Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Die Haubenmeise (Lophophanes cristatus)

Haubenmeise (Foto: Antje Geigenberger)
Haubenmeise (Foto: Antje Geigenberger)

 

 

Meisen werden von ornithologisch interessierten Menschen meist wenig beachtet, sind sie doch häufig und überall zu finden. Aber eigentlich ist diese Sichtweise ein bisschen unfair, da jede Meisenart sehr individuell ist und eine springt schon beim ersten Anblick ins Auge, hat sie doch, und zwar beide Geschlechter, als einzige Vertreterin der Meisenfamilie neben der rotbraunen Iris eine Haube auf dem Kopf. Dieser schwarz-weiß-gesprenkelte Federschmuck gibt diesem Vogel seinen Namen und ein durchaus keckes Aussehen. Ob die eigentlich immer aufgestellt getragene Haube außer dem Zweck, hübsch auszusehen, noch anderweitig nützlich ist, ist in der einschlägigen Literatur nicht eindeutig geklärt.

 

 

Haubenmeise Okzipitalgesicht (Foto: Antje Geigenberger)
Haubenmeise Okzipitalgesicht (Foto: Antje Geigenberger)

Eine spannende Interpretation findet sich im Buch „Wintervögel“ des schwedischen Vogelillustrators Lars Jonsson, wenn er unter Bezugnahme auf seinen Malerkollegen Dan Zetterström ausführt, dass die Haubenmeise mit ihrer Haube ein sogenanntes Okzipitalgesicht habe, also von hinten auch so aussieht, wie wenn sie den Betrachter anblicken würde. Vielleicht ist sie mit diesem Gesichtsmuster im Nacken vor Angriffen eventueller Beutegreifer geschützt. Interessant ist, dass der Sperlingskauz, der größte Feind der Haubenmeise auch so ein Fake-Gesicht im Nacken trägt, wohl ebenfalls zu dem Zweck, um vor größeren Greifvögeln und Eulen geschützt zu sein.

 

Die Haubenmeise lebt und brütet überwiegend im Nadelwald mit älteren Kiefern und Fichten und ist auch in Parks, Friedhöfen und alten Gärten mit entsprechendem Bewuchs zu finden.


 

Haubenmeise (Foto: Antje Geigenberger)
Haubenmeise (Foto: Antje Geigenberger)

Im Gegensatz zu den anderen fünf bei uns heimischen Meisen ist die Haubenmeise sehr standorttreu und bleibt auch im tiefsten Winter in ihrem Revier. Diese Ortsgebundenheit fällt besonders im Herbst und Winter in dem dann recht stillen Wald auf, da die Haubenmeise auch in dieser Zeit ihr Revier verteidigt.

Dann hört man die typischen „gürr“-Rufe, denen meist schlecht zu hörende leise „zi-zi“-Rufe vorausgehen. Diese mehrmals gereihte, in verschiedenen Variationen und in der Höhe ansteigende „zi-zi-gürr“-Kombination, wird als Reviergesang angesehen.

Warum die Haubenmeise nicht einen, sich von den Rufen unterscheidenden, meisentypischen Gesang ausgebildet hat, ist unklar. Die „zi-zi-gürr“-Rufe werden auch bei starker Erregung geäußert, so dass es schwierig ist, den Reviergesang von den gleichklingenden Erregungsrufen abzugrenzen. Zumindest kann man sie kaum mit anderen Meisen verwechseln, da diese „gürr“-Rufe sehr markant und eindeutig sind. Der Reviergesang ist schon ab der 2. Februarhälfte zu hören.

 

Haubenmeise beim Nestbau (Foto: Antje Geigenberger)
Haubenmeise beim Nestbau (Foto: Antje Geigenberger)

 

Die Haubenmeise ist ein Höhlenbrüter. Das Nest wird vom Weibchen in eine selbstgehackte Höhle in morsches oder totes Holz (gerne Birke) gebaut. Nistkästen werden selten angenommen. Der Bau der Höhle beginnt oft schon im März manchmal aber auch erst im April. Legebeginn ist Anfang April, mit den ersten flüggen Jungvögeln, die man an einer kürzeren Haube erkennen kann, ist Anfang Mai zu rechnen.

 

Ein Paar bleibt sich meist ein Leben lang treu (monogame Dauerehe) und Haubenmeisen erreichen trotz ihrer geringen Größe ein hohes Alter (bis 9 Jahre), was wohl mit der großen Ortstreue zusammenhängt.

 

Die Haubenmeise ist die vorsichtigste aller Meisen, fühlt sie sich beobachtet, verschwindet sie gleich hinter einer Deckung. Auch auf Veränderungen und Störungen an der Bruthöhle reagiert sie deutlich empfindlicher als andere Meisen.

 

 

juvenile Haubenmeisen (Foto: Antje Geigenberger)
juvenile Haubenmeisen (Foto: Antje Geigenberger)

Im Frühjahr und Sommer ernährt sie sich fast ausschließlich von Insekten, die in Baumwipfeln von Zweigen und Rinde abgelesen werden, ab dem Spätsommer auch von Sämereien. Dann besucht sie auch Futterplätze in Gärten, jedoch nur, wenn dort Nadelbäume zur Deckung vorhanden sind.

Die Nahrung wird schon im Sommer zwischen Flechten und Zweigen versteckt, wobei die Haubenmeise als einzige Vertreterin ihrer Art das Versteck mit Rindenstücken o.Ä. bedecken kann.

Das Brutareal der Haubenmeise ist weitgehend auf Europa beschränkt und reicht von Portugal bis in den Ural und den äußersten Westen Sibiriens. Island, Italien und die britischen Inseln sind bis ein kleines Vorkommen in Nordschottland unbesiedelt.

In Bayern gilt die Haubenmeise mit geschätzten 110.000-310.000 Brutpaaren als sehr häufiger Brutvogel, im Vergleich mit Blaumeise (250.000-660.000 BP) oder Tannenmeise (240.000-640.000 BP) ist sie jedoch deutlich seltener.

 

Im Landkreis Starnberg ist die Haubenmeise ein regelmäßiger Brutvogel mit den größten Dichten in den Wäldern bei Gilching und Gauting (z.B. Kreuzlinger und Königswieser Forst, Buchendorfer Gemeindewald).

 

(Text: Antje Geigenberger)

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