Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Interaktion zwischen Pflanzen und Insekten

30.01.2025

Wer schon immer wissen wollte, welche ausgeklügelten Strategien Wildbiene und Co. entwickelt haben und welche Wechselwirkungen mit den Pflanzen stattfinden, war bei diesem Vortrag von PD Dr. habil. Andreas Fleischmann (Botanische Staatssammlung München) genau richtig.

 

Unerwartet viele Interessierte waren unserer Einladung nach Stegen gefolgt, so dass zunächst für Nachschub an Stühlen gesorgt werden musste. Aber alle über 40 Interessierten fanden schließlich einen Platz und warteten mit den weiteren knapp 40 Personen online gespannt auf den Vortrag.

 

Die Begrüßung erfolgte durch den Leiter der Geschäftsstelle, Claudius Birke, der den Referenten Andreas Fleischmann als leidenschaftlichen Botaniker und herausragenden Wissenschaftler auf seinem Gebiet willkommen hieß. Kürzlich mit der Bayerischen Umweltmedaille ausgezeichnet, bringt Andreas Fleischmann sein wertvolles Fachwissen in den Umweltschutz ein, weshalb wir ihn unbedingt für diesen Vortrag gewinnen wollten. 

 

„Von vielen Insekten wissen wir leider kaum etwas über ihre Nahrung. Erst wenn eine bestimmte Pflanze verschwindet, bemerken wir das“. Mit diesen Worten eröffnete Herr Fleischmann seinen Vortrag und berichtete, dass er sich schon seit seiner Kindheit für Botanik interessiere.

 

Es begann noch recht einfach mit der Königskerze, die zwei verschiedene Bestäuber hat. Morgens die Hummel und ab 10 Uhr die Wildbiene. Im weiteren Verlauf erfahren wir aber, dass sich Pflanzen die unterschiedlichsten Tricks für eine erfolgreiche Bestäubung einfallen lassen.

 

Manipulation durch Farben

 

Eine bunte Blumenwiese sendet eine klare Botschaft an die Insekten: Die Pflanzen wollen bestäubt werden. Die Farbenvielfalt manipuliert die Insekten regelrecht und lädt sie mit unterschiedlichen Menüs und Formen ein.

So wechselt das Lungenkraut seine Farbe von zunächst rot zu blau. Die verblühten Blüten bleiben jedoch an der Pflanze, um eine bessere Fernwirkung zu erzielen. Diese Fernwirkung nutzt auch die Kastanie. Hier kommen gleich drei Farben ins Spiel: Gelb, Orange und Rot.

 

Hotel Glockenblume

 

Die männlichen Wildbienen verbringen die Nächte auf Blüten (sie dürfen leider nicht zu den Weibchen  ins Nest) und Glockenblumen haben sich darauf spezialisiert. Sind so genannte Schlafblumen, denn die Blüten klappen nachts zu. Durch das Tragen des Pollens an die jeweiligen Schlafplätze sind Wildbienen also hervorragende Bestäuber.

 

Vom Koffein-Junkie zum Diabetiker

 

Schmetterlingsblütler mischen ihrem Nektar Koffein bei und setzen die Bestäuber damit quasi unter Drogen; die Biene wird zum Junkie. Diese extrafloralen Nektarien sind beispielsweise auch bei der Kirschblüte zu finden, dort profitieren Ameisen die süße Belohnung. Auch bei der Zaun-Wicke finden sich solche Blatt-Nektarien, die wiederum Koffein produzieren. Eine der manipulativsten Pflanzen für dieses Vorgehen ist jedoch die Akazie. Sie verhindert zudem die Entwicklung eines bestimmten Enzyms bei erwachsenen Ameisen, macht sie zu Diabetikern und bietet in ihrem Nektar die entsprechende Medizin an.

  

Festlegung von Öffnungszeiten

 

Die Wegwarte besitzt eine Blühuhr. Die Blüte öffnet sich sehr früh und schließt sich langsam bereits gegen Mittag, spätestens jedoch um 14 Uhr. Die Bestäubung funktioniert nur dank der einzigartigen Farbe (strahlend hellblau bis violett). Aufgrund dieser Farbe merken sich die Insekten die „Öffnungszeiten“, denn wenn sie später kommen, gibt es nichts mehr zu holen. Auf diese Weise werden die Blüten sehr schnell und früh bestäubt.

 

Größte Trickser im Pflanzenreich

 

Besonders hinterhältig sind die Orchideen mit ihren bis zu 20.000 Arten, denn sie zieht Bestäuber durch Betrug an. So hat das Knabenkraut einen Sporn, in dem sich gar kein Nektar befindet. Sind unerfahrene Hummeln unterwegs, klappt die Bestäubung hervorragend – sie werden getäuscht. Das Brandknabenkraut lässt sich die Futterhaare abnagen, wodurch die Pollenpakete an den Hinterleib geklebt werden.

 

Weil die männlichen Sandbienen 1-2 Wochen vor den Weiblichen schlüpfen, versuchen diese natürlich sich sofort zu paaren. Der Frauenschuh nützt dies gnadenlos aus: denn die Blüten des Frauenschuh riechen wie die Weibchen, Männchen fallen darauf rein und bestäuben unwissentlich.

 

Noch weiter auf die Spitze treibt es die Ragwurz, sie bildet Insekten nach. Männchen der  Langhornbiene versuchen sich mit dem falschen Weibchen zu paaren, dadurch bekommt die Biene die Pollen auf den Kopf geklebt.  

 

Zum Ende des Vortrages betont Herr Fleischmann, dass eine Neuausrichtung der Agrarpolitik für die Biodiversität unerlässlich sei. Anstelle der Flächenprämie sollten naturbelassene Ackerrandstreifen und Naturhecken stärker belohnt werden. 80 cm Ackerrandstreifen würden völlig ausreichen. Denn: gab es in den 60er Jahren noch zwei Millionen Bienenvölker, sind es heute nur noch eine Million.

 

Aber: es gibt es auch Gewinner des Klimawandels. Die Blattschneiderbiene profitiert von der zunehmenden Wärme.

 

Nach einer Fragerunde endete der Vortrag mit reichlich Applaus und positiven Rückmeldungen aus dem Chat. Wir bedanken uns ganz herzlich bei Herrn Fleischmann für diesen unglaublich spannenden Vortrag.

 

Wir bedanken uns außerdem bei der Groundlift Media GmbH für den Service in den Räumlichkeiten und die Bereitstellung der Technik.

 

Eine kürzere Zusammenfassung des Vortrags war leider nicht möglich. Denn die Vielfalt an Beispielen mit hohem Unterhaltungsfaktor möchten wir den Interessierten auch im Nachhinein durch diesen Bericht nicht vorenthalten.

 

Text: Katharina Roppert-Engert

Bildmaterial: Klaus Gottschaldt, Katharina Roppert-Engert