Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Der Kleinspecht (Dryobates minor)

Kleinspecht (Foto: Wolfgang Spatz)
Kleinspecht (Foto: Wolfgang Spatz)

 

Der Kleinspecht ist mit 14-16 cm Länge der kleinste Specht in Europa, kaum größer als ein Kleiber. Er hält sich vorzugsweise im Kronenbereich der Bäume auf und ist daher leicht zu übersehen, wenn er nicht gerade zur Reviermarkierung in charakteristischer Weise trommelt oder ruft.

 

Arttypische Merkmale sind die weiß-auf-schwarz-Querbänderung von Rücken und Flügeln (ohne weiße Schulterflecken) sowie die weiße Unterseite mit feiner dunkler Längsstrichelung (ohne Rot- oder Rosazeichnung der Unterschwanzdecken). Nur die männlichen Kleinspechte haben einen roten Scheitel, das Weibchen ist völlig ohne Rot im Gefieder.

 

 

 

Kleinspecht (Foto: Antje Geigenberger)
Kleinspecht (Foto: Antje Geigenberger)

Mit seinem zierlichen Schnabel kann der Kleinspecht zur Nestanlage und Nahrungssuche nur weiches oder morsches Holz bearbeiten, stellt damit relativ hohe Ansprüche an seinen Lebensraum. Er bevorzugt lichte Wälder und Gehölze mit einem guten Bestand an alten, grobborkigen Laubbäumen, wichtig sind Weichholzarten (wie Weiden, Pappeln, Erlen) und ein hoher Anteil an stehendem Totholz und Bäumen in ihrer Zerfallsphase. Man findet ihn daher bei uns am ehesten in gewässerbegleitenden Hart- und Weichholzauen, feuchten Erlenbruch- und Birkenmoorwäldern sowie Eichen-Hainbuchenwäldern. Als weiteres in der halboffenen strukturreichen Kulturlandschaft mit kleinen Baumgruppen, Feldgehölzen, Streuobstbeständen, Allen und Parks.

 

Kleinspechte der mitteleuropäischen Unterart sind meist Standvögel, mit einer durchschnittlichen Reviergröße zwischen 50 und 100 Hektar; während der Brutzeit wird die Nahrungssuche auf einen intensiv genutzten Kernbereich von 15-30 ha um die Bruthöhle eingeengt; im Winter werden teils deutlich größere Aktionsräume bis 400 ha genutzt. Die Brutdichte ist meist niedrig, kann in Optimalhabitaten wie Auwäldern ausnahmsweise 1-2 BP/10 ha erreichen, v.a. wenn die Totholzvorräte durch Biber stark vermehrt sind. Zur Bestandserhaltung ist der gezielte Schutz von Auwäldern und Streuobstwiesen sowie allgemein eine Extensivierung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung wesentlich.

Kleinspecht (Foto: Christoph Moning - LBV-Archiv)
Kleinspecht (Foto: Christoph Moning - LBV-Archiv)

Die Bestandssituation des Kleinspechts wird eher unterschätzt aufgrund seiner geringen Größe, der versteckten Lebensweise und teils nur geringer Rufaktivität. Für Deutschland werden für 2005-2009 (laut ADEBAR Atlas Deutscher Brutvogelarten) 25.000-41.000 Reviere angegeben, entsprechend etwa 4-5 % des europäischen Bestands, davon in Bayern nur 2200-3400 Brutpaare (Vorwarnstatus der aktuellen Rote Liste Bayern), südlich der Donau zunehmend lückig und konzentriert entlang der Flußniederungen.

 

Im Landkreis Starnberg wurden von 2014 bis 2018 nur wenige Reviernachweise in ornitho.de dokumentiert (im Ampermoos und Leutstettener Moos, am Lüßbach im nördlichen Manthal sowie an der Würm südlich von Gauting bzw. im Naturwaldreservat Weiherbuchet), daneben gab es nur Einzelbeobachtungen.

Kleinspecht (Foto: Antje Geigenberger)
Kleinspecht (Foto: Antje Geigenberger)

Am ehesten ist der Kleinspecht anhand seiner Lautäußerungen zu entdecken. Buntspechtähnliche „kik“-Einzelrufe sind leise und eher selten zu hören, werden bei Erregung (z.B. Störung am Nest) zum »Schelten« aneinander gereiht . Der typische Gesang und Trommeln wird von beiden Geschlechtern schon an milden Spätwintertagen, am häufigsten von Anfang März bis Ende April zur Paarfindung und Revierabgrenzung vorgetragen. Die Gesangsaktivität von Einzelpaaren ist oft nur gering ausgeprägt, am lebhaftesten in den frühen Morgenstunden bis gegen Mittag; getrommelt wird zur Brutzeit meist in Nestnähe und oft auch abends (1 bis 2 Std. vor SU bis SU).

 

Eine Gesangsstrophe  besteht aus 8-12 (-20) hell klingenden gleichartigen Elementen wie „ki-ki-ki-ki...“, weitere Strophen folgen meist erst in größeren Abständen von >30 Sekunden bis Minuten.  Die Trommelwirbel sind meist leise und gleichmäßig schnell knatternd, dauern >1 bis knapp 2 Sekunden und folgen oft rasch aufeinander (bis >15/Minute), kurze Wirbel können eingeschoben sein.  Ein besonderes Balzspektakel im Frühjahr sind die Schauflüge des Kleinspecht-Männchens, indem es mit ausgebreiteten Flügeln schmetterlingsartig von einem Baum zum nächsten bzw. zum dort sitzenden Weibchen gleitet – mit dem Ziel des Anzeigens einer Bruthöhle sowie der Anpaarung und Kopulation in Nähe der Bruthöhle.

 

Kleinspecht(iuv.)  in der Bruthöhle (Foto: Wolfgang Spatz)
Kleinspecht(iuv.) in der Bruthöhle (Foto: Wolfgang Spatz)

Der Kleinspecht zimmert seine Schlaf- oder Bruthöhlen fast ausschließlich in morsche Laubbäume in meist >5 Meter Höhe, oft auch in abgestorbenen Seitenästen mit Einflugloch nach unten, wobei in etwa zwei Wochen ein Volumen von fast einem Liter ausgemeißelt wird. Das Einflugloch mit ca. 34 Millimeter Durchmesser muß gegen Höhlenkonkurrenten wie Meisen oder Kleiber verteidigt werden. Lokal besteht eine Konkurrenz zum Buntspecht, der wohl auch der wesentlichste Nestprädator ist. Kleinspechte führen eine Saisonehe und leben im Winter meist einzeln, Wiederverpaarungen alter Brutpartner sind auf Grund der Standorttreue der Art jedoch häufig. Die Brut findet zwischen Ende April bis Juli statt. Zum Ende der Nestlingszeit erscheinen die Jungvögel zur Futterübergabe am Einflugloch und sind in dieser Zeit bis zum Ausfliegen akustisch sehr auffällig . Etwa zwei Wochen nach dem Ausfliegen zerstreut sich der Familienverband, wobei die Jungvögel sich teils auch über mehr als 20 Kilometer vom Geburtsort entfernen.

 

 

 

 

Kleinspechtmännchen (Foto: Wolfgang Spatz)
Kleinspechtmännchen (Foto: Wolfgang Spatz)

Die Nahrung des Kleinspechtes besteht überwiegend aus kleinen baumbewohnenden Insekten, im Sommer v.a. Blattläuse, Raupen, Larven und Ameisen, die er flink und mit häufigen Ortswechseln zumeist im äußeren Astbereich der Baumkronen aufsammelt, dabei oft kopfunter an einem dünnen Zweig hängend, um Blätter auf der Unterseite absuchen zu können. Fluginsekten erbeutet er recht geschickt durch schnelle Ausfallflüge. Im Winter werden vorwiegend unter der Baumrinde kranker oder toter Äste überwinternde Käfer und Larven gefressen, gelegentlich auch Schilfhalme nach Insektenpuppen abgesucht oder (im Anschluß an umherziehende Meisenschwärme) winterliche Vogelfütterungen aufgesucht.

 

Schöne Filmaufnahmen vom Kleinspecht zeigt das folgende Video von Kees Vanger (mit kurzem Gastauftritt eines Buntspechts ab min. 1:40 bis 2:05).

 

 

(Text: Wolfgang Spatz)

 

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