Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Mut zur Unordnung: Wie aus perfekten Gärten wilde Paradiese werden

11.06.2025

Ein Abend in der Kraillinger Bibliothek – Cordula Marschner verriet ihr Geheimrezept für vogelfreundliche Gärten

Einladungsflyer, Gemeinde Krailling
Einladungsflyer, Gemeinde Krailling

 

 

Ankündigung der Gemeinde Krailling:

Wie kann aus einem gewöhnlichen Garten ein kleines Paradies für Gartenvögel werden? Dieser Frage widmet sich der Vortrag von Cordula Marschner vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) Starnberg unter dem Titel „Ein Stück Natur entsteht – Mut zur Unordnung in unseren Gärten!“

An diesem Abend nimmt Cordula Marschner das Publikum mit auf eine kleine Bilderreise durch farbenprächtige Blumenwiesen, lebendige Naturgärten und Schotterwüsten. Dabei zeigt sie auf anschauliche Weise, was einen echten Naturgarten ausmacht und warum Wildnis durchaus erwünscht sein darf.

 

 

 

 

Haben Sie Mut zur Unordnung?“ Diese provokante Frage stellte Cordula Marschner am 26.5.2025 den Besucher*innen der Gemeindebücherei Krailling. Was folgte, war ein leidenschaftlicher Aufruf für das Wilde, das Ungezähmte – und eine Liebeserklärung an Gärten, die aussehen dürfen wie echte Natur.

 

Kein Garten von der Stange

Cordula Marschner ist keine studierte Biologin oder Ornithologin – sondern eine leidenschaftliche Hobbygärtnerin, die über zehn Jahre hinweg ihren Garten in ein kleines Naturparadies verwandelt hat. „Ich habe vieles ausprobiert – und dabei auch viele Fehler gemacht“, erzählte sie offen. Genau diese Ehrlichkeit und Erfahrung machten ihren Vortrag besonders praxisnah. Statt theoretischer Fachbegriffe brachte sie zahlreiche Fotos, Geschichten aus dem eigenen Garten – und vor allem Mutmacher: Jeder kann anfangen, jeder Garten kann ein kleines Stück Natur werden.

 

Die schockierende Wahrheit über unsere Gärten

Marschner ließ gleich zu Beginn Zahlen sprechen: In Deutschland gibt es rund 900.000 Hektar Privatgärten – ein riesiges, oft ungenutztes Potenzial für die Artenvielfalt. Gleichzeitig verschwanden in den letzten 30 Jahren rund 70 % der Insekten. Auch viele Feldvögel haben ihren Lebensraum verloren – nicht zuletzt wegen der intensiven Landwirtschaft und unserer zunehmend sterilen Gärten.

 

„Heute kaufen wir Bio-Kosmetik, aber leben in sterilen Gärten.“

– Cordula Marschner

 

Das Erfolgsrezept für tierfreundliche Gärten: Drei einfache Schritte

Wilde Ecken, LBV-Archiv
Wilde Ecken, LBV-Archiv

 

Cordula Marschner verriet im Vortrag ihre bewährte Dreier-Strategie, mit der sie selbst ihren Garten für Vögel, Insekten und Igel geöffnet hat:

 

1. Die Zonen-Strategie: Jeder Winkel zählt

 

Durch das bewusste Einbeziehen verschiedener Standorttypen entsteht ein Mosaik aus Lebensräumen:

Steingarten: sonnig und trocken – ideal für Wildbienen

Gehölzrand: halbschattig, feucht – für Igel & Vögel

Wilde Ecken: Laub, Totholz, Sand – Natur pur

Stauden und Sträucher, LBV-Archiv
Stauden und Sträucher, LBV-Archiv

 2. Pflanzen, die Leben bringen

 

Die Auswahl der Pflanzen ist entscheidend. Marschner empfiehlt heimische, winterharte Arten mit offenen Blüten, die Insekten zugänglich sind. Dabei ist Vielfalt das Ziel: Höhenunterschiede, Farbtupfer, Kräuter, Gehölze, Beerensträucher und Wildblumen.

 

📌 Empfohlene Pflanzen:

Kräuter: Thymian, Minze, Lavendel, Ysop

Sträucher: Schlehe, Berberitze, Holunder, Kornelkirsche

Kletterer & Wildnis: Efeu, Brennnesseln

 

Ein besonderer Tipp:

Totholz nicht aufräumen! „Was für uns unordentlich aussieht, tut für Insekten und Vögel gut."

 

Nisthilfen, LBV-Archiv
Nisthilfen, LBV-Archiv

 

3. Nisthilfen – aber richtig!

 

Nisthilfen sind eine hervorragende Möglichkeit, Tieren aktiv Unterschlupf zu bieten – aber sie müssen zum Standort und zur Art passen. Marschner erklärte, welche Vogelarten welche Kästen bevorzugen, wie man Igel anlockt und was zu tun ist, wenn sich niemand blicken lässt: Geduld haben! Auch ein scheinbar leeres Haus kann bald bewohnt sein.

 

 

 

 

 

 

 

Die Benjeshecke: Ein Leben lang Geduld

Besonders eindrucksvoll war Marschners Schilderung der Benjeshecke – einer Totholzhecke, die mit der Zeit ein eigener Mikrokosmos wird.

„Es dauert ein ganzes Leben, bis sie richtig lebendig wird. Man braucht Geduld, Arbeit und darf nicht erwarten, dass es wie im Hochglanz-Magazin aussieht.“

Was Natur stört: Die Gegner des Naturgartens

Neben vielen Tipps gab es auch eine klare Liste von No-Gos:

  • Rasenmähroboter
  • Laubbläser & -sauger
  • Pestizide & Kunstdünger
  • Grelle Beleuchtung
  • Torferde
  • Weitläufige Versiegelung
  • Katzen ohne Aufsicht
Foto: Vortragsrednerin Cordula Marschner, Svitlana Kviatkivska
Foto: Vortragsrednerin Cordula Marschner, Svitlana Kviatkivska

Der wichtigste Rat: Finden Sie Ihren eigenen Weg

„Jede Familie muss ihren eigenen Weg finden“, sagte Marschner zum Abschluss. „Hier ist Platz zum Spielen, da wächst die Natur. Man muss sich entscheiden: Will ich ein Magazinbild – oder Leben im Garten?“

 

Die ermutigendste Botschaft des Abends:

„Oft muss man gar nicht viel im Garten ändern – kleine Veränderungen können Großes bewirken.“

 

 

(Text: Svitlana Kviatkivska)

 

 

Buchempfehlungen:

Haft, Jan: Die Wiese - Lockruf in eine geheimnisvolle Welt, Penguin Verlag, 2019

Völker, Ingrid: Anlage und Pflege naturnaher Grünflächen - Praxisleitfaden, 2021

Worm, Ralf: Wiesenfibel, Landschaftserhaltungsverband Ostalbkreis, 2019

Witt, Reinhard: Nachhaltige Pflanzungen und Ansaaten, Naturgartenverlag, 2020