Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Der Teichrohrsänger (Acrocephalus scirpaceus)

Teichrohrsänger (Foto: Antje Geigenberger)
Teichrohrsänger (Foto: Antje Geigenberger)

 

Der Teichrohrsänger ist ein etwas kleiner als sperlingsgroßer Singvogel. Die Oberseite ist einfarbig braun, die Unterseite hellbraun mit weißlicher Kehle. Auf der Suche nach auffälligen Gefiedermerkmalen wird man bei dieser Art nicht fündig. Zu allem Überfluss sieht der Teichrohrsänger seinem Verwandten, dem Sumpfrohrsänger, zum Verwechseln ähnlich.

 

Zumindest lassen sich die beiden Arten durch ihren Gesang eindeutig unterscheiden: Der Sumpfrohrsänger ist ein echtes Imitationstalent und bestreitet seinen Gesang fast vollständig mit einer furiosen Aneinanderreihung der verschiedensten Vogelstimmen. Besonders gerne imitiert er Blaumeise, Amsel, Rauchschwalbe oder Elster. Insgesamt wurden aber schon über 200 „fremde“ Vogelstimmen bei Sumpfrohrsängern nachgewiesen (darunter auch viele afrikanische Arten). Der Gesang des Teichrohrsängers kommt dagegen recht stereotyp daher. Er klingt sehr rhythmisch und leicht zeternd, wie man in folgendem Video hören und beobachten kann.

 

Schilfgebiete wie an der Würm im Leutstettener Moos sind der typische Lebensraum für den Teichrohrsänger (Foto: Andrea Gehrold)
Schilfgebiete wie an der Würm im Leutstettener Moos sind der typische Lebensraum für den Teichrohrsänger (Foto: Andrea Gehrold)

 

Auch der Lebensraum liefert oft wichtige Hinweise, ob es sich nun um einen Sumpf- oder einen Teichrohrsänger handelt. Beide Arten mögen zwar die Nähe zu Gewässern, doch der Sumpfrohrsänger kommt auch in deutlich trockeneren bzw. landseitigeren Bereichen vor. Hier singt er zum Beispiel in einem Weidengebüsch. Oft reichen ihm schon ein paar Brennnessel- oder Hochstaudenfluren an einem kleinen Graben. Der Teichrohrsänger ist dagegen deutlich stärker ans Wasser gebunden und fast ausschließlich in Schilfgebieten anzutreffen. Er ist ein echter Halmexperte. Das zeigen auch morphologische Anpassungen wie die langen Beine und die im Verhältnis zum Körper großen Füße mit einer verlängerten Hinterzehe und Hinterkralle. Sie eignen sich bestens, um sich an den Röhrichthalmen festzuklammern. Denn anders als die meisten Singvögel „sitzt“ der Teichrohrsänger eben nicht auf waagerechten Ästchen oder Zweigen, sondern muss zwischen dichten, senkrechten Strukturen herumklettern können.

 

 

 

Teichrohrsänger und Jungkuckuck (Foto: Andreas Hartl, LBV Bildarchiv)
Teichrohrsänger und Jungkuckuck (Foto: Andreas Hartl, LBV Bildarchiv)

 

 

Das Nest wird ebenfalls im Schilf gebaut. Es besteht aus einem tiefen Kelch, in dem die Eier und Jungen gut vor dem Herausfallen geschützt sind. An den Rändern wird das Nest gekonnt verwoben und an mehreren nahe beieinanderstehenden Schilfhalmen aufgehängt. Trotzdem kann es durch Stürme oder Unwetter zu Verlusten kommen, sodass häufig Nachgelege getätigt werden. Zudem ist der Teichrohrsänger ein beliebter Wirt für den Kuckuck. Sobald der kleine Kuckuck geschlüpft ist, wirft er die anderen Eier aus dem Nest. Diese Parasitierung bedeutet für den Teichrohrsänger also einen Totalverlust der eigenen Brut. Die Strategie geht auf, denn die Teichrohrsänger-Eltern bemerken den Schwindel nicht. Sie akzeptieren ein Küken, das sich in ihrem Nest befindet, automatisch als eigenen Nachwuchs und ziehen auch das Kuckuckskind hingebungsvoll groß.

 

 

 

Teichrohrsänger mit Jungen im Nest (Foto: Andreas Hartl, LBV Bildarchiv)
Teichrohrsänger mit Jungen im Nest (Foto: Andreas Hartl, LBV Bildarchiv)

 

 

Bleibt das Gelege vom Kuckuck unentdeckt, umfasst es 3-6 Eier und wird überwiegend vom Weibchen bebrütet. Nach knapp zwei Wochen schlüpfen die Küken, die dann von Weibchen und Männchen gemeinsam gefüttert werden. Viel Zeit bleibt nicht, denn im September machen sich die meisten Teichrohrsänger bereits auf den Weg nach Süden. Sie zählen zu den Langstreckenziehern und überwintern im tropischen Afrika. Ringfunde der in Deutschland markierten Teichrohrsänger stammen zum Beispiel aus Überwinterungsgebieten in Ghana, Elfenbeinküste, Mali und Sierra Leone. Erst im nächsten Frühjahr werden sie wieder tausende Kilometer zurücklegen, um im April und Mai bei uns im Brutgebiet einzutreffen.

 

(Text: Dr. Andrea Gehrold, Gebietsbetreuung Starnberger See)

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