordosten (Finnland) zu. Neuere Untersuchungen ergaben, dass das Zuggeschehen sich jährlich stark unterscheidet und dabei mit diversen Klimaparametern korreliert. So überwintern Waldschnepfen scheinbar „spontan“ in milden Wintern auch in relativ nördlichen Gefilden oder weichen plötzlichen Wintereinbrüchen nach Süden aus. Die Winterquartiere der mitteleuropäischen Populationen erstrecken sich über Südwesteuropa, bis hin zu Habitaten im Nordwesten des afrikanischen Kontinents.

 

Im Voralpenland sind Waldschnepfen in allen bewaldeten Gebieten anzutreffen, in den bergigen Regionen z.B. des Werdenfelser Landes bis in die Höhe der Baumgrenze.

Waldschnepfe (Foto: LBV-Archiv Hans-Jochim Fünfstück)
Waldschnepfe (Foto: LBV-Archiv Hans-Jochim Fünfstück)

Genaue Bestandszahlen zu ermitteln gestaltet sich bei der Waldschnepfe als sehr schwierig. Neben einer Erfassung auf dem sog. Schnepfenstrich, bei dem balzende Männchen im Flug zwischen März und Juli erfasst werden, sind auch Beobachtungen während des Zuges möglich. Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, dass Waldschnepfen nicht die klassischen Rastgebiete der anderen Limikolenarten aufsuchen; ein beim Schnepfenstrich durch den klassischen Laut (Quorren) festgestelltes Männchen, lässt z.B. im Vergleich zur Bekassine weder einen Rückschluss auf ein Revier noch auf ein Brutpaar zu. Männliche Waldschnepfen balzen auf einem Areal von bis zu 130ha, wobei sich keine eindeutigen Revierstrukturen erkennen lassen, und leben in einer saisonalen Polygamie. Bis zu vier brütende Weibchen auf ein Männchen sind dabei keine Seltenheit. Die maximal möglichen Besatzdichten sind stark von der Habitatstruktur abhängig und scheinen zwischen bis zu 240 Männchen pro Quadratkilometer Waldfläche im Rheingebiet und 0,12 Brutpaaren pro Quadratkilometer z.B. im Harz stark zu schwanken.

 

Die oben genannten und weitere Erkenntnisse zur Lebensweise der Waldschnepfe sind v.a. durch Telemetrieprojekte der letzten Jahre ermöglicht worden. Es ist davon auszugehen, dass der Wissensstand zur Biologie dieser sonst v.a. dämmerungs- und nachtakiven Vogleart, besonders in Bezug auf Habitate und Zuggeschehen, in den nächsten Jahren deutlich zunehmen wird.

Waldschnepfe in Pflegestation (Foto: Horst Guckelsberger)
Waldschnepfe in Pflegestation (Foto: Horst Guckelsberger)

Aufgrund der historisch schlechten Datenlage und der schwierigen Bestandserfassung sind Aussagen zur Bestandsentwicklung und zum Schutz der Waldschnepfe äußerst schwierig. Es wird davon ausgegangen, dass der deutsche Bestand mit einer Population von 12000 – 24000 Brutpaaren (Sie bemerken bereits die große Varianz der Bestandsschätzung) in den letzten Jahren gleichbleibend niedrig ist. Zumindest in Bayern spielt die Jagd auf die Waldschnepfe in den letzten Jahren eine zunehmend geringere Rolle, die Jagdstrecke hat sich deutlich reduziert. Bereits 2005 war „die Gefährdung durch Jagd seit dem Verbot der Frühjahrsjagd deutlich zurückgegangen“, wie Römhild 2005 in "Brutvögel in Bayern" zu berichten weiß.

 

Bei jährlichen Abschusszahlen in Bayern von aktuell ca. 300 Waldschnepfen pro Jahr (Bayerischer Jagdverband) und immer weniger Niederwildrevieren mit großen Federwildbesatzdichten, muss dennoch aus Sicht des Autors diskutiert werden, inwieweit die Jagd auf die Waldschnepfe heute noch mit den Zielen der Jagd korreliert. So ist laut §2 des Bundesjagdgesetzes Ziel der Jagd die „Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepaßten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen“.

Waldschnepfe (Foto: Hans-Joachim Fünfstück)
Waldschnepfe (Foto: Hans-Joachim Fünfstück)

Wesentlich gravierender als die Jagd für die Waldschnepfe sind Zerstörungen des Lebensraumes wie Grundwasserabsenkungen, Änderung der Waldbewirtschaftung (Kahlschlag statt Plenterbetrieb), verringertes Nahrungsangebot u.a. durch vermehrten Biozideinsatz in der Landwirtschaft sowie eine immer größer werdende Freizeitnutzung unserer Wälder, die zu einer immer intensiveren Störung diverser Tierarten führt. Schutzmaßnahmen für die Waldschnepfe müssten somit v.a. den im vorangegangenen beschriebenen Ursachen entgegenwirken.

 

Als Datengrundlagen wurden Zahlen aus „Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Alles über Biologie,Gefährdung und Schutz, Nonpasseriformes-Nichtsperlingsvögel“, in der 2. Auflage, von Bauer et al., erschienen 2005 im Aula Verlag verwendet.

 

(Text: Korbinian Weidemann)

 

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