Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Die Elster (Pica pica)

Elster (Foto: Ursula Wiegand)
Elster (Foto: Ursula Wiegand)

Ich kann sie am Morgen oft hören! Mit ihrem typischen Schäckern rufen sie in den Bäumen vor meinem Fenster. Schäckern sie langsam, klären sie noch die Gefahrenlage, schäckern sie schnell, sind sie meist schon auf der Flucht. Was mag sie dieses Mal aufgeschreckt haben?

Soll ich es halten wie die alten Germanen, und in ihnen Unheilboten sehen? In Asien gelten sie hingegen als Glücksbringer – diese Sichtweise erscheint mir als besseres Omen für den Tagesbeginn, und passt auch irgendwie eher zu diesen schönen, intelligenten Vögeln. Ihr Gehirn ist eines der am höchsten entwickelten unter den Singvögeln. Sie wissen, dass Dinge auch dann noch vorhanden sind, wenn man sie nicht sehen kann. Diese Fähigkeit entwickeln sie zum gleichen Zeitpunkt, an dem sie beginnen Nahrungsdepots anzulegen, die sie sich besonders gut merken können. Außerdem sollen Elstern bis fünf zählen können: Beobachten sie, wie sich fünf Personen hinter einem Baum verstecken, bleiben sie auf der Hut, wenn nur vier davon wieder erscheinen. Und die Elster ist einer der wenigen Vogelarten, die den „Spiegeltest“ bestanden haben – sie kann sich selbst im Spiegel erkennen, was sonst nur Menschenaffen und Delfine schaffen. (siehe folgendes Video)

Elster (Foto: Antje Geigenberger)
Elster (Foto: Antje Geigenberger)

Die Elstern scheinen sich in unserer Ortschaft im Süden des Starnberger Sees wohl zu fühlen. Als Kulturfolger können sie sich gut an vom Menschen geprägte Landschaften anpassen, und mehr als die Hälfte des Bestandes brütet in Europa inzwischen in und am Rand bebauter Gebiete. In der Nähe der Menschen ist der Tisch auch meist reichlich gedeckt: auf Komposthaufen und in Abfallkörben, an Futterstellen und am Straßenrand.

 

Elster (Foto: Peter Witzan)
Elster (Foto: Peter Witzan)

Im Frühjahr hatte ich Elstern dabei beobachtet, wie sie sorgsam Zweige in unsere hohe Birke trugen. Paare beginnen zunächst damit, mehrere Nester zu bauen, bis sie sich für eines entscheiden, um dieses dann auszubauen. Die frei gebliebenen "Spielnester" werden dann gerne von anderen Vogelarten genutzt. Unser Nest war in diesem Jahr nicht die Kinderstube der Wahl. Gut, sagte ich mir, dann müssen wir uns weniger Sorgen um unsere Kaffeelöffel machen. Die als „diebische Elstern“ bezeichneten Rabenvögel lieben alles was glänzt, und tragen es gelegentlich davon - angeblich in ihre Nester, was aber nicht immer stimmt. Die Gegenstände werden untersucht, ins Nest gebracht … oder schlichtweg versteckt, wie sie es auch mit ihrer Nahrung machen - nicht aus Raublust, sondern aus natürlicher Neugier und Spieltrieb. Aber sie können auch hinterlistig sein! Paare sollen in konzertierten Aktionen andere Vögel bestehlen: Eine Elster lenkt ab, die andere klaut die Vorräte der Nachbarn – oder noch schlimmer: verspeist die Eier bzw. die Jungen. Dies erklärt die zweite Bezeichnung als „Vogelmörder“. Deshalb sind Elstern bei Gartenbesitzern nicht ganz so beliebt, obwohl Singvögel nur einen geringen Prozentsatz ihrer Nahrung ausmachen. Selbst bei einer großen Elsterndichte nimmt der Bestand an Singvögeln in unseren Parks und Gärten nicht ab.

 

Elster (Foto: Ursula Wiegand)
Elster (Foto: Ursula Wiegand)

Jetzt, im September, schließen sich die jungen Elstern zu lockeren Trupps zusammen und leben unabhängig von den Elterntieren. So verbringen sie die ersten ein bis zwei Lebensjahre, und wer noch nicht am Brutgeschäft teilnimmt, findet sich in Schlafgesellschaften in hohen Bäumen ein. Elstern leben in zwei verschiedenen Sozialformen. Die Brutzeit verbringen Paare allein in ihren Revieren, während sich Nichtbrüter zu Gruppen zusammenschließen. Im Winter bilden Elstern dann Scharen von einem Dutzend bis zu einigen hundert Vögeln. Dies dient vermutlich dazu, sich gegen Konkurrenten besser durchzusetzen. Nahrungsquellen können länger verteidigt und größere Vögel von Schlafgemeinschaften vertrieben werden.

Brutpaare beginnen bereits ab Oktober mit der Inspektion möglicher Nester, und neue  Vogelpaare versuchen, sich ein Revier zu erobern. Im Februar oder März wird dann mit dem Nestbau begonnen, der durchschnittlich 40 Tage dauert. Vielleicht wieder in unserer Birke – oder schlussendlich dann doch wieder  nicht?

(Text: Klaus-Peter Hütt)

 

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