Gemeinsam Bayerns Natur schützen

80° Nord - die Vogelwelt Spitzbergens

Eisbär und Elfenbeinmöwe
Eisbär und Elfenbeinmöwe

„Ein Bericht über eine 14-tägige Umrundung Spitzbergens auf einem kleinen Schiff mit nur 12 Gästen. Eisbären, Walross, verschiedene Robben, 34 arktische Vogelarten (inklusive Elfenbeinmöwen, Thorshühnchen, Dickschnabellummen, Krabbentaucher) und unglaubliche große Seevogelkolonien mit bis zu 400.000 Individuen. Ein letzter Blick auf ein dahinschmelzendes Paradies?“

 

Mit diesen Worten wurde der Vortrag von Prof. Christian Haass für den Orni-Stammtisch der ASO am 27. November 2024 angekündigt. Knapp 30 Ornis hatten sich in Drößling beim Orni-Stammtisch versammelt, um eine Reise nach Spitzbergen zu genießen.

 

 

 

Schneeammer
Schneeammer

Die Reise fand im Juni 2023 statt. Die Durchschnittstemperatur im Juni ist auf Spitzbergen ca. 2°C. Also schon ein etwas ungewöhnlicher Sommerurlaub. Die Reise begann in Longyearbyn, dem größten Ort auf der Inselgruppe Spitzbergen. Longyearbyn hat ca. 2.600 Einwohner und wurde Anfang des 20. Jahrhunderts als Bergarbeiterstadt wegen der Kohleförderung gegründet. Es ist ein eher hässlicher Ort ohne geteerte Straßen – eine sehr staubige Eiswüste. Das Verlassen des Orts ist nur mit bewaffneter Begleitung erlaubt, es gibt überall Eisbären, mit denen nicht zu spaßen ist. Es gibt auf Spitzbergen mehr Eisbären (ca. 3.000) als Menschen!

 

Rund um die Ortschaft Longyearbyn gibt es einige Kilometer Straßen, die man natürlich für die Vogelbeobachtung nutzen kann. Hier findet man den einzigen Singvogel Spitzbergens, die Schneeammer. Rund um die Ortschaft brüten Weißwangengänse und Kurzschnabelgänse in den Felsen, die jungen Gänse müssen – so ähnlich wie die Gänsesäger bei uns – nach dem Schlüpfen von den Felsen auf den Boden springen. Sie werden dann von den Gänseeltern durch die Ortschaft zum Wasser begleitet. 

Die eigentliche Reise fand per Schiff mit dem Unternehmen Polar Quest statt. 12 Tage lang fuhr das Schiff durch das Eis, und umrundete Spitzbergen. Erst nach Norden, dann nach Osten zur Ostinsel und dann zurück nach Longyearbyn. Landausflüge fanden mit zwei Zodiacs und unter Begleitung bewaffneter Guides statt.

 

Vom Schiff aus und bei den Landausflügen konnte die arktische Vogelwelt genossen werden. Beobachten konnte man den ganzen Tag, da die Sonne nie unterging. Christian Haass zeigte eindrucksvolle Bilder von Schneelandschaften, riesigen Gletschern und eisbedeckten Buchten. Aber der Klimawandel bedroht dieses Paradies, die Temperaturerhöhung in dieser Gegend beträgt schon 6-7 °C. 

 

Den Eisbären geht es deswegen schlecht auf Spitzbergen, vor allem im Sommer ist kaum mehr Eis vorhanden, sodass die Eisbären große Strecken schwimmen müssen, um Nahrung zu finden und nicht zu verhungern. Hauptbeutetier ist die Bartrobbe, aber die Eisbären sind Allesfresser, fressen auch Aas (z.B. tote Wale) oder räubern auch mal eine Eiderkolonie leer. Neben den Eisbären gab es an Säugetieren noch rastende (und unfassbar stinkende) Walrosse, Bartrobben, Rentiere und Polarfüchse zu beobachten.

Elfenbeinmöwe
Elfenbeinmöwe

Schwerpunkt des Vortrags war neben der allgegenwärtigen Bedrohung durch den Klimawandel die Vogelwelt Spitzbergens. In diesen Breitengraden ist die Artenvielfalt natürlich nicht allzu groß, es konnten zwar „nur“ 34 Arten beobachtet werden, aber was für tolle Arten!

 

Auf Spitzbergen gibt es keine Greifvögel, diese Rolle übernehmen die Skuas und die (sehr großen) Eismöwen. Raubmöwen jagen den anderen Seevögeln die Beute ab – dazu gab es eine beeindruckende Fotosequenz einer Schmarotzerraubmöwe, die eine Dreizehenmöwe so lange attackierte, bis sie ihre Beute wieder ausspuckte. Ausgesprochene Raritäten sind die wunderschön gefärbte Schwalbenmöwe und die in der Nähe von fressenden Eisbären auftauchende Elfenbeinmöwe. Ein eleganter rein weißer Vogel, der entfernt an Picassos Friedenstaube oder an die tropische Feenseeschwalbe erinnert.

Thorshühnchen
Thorshühnchen

Beeindruckend sind natürlich auch die großen Seevogelkolonien. Auf der Ostinsel brüten bis zu 400.000 Dickschnabellummen, die winzigen Krabbentaucher brüten zu Zehntausenden auf Spitzbergen und sind eine Art Charaktervogel der Gegend. Bei allen Seevogelkolonien ist ein unglaublicher Lärm und Gestank.

 

Häufigste Limikole auf Spitzbergen sind die Meerstrandläufer, daneben gibt es auch Steinwälzer und Alpenstrandläufer. Aber bei den Limikolen sind vor allem die Wassertreter zu nennen. Sowohl Odins- als auch Thorshühnchen wurden beobachtet und mit wunderschönen Fotos dokumentiert. Thorshühnchen im Prachtkleid – hier sind die Weibchen sehr viel prächtiger gefärbt als die Männchen. Thorshühnchen brüten in Europa nur auf Spitzbergen und Island. Bei den Thorshühnchen kamen natürlich Erinnerungen an das Thorshühnchen hoch, das an Weihnachten 2020 am Starnberger See Station machte.

Eisbärenfamilie
Eisbärenfamilie

Christian Haass zeigte tolle Bilder von der Natur in Spitzbergen und gab viele Hinweise zur feldornithologischen Bestimmung der einzelnen Arten. Wobei natürlich die meisten der Anwesenden wohl kaum einmal Eismöwen von Silbermöwen unterscheiden werden müssen. Am Ende des Vortrags gab er noch einen Hinweis auf einen Dokumentarfilm über eine 40-tägige Durchquerung von Spitzbergen per Ski, an der sein Sohn beteiligt war. Trailer und weitere Informationen zu diesem Film findet man hier.

 

Wenn es nach Spitzberger nicht so weit (und so teuer) wäre, würden vermutlich einige der Zuhörer gerne mal dorthin reisen. So wird das allerdings für die meisten ein eher unerreichbares Traumziel bleiben.Ein herzliches Dankeschön an Christian Haass für einen äußerst informativen und spannenden Reisebericht.

(Text: Pit Brützel; Fotos: Christian Haass)