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Der Baumpieper (Anthus trivialis)

Ein Vogel fliegt von einer Warte senkrecht empor und beginnt kurz vor dem höchsten Punkt einen trillernden Gesang – aber eine Lerche ist es nicht. Ein Baumpieper zeigt gerade seinen markanten Singflug nachdem der Langstreckenzieher aus seinem Überwinterungsgebiet südlich der Sahara im April zurückgekehrt ist.

 

Anschließend lässt er sich mit gespreizten Flügeln und hängenden Beinen fallschirmartig heruntergleiten, meist wieder zum Ausgangspunkt. Der dabei vorgetragene Gesang ist aus mehreren verschiedenen Phrasen zusammengesetzt und endet mit einem charakteristischem gedehntem „ziah – ziah – ziah“.  

 

Singt er jedoch nicht, z.B. außerhalb der Brutzeit oder auf dem Zug, bereitet  die Bestimmung dieses Vogels auch erfahrenen Ornithologen Probleme. Alle Pieper tragen nämlich ein sehr ähnliches braun-beiges Federkleid.

 

Neben dem Baumpieper gibt es noch den Wiesenpieper, der bei uns in ähnlichen Gebieten wie der Baumpieper brütet, den Bergpieper, der allenfalls im Gebirge als Brutvogel vorkommt und Rotkehl-, Brach- und Spornpieper, die bei uns höchstens mal als Ausnahmeerscheinung auf dem Zug vorkommen. Weitere Pieperarten wie Wald-, Langschnabel-, Steppen-, Kanarenpieper sind bei uns nicht zu beobachten. Im Landkreis Starnberg kann der Baumpieper hauptsächlich mit dem Wiesenpieper verwechselt werden, da beide als Brutvögel im selben Lebensraum vorkommen, das ist z. B. im Ampermoos der Fall.

Wiesenpieper (Foro: Bernhard Glüer)
Wiesenpieper (Foro: Bernhard Glüer)

Der Baumpieper, der zur Familie der Stelzen und Pieper gehört, ist mit einer Körperlänge von ca. 15 cm ungefähr so groß wie ein Haussperling. Er ist aber graziler und schlanker und wirkt dadurch etwas größer. Die Körperoberseite ist gelb bis olivbraun mit schwärzlichen Längsstreifen, die auf dem Oberkopf deutlicher sind. Die Unterseite ist rahmfarben mit kräftig gestreifter Brust. Die Flankenstrichelung ist deutlich dünner als die Bruststrichelung.  Weibchen und Männchen sehen nahezu gleich aus. Vom Wiesenpieper unterscheidet er sich dadurch, dass Körperbau, Schnabel und Flankenstrichelung kräftiger sind, die Kopfzeichnung ausgeprägter und die Hinterkralle kürzer und gekrümmter ist. Der Wiesenpieper startet zu seinem sehr ähnlich klingenden Gesang meistens vom Boden aus und nicht von einer hohen Warte aus.

Diese Feinheiten helfen im Freiland meist nicht weiter, da man den Vogel selten sehr nah und lange zu Gesicht bekommt. Dann ist das Unterscheiden der Rufe fast einfacher -  aber auch eine Herausforderung. Beide machen „piep“, was die lautmalerische Herkunft des Namens erklärt – jedoch  - und hier wird es speziell:

 

Der Ruf des Baumpiepers ist ein rauhes, etwas absinkendes „psie“ und wird meist im Flug und beim Abflug gereiht vorgetragen. Der Ruf des Wiesenpiepers ist dagegen ein mehrsilbiges, spitzes „ist–ist“ oder „zip-zip“, den man auch meistens beim Auffliegen und im Flug hören kann. Als Warnruf, oft  in Nestnähe gibt der Baumpieper ein taktmäßig wiederholtes „tsitt“ von sich. 

 

Der Baumpieper ist ein Brutvogel in halboffenen Landschaften. Das sind Heiden, Moore und Waldlichtungen. Gärten und Parks werden nicht besiedelt. Höchste Dichten findet man auf  sandigen Kahlschlägen, Waldbrandfolgeflächen und lichten Kiefernwäldern. Wichtig sind geeignete Warten als Ausgangspunkt für die Singflüge und eine insektenreiche, lockere Krautschicht zum Nestbau. Der Baumpieper versteckt sein Nest nah am Boden unter Grasbüscheln oder niedrigem Gebüsch, wobei er auch darauf achtet, dass ein Sichtschutz nach oben besteht. Das Nest baut das Weibchen zwar alleine, versorgt werden die Jungvögel aber dann von beiden Eltern. Baumpieper fliegen nie direkt mit Futter zum Nest, sondern landen ca. 10 bis 20 m davon entfernt und laufen dann zu Fuß. Die Jungvögel halten sich ca. 10 – 12 Tage im Nest auf und werden von den Eltern auch noch gefüttert wenn sie bereits flügge sind und sich im hohen Gras verstecken. Eine 2. und sogar eine 3. Brut ist möglich.

Im Landkreis Starnberg ist der Baumpieper als Brutvogel im Leutstettener-, Görbel- und Ampermoos, bei der Kiesgrube Oberbrunn und im Pioniergelände Krailling nachgewiesen worden.  Der Bestandstrend ist lt. Atlas deutscher Brutvogelarten lang- und kurzfristig negativ. Nach dem „Monitoring Häufiger Brutvögel“ hat sich der Bestand in Deutschland von 1990 – 2014 halbiert. Als Grund für den Rückgang werden Lebensraumverlust und Beeinträchtigung durch intensive Land- und Forstwirtschaft, Euthrophierung (Überdüngung des Bodens), sowie Verlust auf dem Zug in die Überwinterungsgebiete angegeben. Nach dem Atlas der Brutvögel in Bayern ist er ein spärlicher bis häufiger Brutvogel mit 11.500 – 26.000 Brutpaaren, die Bestandsentwicklung ist jedoch negativ.

(Text und Bilder, soweit nicht anders angegeben: Antje Geigenberger)

 

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