Einleitend stellte der Gastgeber kurz die Aufgaben und Leistungen der Wasserwacht im Bayerischen Roten Kreuz dar und betonte, dass auch der Gewässer-, Natur- und Umweltschutz zu
ihren Anliegen gehört. Die Wasserwacht-OG Feldafing, die den besonders sensiblen Bereich um die Roseninsel betreut, wolle sich hierbei besonders einbringen.
Im „Ökologischen Steckbrief“ ging Dr. Sibylle König auf die Entstehung des Starnberger Sees als einen der würmeiszeitlichen Zungenbeckenseen nördlich der
Alpen ein, stellte die abiotischen Kenndaten wie Wassereinzugsgebiet, Wassermenge, Wasserqualität und den fehlenden Zufluss durch einen voralpinen Fluss und seine daraus
folgenden besonderen Qualitäten dar: Besonders klares Wasser mit bis zu 14 m Sichttiefe, seltene Vereisung, mit 21 Jahren sehr lange Zeit für den Wasseraustausch und daraus folgend aber auch
lange Aufenthaltsdauer von eingetragenen Nährstoffen. Als „geschichteter kalkreicher Voralpensee, ursprünglich nährstoffarm“ habe er diese Wasserqualität noch nicht wieder erreicht. Die
Belastung der Uferbereiche werde durch das Unterwasser-Monitoring von Nährstoff-Zeigerpflanzen dokumentiert. Zu den Charakterarten zählt sie die Armleuchteralgen, die Mairenke
und auch die Zebra-/Wandermuschel (auch als Dreikantmuschel bekanntes, eingeschlepptes Neozoon). Der See untersteht dem Schutzstatus der Ramsar-Konvention und des
europäischen Natura-2000-Netzes (FFH- und Vogelschutz-Richtlinie). Mit seiner Aufnahme in die Ramsar-Konvention ist er Teil eines globalen Netzes von Feuchtgebieten mit internationaler
Bedeutung.
Als „Drehkreuz des Vogelzuges“ stellt Dr. Andrea Gehrold den Starnberger See vor. Sie ist als „Gebietsbetreuerin für den Starnberger See“ (in Trägerschaft des LBV) eine von inzwischen über 50 Gebietsbetreuern in Bayern. Der Starnberger See ist als
Rast- und Überwinterungsgebiet ein Glied im Kontinente übergreifenden Netz von Ramsar-Gebieten, unentbehrlich für den alljährlichen Zug von Wasservögeln. Während sich in den Frühjahrs- und Sommermonaten gut
eintausend Wasservögel am See aufhalten, zieht er zwischen September und März an die 20.000 Wasservogel an. Die Flachwasserzone am Gestade von Feldafing, also die Bucht bei der
Roseninsel und ihre Umgebung, nimmt dabei eine herausragende Stellung ein. Über 5.000 rastende Wasservögel werden alleine dort gezählt. Es sind weit überwiegend
Tauchenten, die ihre Nahrung – Armleuchteralgen, Muscheln, Larven – aus bis zu 5 m Tiefe herausholen können.
Die häufigste Art ist die Blessralle (Bläß-“huhn“), von der im Sommer etwa 200 bis 500, im Winter aber an die 10.000 am See anzutreffen sind. Auch wenn sie hier
vertraut erscheint, kommen viele doch aus Ost-Mitteleuropa. Aus entgegengesetzter Richtung, von ihren bevorzugten Brutgebieten auf der Iberischen Halbinsel und in Westfrankreich kommt hingegen
die Kolbenente an den See. Vorwiegend aus Osteuropa, Weißrussland bis Westrussland zieht die Tafelente zum Überwintern an den Starnberger See. Von der Reiherente
ist belegt, dass sie als Langstreckenzieher von weit „hinter“ dem Ural, aus Sibirien also hierher kommt – in ihren tief gefrorenen Brutgebieten käme sie monatelang an keine Nahrung. Ein
besonderes Schauspiel schließlich bietet die aus Skandinavien herkommende Schellente bei der Balz – häufig zu beobachten in der Roseninsel-Bucht. Zu den herausragenden Vogelarten
zählt auch die Flussseeschwalbe, die allerdings den Winter im Westen und Süden Afrikas verbringt und im Sommer auf einem Floß in der Bucht von St. Heinrich brütet. Insgesamt
werden etwa 30 Wasservogelarten beobachtet, die den Starnberger See nutzen; darunter sind auch seltene fischfressende Seetaucher.
Diese Wintergäste müssen nicht nur sparsam mit ihren Fett-, also Energiereserven umgehen, sie müssen diese auch nach (und vor!) dem langen Zug wieder auffüllen. Sie brauchen also
Winterruhe, müssen ungestört bleiben um die Fettreserven zu schonen und Zeit genug haben, um in den Flachwasserzonen Nahrung aufzunehmen. (Wenn sie ins Freiwasser vertrieben werden, kommen sie
nicht an Nahrung. Anm. d. Verf). Es ist also entscheidend, dass sie von energiezehrenden Störungen verschont bleiben.
Vereinbarungen suchen deshalb einen Kompromiss zwischen den Natur-Notwendigkeiten und den See-Nutzern, dem Sport- und Freizeitbetrieb: Im Sommer kann der See fast überall genutzt werden, in den
Herbst- und Wintermonaten sollen Schutzzonen respektiert werden.
Seit 2011 ist "Die Roseninsel – Teil des UNESCO Welterbes Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen", erklärte Dr. Markus Gschwind vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Sie
reiht sich damit ein in den Kranz prähistorischer Pfahlbauten in sechs Ländern zwischen Ljubljana und Grenoble, Ulm und Parma. Drei von 111 ins Welterbe aufgenommenen Fundstellen, „ein
einzigartiges archäologisches Erbe“, liegen in Bayern (15 in Baden-Württemberg), und eines davon sind die Holzpfosten, Pfahlfelder und -reihen im Flachwasserbereich um die
Roseninsel. Glanzstück ist zudem der dort 1986 entdeckte über 13 m lange Einbaum, der auf die Zeit um 900 v. Ch. datiert wird. Eine Besiedelung kann, belegt durch
Scherbenfunde, bis in die Jungsteinzeit, etwa 5500 v. Chr. angenommen werden.
Erhalten haben sich Hölzer von Pfahlbauten, die auf das 6. Jahrhundert v. Chr., also in die Zeit der Kelten datiert wurden, also über zweieinhalb
Jahrtausende. Sie blieben erhalten, weil sie im aufwachsenden Seeton unter Sauerstoffabschluss lagen. Gefährdet sind die Hölzer, wenn diese schützende Seeton-Schicht erodiert. Gefährdet sind
sie aber auch durch Wassersportler, die dort ankern, aber selbst durch fahrende Boote und die Tritte von Badegästen. Denn diese prähistorischen Kulturschichten liegen – unsichtbar – oft nur
wenige Zentimeter unter dem Schlick. Die dringende Bitte geht also dahin, die durch mehrere Bojen und etliche Hinweistafeln kenntlich gemachte Schutzzone zu respektieren.
Die Arbeitsbedingungen der Unterwasser-Archäologen – möglichst klare Sicht – sind optimal im Winter. Die damit einhergehende Kollision mit den Erfordernissen des Wasservogelschutzes konnte aber
einvernehmlich mit der Gebietsbetreuerin vermieden werden.
Eine kurze Diskussion und Einzelgespräche beendeten die hochrangig besetzte Veranstaltung.
Am folgenden 2. Februar, dem Ramsar-Tag, luden die Wasserwacht Feldafing und die LBV-Gebietsbetreuerin Dr. Andrea Gehrold zur Wasservogelbeobachtung an das Platanenrondell (Fähranleger) ein – mit anschließendem Kaffeegespräch in der WW-Rettungsstation.
(Text: Horst Guckelsberger)