Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Die Graugans (Anser anser)

Graugans (Foto: Thomas Hafen - www.natur-fotografieren.de)
Graugans (Foto: Thomas Hafen - www.natur-fotografieren.de)

Die Graugans (Anser anser) ist mit bis zu 4kg - nach der Kanadagans - die sowohl größte als auch schwerste und bei uns am häufigsten zu beobachtende Art aus der Familie der Gänse. Entsprechend ihrer zoologischen Einordnung gehört die Graugans als sog. Feldgans zu den echten Gänsen (Anserini) in der Familie der Entenvögel (Anatidae).

 

Ihr Brutgebiet erstreckt sich von Nordeuropa bis Asien. Die Graugans ist die einzige Echte Gans die mittlerweile in unseren Breiten brütet, sieht man von den im Nymphenburger Schlosspark ab 1954 ausgesetzten und sich seitdem ausbreitenden Kanadagänsen ab. In Bayern kommt die Graugans als Brutvogel regional zerstreut vor allem entlang der alpinen Flussläufe (Lech, Isar, Inn...) sowie der Voralpenseen (Starnberger See, Ammersee...) vor.

 

Im Landkreis Starnberg gab es in den letzten Jahren Brutnachweise u.a. vom Starnberger See, Eßsee, Maisinger See, Weßlinger See sowie dem Ampermoos. Aus den Daten vom Ammerseegebiet  gehen die letzten Jahre rückläufige Brutbestände (2017 nur mehr 18 jungeführende Familien) bei gleichzeitig seit 1980 fast stetig wachsenden Jahresmaxima hervor. Historisch war die Graugans bei uns kein Brutvogel, erstreckte sich doch die südliche Verbreitungsgrenze deutlich nördlich unserer Gefilde. So verwundert es nicht, dass z.B. für das Ammerseegebiet die erste Brut erst 1966 festgestellt werden konnte.

Graugansfamilie (Foto: Pit Brützel)
Graugansfamilie (Foto: Pit Brützel)

Die meisten der heute im Landkreis brütenden Graugänse sind wohl Urahnen der Graugänse von Konrad Lorenz in Seewiesen. Auch alle anderen bayerischen Brutbestände gehen auf entflohene oder ausgewilderte Vögel zurück, einzig eine ostbayrische Population scheint natürlich um 1990 aus der Gegend um Budweis zugewandert zu sein. Bayernweit gibt es einen großen Nichtbrüteranteil, wodurch ein größerer als der tatsächliche bayerische Brutbestand vorgetäuscht wird.

 

Der bayrische Brutbestand hat die letzten Jahre deutlich zugenommen, da die Art sich v.a. neue Gebiete und Habitate erschlossen hat. Werden in „Brutvögel in Bayern“ für den Zeitraum 1996-1999 noch maximal 350 Brutpaare genannt, hat sich der Bestand für den Zeitraum 2005-2009 schon auf 1800-3100 Brutpaare vervielfacht; die Graugans gehört somit zu den bei uns vorkommenden Vogelarten mit den größten Zuwachsraten. Jüngst werden  nicht nur Brutversuche aus den klassischen Bruthabitaten an bewachsenen Ufern von natürlichen sowie künstlichen Binnengewässern, sondern auch von Schornsteinen, Flachdächern und anderen Bauwerken in Städten gemeldet.

Graugans (Foto: Antje Geigenberger)
Graugans (Foto: Antje Geigenberger)

Korrelierend mit den zunehmenden Brutbeständen haben auch die Abschüsse in Bayern in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Waren es im Jagdjahr 2007/2008 noch ca. 3.000 erlegte Wildgänse in Bayern, vermeldete der Bayerische Jagdverband im Jagdjahr 2016/2017 über 10.000 erlegte Wildgänse in Bayern. Da die Graugans die mit Abstand am häufigsten bei uns vorkommende Art ist, ist davon auszugehen, dass der größte Streckenanteil der Wildgänse in Bayern auf Graugänse entfällt. Die relativ hohen Abschusszahlen scheinen aufgrund der Jagdzeit  vorwiegend Wintergäste und Überwinterer zu betreffen.

 

Die Bestands- und Abschusszahlen müssen weiterhin engmaschig bewertet und ggf. angepasst werden. Eine genaue Bestimmung und Angabe der Artverhältnisse der erlegten Individuen wären aus populationsökologischer Sicht und zur Bewertung der Zahlen wünschenswert, wenngleich die Graugans momentan laut Landesamt für Umwelt als mittlerweile bei uns nicht gefährdete, ihre Bestände vergrößernde Art betrachtet wird.

Graugans (Foto: Pit Brützel)
Graugans (Foto: Pit Brützel)

Übrigens...

 

Die Graugans erscheint häufig in der Literatur, z.B. in „Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson“.

 

Bereits 387 v.Chr. sollen nach der Überlieferung des Geschichtsschreibers Livius domestizierte und der Göttin Juno geweihte Gänse als „Antike Alarmanlage“ die Römer durch ihr Geschnatter vor einem nächtlichen Überraschungsangriff der Kelten auf das Kapitol gewarnt haben.

 

In der Wissenschaft war und ist die Graugans ein beliebtes Forschungsobjekt für Verhaltensstudien, so nutzte als prominentestes Beispiel Konrad Lorenz zeitlebens Graugänse für Forschungsprojekte über die Verhaltenspsychologie und Ethologie höherer Lebewesen. Unter anderem wegen seiner Graugänse wählte Lorenz den Standort des Max-Planck-Instituts für Verhaltensphysiologie (später MPI für Ornithologie)  am Eßsee zwischen Andechs-Erling und Pöcking bei uns im Gebiet.

(Text: Korbinian Weidemann)

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