Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Die Gebirgsstelze (Motacilla cinerea)

Gebirgsstelze (Foto: Antje Geigenberger)
Gebirgsstelze (Foto: Antje Geigenberger)

Die Gebirgsstelze lebt an schnell fließenden Bächen und Flüssen mit bewaldeten, schattigen Ufern aus Kies- und Geröllbänken. Mit ihrem zweisilbigen Flugruf 'zissitt' und ähnlichen Lauten macht sie sich bemerkbar. Der Ruf könnte mit dem der nahe verwandten Bachstelze verwechselt werden, ist aber durchdringender mit einem etwas metallischeren, härteren Klang und übertönt damit das Rauschen des Wassers.

 

Zu Gesicht bekommt man die Gebirgsstelze dann im - ausgeprägt wellenförmigen - Flug, oder auf einem Stein oder am Ufer des Fließgewässers.

 

Sie ist mit 18 bis 19 cm etwas größer als die Bachstelze und hat einen charakteristischen, extrem langen Schwanz. Der englische Name 'Grey Wagtail' bezieht sich auf den grauen Kopf und Rücken, auffälliger sind aber die hellgelbe Unterseite und der grüngelbe Bürzel. Der Schwanz ist schwarz mit weißen Außenkanten. Das Männchen hat im Brutkleid eine durch weiße Streifen abgesetzte schwarze Kehle, bei dem Weibchen ist diese hell. Beide haben einen weißen Überaugenstreif. Die Jungvögel sind bis auf gelbe Unterschwanzdecken an der Unterseite hellgrau.

Gebirgsstelze (Foto: Ulrike Hars)
Gebirgsstelze (Foto: Ulrike Hars)

Die Gebirgsstelze ist ein lebhafter Vogel, der fast ständig mit dem Schwanz wippt oder mit schnellen Schritten am Wassersaum entlang läuft und nach Nahrung pickt. Diese besteht aus Wasserinsekten und deren Larven, z.B. Köcher-, Stein- und Eintagsfliegen, aber auch Spinnen oder Krebstieren. Meistens werden die Beutetiere aus dem seichten Wasser gefischt, manchmal aber auch in einem kurzen Flug aus der Luft gefangen.

 

Bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts kam die Gebirgsstelze ausschließlich an Gebirgsbächen in Mittelgebirgen oder höheren Lagen bis zu 2000 m ü.M. vor, erst dann ist sie zusätzlich in tiefere Lagen eingewandert. Auch dort ist sie streng an Wasserläufe gebunden und bevorzugt Stellen mit starker Strömung, z.B. an Wehren, Mühlen oder Staustufen. Ihre Vorkommensschwerpunkte liegen allerdings weiterhin in und um gebirgiges Land, in der niederländischen und norddeutschen Tiefebene ist sie dagegen selten oder fehlt ganz. Das europäische Brutareal erstreckt sich von Südeuropa bis Südskandinavien, es gibt außerdem eine asiatische Population, die ein Gebiet vom Mittleren Osten über Nordchina bis nach Japan besiedelt.

Gebirgsstelze (Foto: Antje Geigenberger)
Gebirgsstelze (Foto: Antje Geigenberger)

Bei uns gehört die Gebirgsstelze zu den Teilziehern, die noch bis Mitte Oktober in südlichere Gebiete am Mittelmeer bis zu N-Afrika abwandert und bereits im Februar in die Brutgebiete zurückkehrt. Zunehmend wird sie  bei uns auch im Winter beobachtet. Es gibt unter den weiter nördlich brütenden Gebirgsstelzen aber auch Langstreckenzieher, die südlich des Äquators überwintern. Sie ziehen einzeln oder zu zweit, bilden aber nie größere Ansammlungen wie die Bachstelze. Sehr strenge Winter können zu Bestandseinbrüchen unter den Teilziehern führen, die andererseits nicht den Gefahren des Zuges ausgesetzt sind und den Nachteil der späteren Ankunft im Brutgebiet haben. Laut E. Bezzel (Das BLV Handbuch Vögel, 2013) kann der Vergleich mit einem der Gebirgsstelze nahe verwandten reinen Langstreckenzieher, der Schafstelze, aber zeigen, dass das konsequente Zugverhalten das Besiedeln eines viel größeren nördlichen Brutareals erlaubt. Diese brütet nicht nur in Europa sondern auch über Skandinavien im gesamten Russland, wo die Gebirgsstelze gänzlich fehlt.

 

Die Gebirgsstelze führt eine monogame Saisonehe, bei der es aufgrund einer hohen Brutplatztreue zu wiederholten Wiederverpaarungen kommen kann. Das Brutrevier umfasst zwischen 250 und 600 m eines Bach- oder Flusslaufes. Der Gesang ist eine Folge von Tönen in nur wenig veränderter Tonhöhe und wird von einer Singwarte, z.B. von einem Baum, oder auch im Flug vorgetragen.

juv. Gebirgsstelze (Foto: Antje Geigenberger)
juv. Gebirgsstelze (Foto: Antje Geigenberger)

Das Männchen sitzt dabei oft in der Nähe des Neststandortes und bleibt dabei relativ bewegungslos, so dass es dann nur schwer zu entdecken ist. Das Nest wird an Steilufern oder in Mauernischen, an Wehren oder unter Brücken gebaut. Auch alte Wasseramselnester oder Nistkästen werden angenommen. Das Männchen beteiligt sich an dem Sammeln von Nistmaterial, während der Nestbau nur von dem Weibchen durchgeführt wird. Außen besteht das Nest aus Zweigen, innen hat es die Form eines Napfes, der aus Moos, Gras und anderem weichen Material besteht und mit Tierhaaren ausgekleidet wird. Zwischen April und Juni finden zwei Jahresbruten statt. Ein Gelege besteht im Normalfall aus 5 Eiern, die von beiden Eltern bebrütet werden. Die Jungen einer Brut schlüpfen nach einer Bebrütungsdauer von 12 bis 13 Tagen innerhalb von 24 Stunden und werden sowohl von dem Weibchen, als auch von dem Männchen gefüttert. Nach 11 bis 14 Tagen sind die Jungen flügge und werden anschließend etwa weitere 3 Wochen meist nur von dem Männchen geführt, besonders dann, wenn das Weibchen währenddessen erneut brütet.

 

Im Starnberger Gebiet ist die Gebirgsstelze ein Brutvogel an der Würm und an der Ammermündung. Mit 6500 bis 11500 geschätzten Brutpaaren nach dem Atlas der Brutvögel in Bayern (2012) ist sie in Bayern lückenhaft vorkommend mit Dichteschwerpunkten in den Alpen, den Mittelgebirgen und auf den Donau-Iller-Lech-Platten. Der Gesamtbestand gilt als ungefährdet.

(Text: Ulrike Hars) 

 

weitere Vogelportraits