Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Insektenschutz in der Stadt

16.11.2022

Welchen Einfluss hat die nächtliche Beleuchtung auf den Organismus der Insekten? Wie können Grünflächen in den Städten und Gemeinden insektenfreundlich gestaltet werden? Diesen Fragen ging Dr. Gunnar Brehm aus der Uni Jena am 16. November im Rahmen eines Zoom-Meetings nach, den die LBV Kreisgruppen Starnberg und Ingolstadt gemeinsam anboten.

 

Dass das Insektensterben schon seit geraumer Zeit ein aktuelles Thema ist, zeigt eine Untersuchung aus dem Jahr 2017. „Mehr als 75 % Rückgang der gesamten Biomasse von Fluginsekten in Schutzgebieten über 27 Jahre“ lautete damals die Aussage. Mit dieser Folie startete der Vortrag, in dem Dr. Brehm auf zwei Schwerpunkte einging. Die Lichtverschmutzung und Gestaltung der Grünflächen.

Lichtfang in Peru auf 1000 m Höhe – Dr. Gunnar Brehm
Lichtfang in Peru auf 1000 m Höhe – Dr. Gunnar Brehm

Nachtaktive Insekten werden bekanntlich vom Licht angelockt. Anhand der unter Insektenkundlern üblichen Nachtbeobachtung am Licht, dem „Lichtfang“, lässt sich dies sehr gut verdeutlichen.

Insektenaugen haben eine andere spektrale Empfindlichkeit als menschliche. Sie reagieren sehr viel stärker auf kurzwelliges Licht. Blaues und UV-Licht locken Insekten besonders stark an.  Warum ist das so? Eine gängige Theorie geht von der Fehlleitung der eigentlich am Licht von Mond und Sternen ausgerichteten Orientierung aus. Aber genau weiß man es noch nicht.

Der frühere Standard der Straßenbeleuchtung – die Natriumdampf-Hochdrucklampe mit ihrem orange-gelben Licht – hat inzwischen leider ausgedient. Es gibt durchaus auch moderne, sparsame, insektenfreundlich bernsteinfarbige LED-Lampen. Trotzdem sind bei modernen Straßenlaternen oft kalte, bläuliche Farben zu finden. Vielleicht ist die Problematik vielen Planern einfach noch nicht bewusst.

 

Von der Lichtfarbe abgesehen wäre es am besten, überhaupt weniger zu beleuchten. Aber Licht wird immer billiger und jährlich wird es auf der Welt um 2 % heller. Die Lichtverschmutzung stellt inzwischen ein Problem für ganz unterschiedliche Bereiche dar. So beklagen sich Astronomen seit Langem über die Lichtverschmutzung, der Blick auf die Gestirne ist so gut wie gar nicht mehr möglich. Künstliches Licht kann auch unseren Melatoninhaushalt durcheinanderbringen. Sie unterdrückt unser „Dunkelhormon“, was unseren Schlaf und letztlich unsere Gesundheit beeinträchtigt.

 

Was also tun?

  • Licht nur nach unten, keine Himmelstrahler verwenden
  • Warmes Licht mit wenig Blauanteil bevorzugen
  • Überflüssiges Licht abschalten
  • Licht behandeln wie Lärm und Abgase

 


Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling. (Foto: Klaus Gottschaldt)
Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling. (Foto: Klaus Gottschaldt)

Wildere Grünflächen? Nicht jedermanns Geschmack, aber ökologisch gut

Den zweiten Teil des Vortrages begann Dr. Brehm mit einem traurigen Beispiel: der helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (P. teleius) wurde in den letzten Jahren um Jena nicht mehr gefunden und ist vermutlich ausgestorben. Im Landkreis Starnberg kann der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling noch beobachtet werden und hat sogar den Biberstau auf unserer Pflegefläche Zeitlerwiesen überlebt.

 

Dagegen breiten sich invasive Pflanzenarten immer mehr aus. Nennenswert ist um Jena vor allem die Zackenschote. Im Landkreis Starnberg sind andere Arten problematisch, z.B. die Goldrute.

 

Insektenschutz ist eigentlich ganz einfach


Blühflächen sind zwar gut gemeint, helfen vielen Insektenarten aber oft nur wenig. Grünflächen sind immer auch Lebensraum. Wichtiger als der Nektar der Blüten sind Entwicklungshabitate mit Futterpflanzen für die Larven. An heimischen Pflanzen lebt eine Vielzahl darauf spezialisierter Arten – viel mehr als an den in Blühmischungen oft zu findenden, nicht-heimischen Blumen. Ideal ist regionales Saatgut.
Es kommt jährlich eine Vielzahl an Neophyten nach Deutschland.  Davon können sich zwar die meisten nicht etablieren, aber einige wenige breiten sich auf Kosten der heimischen Flora und Fauna aggressiv aus.  Goldrute und Zackenschote sind solche invasiven Neophyten. Die entsprechende Anpassung von Gartenplanungen, die Verwendung von mageren Erdstoffen und die richtige Mahd können schon viel bewirken.

(Foto: Dr. Gunnar Brehm)
(Foto: Dr. Gunnar Brehm)

Ohne richtige Mahd kann es nicht funktionieren.

 

Oft sind die stehen gelassenen Inseln zu klein, es wird zu oft und viel zu kurz gemäht. 15% bis 20% der Mahd sollten immer stehen gelassen werden und durchgehend 8 cm Höhe bei der Mahd sind eine gute Richtlinie.

 

Biotope müssen nicht auf Schutzgebiete beschränkt sein. Im Siedlungsbereich und in Gärten sind wilde Ecken oft sogar leichter zu etablieren als im ausgeräumten, intensiv landwirtschaftlich genutzten Raum.  Die Natur profitiert von der Vielzahl auch kleinerer Lebensräume. Jeder Quadratmeter mit beispielsweise Thymian, Labkraut und Natternkopf hilft.

Schachbrett (Dr. Gunnar Brehm)
Schachbrett (Dr. Gunnar Brehm)

Auf den Boden kommt es an.

 

Mutterboden ist zwar nährstoffreich, deshalb aber artenarm und bedeutet einen hohen Arbeitsaufwand. Magerboden – bestehend aus viel Kies, Sand und wenig organischen Material - hingegen zeichnet sich durch Artenreichtum aus. Geringeres Pflanzenwachstum bedeutet weniger Arbeit. Es entsteht eine win-win-Situation.

Nicht selten werden Gartenplaner mit den ausgefallensten Wünschen konfrontiert. Angefangen von exotischen Pflanzen bis hin zur künstlichen Verbauung und Steinkulturen. Abgesehen davon, dass diese Art der Gestaltung extrem teuer ist, wird auch potenziell wertvoller Lebensraum verschwendet.

Zu guter Letzt: wo beispielsweise Schachbretter zu finden sind, hat man schon Vieles richtig gemacht.

(Text: Katharina Roppert-Engert)

Weitere Informationen:

  • Im Praxishandbuch für Bauhöfe  vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz sind diese und weitere Hinweise für eine insektenfreundliche Bewirtschaftung von Grünflächen genauer beschrieben.
  • Der Leitfaden zur Eindämmung der Lichtverschmutzung  ist eine Handlungsempfehlung für Kommunen, herausgegeben vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz.