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Brutsaison 2023

Auf dem LBV-Nistfloß in der Bucht von St. Heinrich am Starnberger See brüteten 2023 nur 10 Flussseeschwalben-Brutpaare und 25 Lachmöwen-Paare. Im Vergleich zum Vorjahr hat der Brutbestand somit bei beiden Arten um über 75% abgenommen.

 

Schon im Frühjahr fiel auf, dass sich relativ wenige Individuen am Brutplatz einfanden. (Eventuell gab es bereits in den Rast- und Überwinterungsgebieten Verluste…) Im Mai verstarben dann noch zahlreiche Brutvögel vor Ort (s. u.). Grund für die Todesfälle war vermutlich ein Ausbruch der Hochpathogenen Aviären Influenza (HPAI): Möwen-, Seeschwalben- und Seevogelkolonien in ganz Europa waren seit 2022 von den verheerenden Auswirkungen dieses Virus betroffen.

 

Im Verlauf der Brutsaison wurde dann auch nur ein Flussseeschwalben-Junges flügge. Bei den Lachmöwen waren es zumindest 22 Flügglinge.

 

Brutbestand und Flügglingszahlen der Flussseeschwalbe am Starnberger See 2013-2023
Brutbestand und Flügglingszahlen der Flussseeschwalbe am Starnberger See 2013-2023

 

 

Totfunde in der Brutkolonie

 

Am 03. Mai 2023 wurde die erste tote Lachmöwe in der Bucht von St. Heinrich gefunden. Nach Rücksprache mit dem Veterinäramt Starnberg wurden danach alle weiteren Kadaver schnellstmöglich und unter Beachtung strengster Hygienemaßnahmen abgesammelt, um das Seuchengeschehen zu unterbrechen. Insgesamt wurden auf dem Nistfloß und in der nächsten Umgebung 59 tote Vögel abgesammelt (30 adulte Flussseeschwalben, 27 adulte Lachmöwen, 2 Lachmöwen-Pulli). Das Infektionsgeschehen dauerte bis 31.05.2023. Danach gab es zum Glück keine Totfunde mehr und die wenigen verbliebenen Vögel gingen dem Brutgeschäft nach.

Flussseeschwalben-Flüggling am 24.07.2023 (links oben, Wildkameraaufnahme)
Flussseeschwalben-Flüggling am 24.07.2023 (links oben, Wildkameraaufnahme)
Brütende Flussseeschwalben und Lachmöwen auf dem Nistfloß am 04.07.2023 (Foto: A. Gehrold)
Brütende Flussseeschwalben und Lachmöwen auf dem Nistfloß am 04.07.2023 (Foto: A. Gehrold)

Alle Brutvögel verließen während der Brutsaison 2023 nachts das Floß. Während der nächtlichen Abwesenheit der Kolonie fand sich regelmäßig ein Nilgans-Paar auf dem Floß ein (Wildkamera-Aufnahme)
Alle Brutvögel verließen während der Brutsaison 2023 nachts das Floß. Während der nächtlichen Abwesenheit der Kolonie fand sich regelmäßig ein Nilgans-Paar auf dem Floß ein (Wildkamera-Aufnahme)

Neuerungen am Brutfloß

 

In den Vorjahren gab es Hinweise auf nächtliche Störungen bzw. Angriffe eines Eulenvogels auf die Kolonie. Daher wurden 2023 neue Kükenunterstände ausgebracht, um den Jungvögeln zusätzliche Versteckmöglichkeiten zu bieten. Außerdem wurde eine Infrarot-Wildkamera installiert. Diese Kamera belegte, dass die Altvögel jede Nacht das Floß verließen (ca. 1 Std. nach Sonnenuntergang bis 1 Std. vor Sonnenaufgang). Ein Eulenvogel wurde jedoch nicht auf dem Floß beobachtet. Hatte es bereits vor Installation der Kamera einen Eulenangriff gegeben? Oder verließen die Vögel das Floß basierend auf den Erfahrungen der Vorjahre (um das eigene Leben zu schützen)? Diese nächtliche Abwesenheit hat sich sicher negativ ausgewirkt. Bis Mitte Juni lagen die Temperaturen nachts oft bei <10°C, so dass die Gelege vmtl. zu stark ausgekühlt sind und der Schlupf ausblieb.

 

 

Farbberingte Lachmöwen-Flügglinge auf dem neuen Rettungsflößchen (Foto: A. Gehrold)
Farbberingte Lachmöwen-Flügglinge auf dem neuen Rettungsflößchen (Foto: A. Gehrold)

 Überraschenderweise wurde durch die Wildkamera dokumentiert, dass das verlassene Floß fast jede Nacht von einem Nilgans-Paar aufgesucht wurde. Zu dem Abflug und der Rückkehr der Kolonie fand sich zwar kein zeitlicher Zusammenhang, doch evtl. haben die herumlaufenden Nilgänse Trittschäden an den Gelegen verursacht.

 

Außerdem wurden zwei neue „Mini-Rettungsflößchen“ an der Nord- und Südseite der Schwimmkörper installiert. Sie wurden von Harald Trepte entworfen und angebracht. Hierhin können sich die Jungvögel retten, wenn sie bei den ersten Flugversuchen doch einmal im Wasser landen und nicht mehr auf die erhöhte Brutplattform zurückgelangen. Im Jahr 2023 ist glücklicherweise kein flugunfähiger Jungvogel im Wasser gelandet, aber die Seitenflößchen wurden häufig von den Flügglingen genutzt.

 

 

 

Ringsichtungen

 

In der Bucht von St. Heinrich gab es 2023 Ringfunde oder -sichtungen von 15 adulten Flussseeschwalben. Darunter waren Brutvögel im Alter von 6 bis 22 Jahren. Leider wurden viele von ihnen tot aufgefunden. Außerdem wurden die beringten Flussseeschwalben aus der Kolonie am Starnberger See 2023 in der Schweiz und in Österreich abgelesen. Eine Übersicht der Ringfunde findet sich hier.

 

2023 wurden auch erstmals junge Lachmöwen mit Farbringen markiert. Hier erhoffen wir uns für die Zukunft ebenfalls Erkenntnisse über Zugwege, Standorttreue und Abwanderung.

 

(Text: Dr. Andrea Gehrold)