Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Der Raufußkauz (Aegolius funereus)

Raufußkauz (Foto: Christoph Moning - LBV-Bildarchiv)
Raufußkauz (Foto: Christoph Moning - LBV-Bildarchiv)

Der Raufußkauz gehört neben dem Sperlingskauz zu den im Starnberger Seengebiet vorkommenden Kleineulen. Er war bis vor etwa 75 Jahren weitgehend unbekannt und ist auch bis jetzt noch wenig erforscht. Das liegt daran, dass es schwierig ist, ihn nachzuweisen und noch schwieriger, ihn zu beobachten. Die Gründe dafür sind seine im Allgemeinen ausschließlich nachtaktive Lebensweise, sein Vorkommen vor allem im Waldesinnern, da er Waldränder und damit den Waldkauz meidet, und seine oft kurze, manchmal ganz ausbleibende Gesangsaktivität, die meistens erst bei völliger Dunkelheit beginnt.

Der Raufußkauz hat eine Größe von 24 – 26 cm mit einer Flügelspannweite von 56 – 60 cm. Sein Gefieder ist auf dem Rücken braun mit hellen Tupfen, die Unterseite weißlich und leicht bräunlich gestrichelt. Auffällig ist der weiße, schwarz umrandete Gesichtsschleier mit hochgezogenen ‚Augenbrauen‘ und großen gelben Augen. Er hat für uns einen erstaunt wirkenden, freundlichen Gesichtsausdruck. Sein Name kommt von seinen stark befiederten Füßen, da Rau, ehemals Rauh, von Rauch als einem Begriff für Pelz stammt. Die Jungvögel sind vollständig dunkelbraun mit einigen hellen Flecken und hellen Augenbrauen.

 

Raufußkauz (Foto: Rosl Rössner - LBV-Bildarchiv)
Raufußkauz (Foto: Rosl Rössner - LBV-Bildarchiv)

Als Bewohner hauptsächlich von Nadelwäldern ist er in 7 Unterarten auf der gesamten Nordhalbkugel und südwärts über Mitteleuropa und China beheimatet, außerdem gibt es inselartige Vorkommen z.B. in den Pyrenäen oder dem Himalaya. In Deutschland war sein Vorkommen lange auf die Alpen und Mittelgebirge beschränkt, er hat sich aber in tiefere Lagen ausgebreitet oder wurde dort lange übersehen.

 

Der Raufußkauz lebt in hochstämmigen, unterholzarmen Fichten- oder Buchenwäldern mit Freiflächen für die Jagd sowie Nadelbäumen mit dichter Krone als Tageseinstand. Die Nahrung besteht hauptsächlich aus Mäusen, nur zu etwa 5 % auch aus Kleinvögeln. Die Mäusepopulationen steigen auf freien Schneisen im Wald an, daher haben Verwüstungen z.B. durch starke Stürme wie Wiebke (1990) oder Lothar (1999) zu einem höheren Bestand des Raufußkauzes geführt. Im Gegensatz zu dem Sperlingskauz, der noch bei Tageslicht frei sitzend auf Baumspitzen beobachtet werden kann, verbringt der Raufußkauz die Tagesstunden an Ruheplätzen in dichten Baumkronen direkt am Stamm. Erst bei vollständiger Dunkelheit begibt er sich auf Nahrungssuche.

 

Für die Mäusejagd im Dunkeln ist der Raufußkauz durch sein hervorragendes Gehör und seinen lautlosen Flug perfekt angepasst. Er ist ein Ansitzjäger. Da sein Gesichtsschleier als Schallreflektor dient und er aufgrund von asymmetrisch angeordneten Ohröffnungen Schalldifferenzen wahrnimmt, unterstützt dadurch, dass er seinen breiten Kopf als Fixierbewegung hin und her dreht, kann er sogar bei Nebengeräuschen eine Maus bis zu 60 m entfernt hören und exakt orten. Er fliegt daraufhin lautlos an und stürzt sich mit vorgestreckten Füßen und zum Schutz geschlossenen Augen auf die Beute. Die Lautlosigkeit seines Fluges wird durch besonders weiche Federn sowie Sägekanten an den 3 äußeren Handschwingen gewährleistet. Trotz der genauen Ortung benötigt er bei einer hohen Mäusepopulation etwa 9 Anflüge bis zu einem Jagderfolg. Überschüssige Nahrung wird in Depots in Höhlen oder Astgabeln gelagert. Im Winter können diese Nahrungsvorräte gefroren sein und werden dann vor dem Verzehr im Gefieder angewärmt.

Raufußkauz (Foto: Pit Brützel)
Raufußkauz (Foto: Pit Brützel)

Der Raufußkauz ist ein reiner Höhlenbrüter. Für die Brut benötigt er Schwarzspechthöhlen und ist damit an das Vorkommen des Schwarzspechts gekoppelt. Er nimmt aber auch künstliche Nisthilfen an. Diese werden allerdings leichter von Mardern geplündert und müssen mit einem entsprechenden Schutz versehen werden.

 

Die Männchen sind ortstreu und bleiben ganzjährig in ihrem Revier, während die Weibchen bis zu mehrere 100 km weit umherstreifen. Es kann in Abhängigkeit vom Bruterfolg, der wiederum stark von der Entwicklung der Mäusepopulationen abhängt, zu starken, kurzfristigen Bestandsschwankungen kommen. Dabei gibt es lokal gehäufte Brutvorkommen, eine Clusterbildung, die wohl dadurch entsteht, dass sich einjährige Männchen um ältere Revierinhaber herum ansiedeln.

 

In milden Wintern bereits Mitte Januar, im allgemeinen aber Ende Februar beginnt die Frühjahrsbalz. Der Gesang ist eine hohe, leicht ansteigende und schnelle Folge von Hu Hu Hu-Lauten. Außerdem gibt es charakteristische Flugrufe.

 

Raufußkauz (Foto: Christoph Moning - LBV-Bildarchiv)
Raufußkauz (Foto: Christoph Moning - LBV-Bildarchiv)

Hat sich ein Brutpaar gefunden, endet der Balzgesang Anfang März schon wieder. Lange, zum Teil die Nacht hindurch oder bis in den Juni singende Männchen sind dagegen unverpaart und können nicht als Brut gewertet werden. Durch die Clusterbildung kann es in guten Mäusejahren auch zu einer lokal hohen Ruferdichte kommen, bei der die Männchen nur 40 bis 250 m voneinander entfernt sind. Manchmal macht sich der Raufußkauz aber auch am Tag bemerkbar: an einem sonnigen Nachmittag in den Ammergauer Alpen war bei einem heraufziehenden Gewitter unvermittelt der laute Gesang von Raufußkauz, Sperlingskauz und Waldkauz gleichzeitig zu hören!

Durch die ortstreuen Männchen und die umherstreifenden Weibchen, die ein Männchen mit einem geeigneten Revier suchen, kann es ein Ungleichgewicht in der Anzahl von Männchen und Weibchen in einem Gebiet geben. Dementsprechend kann neben monogamer Brutehe auch Bigynie oder Biandrie auftreten. In der Münchner Schotterebene  herrscht in den nachgewiesenen Brutgebieten ein starker Mangel an Weibchen. Das hat z.B. dazu geführt, dass ein Weibchen in einer Brutsaison nacheinander 3 Gelege mit 3 verschiedenen Männchen erfolgreich bebrütet hat.

Aktive der ASO beim Montieren eines Raufußkauzkastens (Foto: Stephan Rauscher)
Aktive der ASO beim Montieren eines Raufußkauzkastens (Foto: Stephan Rauscher)

Das Weibchen sucht im Waldesinnern eine Schwarzspechthöhle oder künstliche Nisthilfe aus und legt zwischen März und Mai, meistens Anfang/Mitte März bis Anfang April, 3-6, in Jahren mit gutem Nahrungsangebot bis zu 8 Eier auf etwas Mull. Die Bebrütungsdauer ist 26 – 28 Tage. Das Weibchen brütet allein und wird dabei teilweise vom Männchen gefüttert. Die Nestlingsdauer beträgt weitere 28 bis 36 Tage. Dabei werden die Jungen in den ersten 2 Wochen von dem Weibchen gehudert, anschließend kann das Männchen die Brut allein großziehen. Ab Anfang oder Mitte Mai treten Ästlinge auf, da die Jungen außerhalb der Höhle versorgt und noch 2 bis 3 Wochen vom Männchen geführt werden.

Gefährdet ist der Raufußkauz durch den Waldkauz, der einen Fressfeind darstellt. Das Gelege kann von Mardern oder Eichhörnchen geplündert werden. Die Zerschneidung von Wäldern durch Straßen, aber auch die Wiederaufforstung von Windwurfflächen, die für die Mäusejagd des Raufußkauzes wesentlich sind, können die Population beeinträchtigen.

 

In Bayern ist der Raufußkauz vor allem in den Alpen, Mittelgebirgen und auf der Münchner Schotterebene verbreitet. Die Anzahl der Brutpaare wird auf 1100 - 1700 geschätzt (Atlas der Brutvögel in Bayern, 2012) mit einer positiven Bestandsentwicklung. Diese wird im Süden von München durch Nisthilfen unterstützt. Auch eine aktive Gruppe innerhalb der Arbeitsgemeinschaft Starnberger Ornithologen(ASO) befasst sich mit der Kartierung und dem Anbringen von Nistkästen für den Raufußkauz und veröffentlicht ihre Forschungs- und Erfahrungsberichte auf der Website des LBV Starnberg.

 

(Text: Ulrike Hars)

 

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