Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Gefährdete Tagfalter im lichten Wald

13.10.2021

Am 13.10.2021 konnte der LBV Starnberg zum ersten Mal seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie wieder zu einem Vortrag in den Gasthof „Il Plonner“ einladen. Die gleichzeitige Online-Übertragung ermöglichte auch weiter entfernt wohnenden Interessenten die Teilnahme und über 80% der Zuhörer entschieden sich dafür.

 

Mit Tagfaltern werden meist bunte Blumenwiesen verbunden. Es gibt jedoch einige Arten, die an lichte Wald-Lebensräume angepasst sind. Das Wald-Wiesenvögelchen (Coenonympha hero, siehe auch unsere Seite zu den Wiesenvögelchen) und der Gelbringfalter (Lopinga achine) sind prominente Vertreter dieser Gilde. Beide sind hochgradig gefährdet und genießen europäischen Schutzstatus (Anhang IV der FFH-Richtlinie).

 

Unser Mitglied Dr. Matthias Dolek, bayernweit anerkannter Tagfalterexperte, beschrieb am Beispiel ihrer Ansprüche vom Ei bis zum Falter die Charakteristika solcher „Schmetterlingswälder“, sowie mögliche Maßnahmen zur Verbesserung und Entwicklung entsprechender Habitate. Schließlich wurde das bayerische Förderprogramm „VNP Wald“ vorgestellt, das verschiedene Optionen zur Förderung lichter Waldstrukturen bereithält.

 

Habitatansprüche von Coenonympha hero (Grafik: M. Dolek)
Habitatansprüche von Coenonympha hero (Grafik: M. Dolek)

 

Beispiel Wald-Wiesenvögelchen

 

Das Wald-Wiesenvögelchen ist in weiten Teilen seines ursprünglichen Verbreitungsgebietes in Deutschland bereits ausgestorben und kommt heute nur noch in den beiden südlichsten Bundesländern vor. In Bayern hat es einen Verbreitungsschwerpunkt im Ammer-Loisach-Hügelland (incl. 5-Seen-Land), wodurch uns eine besondere Verantwortung für den Erhalt dieser stark gefährdeten Art zukommt. Auf den ersten Blick ist das Wald-Wiesenvögelchen nicht besonders wählerisch. Es fliegt in Wäldern, an Waldrändern, im Randbereich von Mooren, auf Brennen, Grasfluren, Auwaldwiesen … überall, wo es sonnig und gleichzeitig nicht zu trocken ist. Auch an Futter für die Raupen mangelt es nicht: sie fressen an verschiedenen Süß- und Sauergräsern.

Gestaltung von Waldrändern und Lichtwald, damit diese – bei genügend Wärme und Feuchte- als Lebensraum für das Wald-Wiesenvögelchen und andere Lichtwaldarten taugen (Grafik: M. Dolek)
Gestaltung von Waldrändern und Lichtwald, damit diese – bei genügend Wärme und Feuchte- als Lebensraum für das Wald-Wiesenvögelchen und andere Lichtwaldarten taugen (Grafik: M. Dolek)

 

Schwer zu finden sind dagegen kleinklimatische Bedingungen, welche den Jungraupen das Überleben ermöglichen. Die Weibchen suchen zur Eiablage Bodenkontakt in Vegetationslücken oder innerhalb schütter bewachsener Bereiche. Es muss Streu vorhanden sein (15 – 40% Deckung), aber nicht zu dicht. Weiterhin sind die Eiablagestellen meist gut besonnt und nah an Gehölzen; wobei letzteres daran liegen kann, dass an den Fundorten überall Gehölze nahe sind.

 

 

 

Geeignete Lebensbedingungen findet das Wald-Wiesenvögelchen in stark verzahnten Übergangsbereichen zwischen Wald und Offenland. Diese werden in unserer ausgeräumten Landschaft leider immer seltener geduldet, was nicht nur dem Wald-Wiesenvögelchen den Lebensraum nimmt (siehe auch unseren Artikel zu Espen und Glasflüglern). Deshalb kommt es zum einen auf die richtige Ausgestaltung von Waldrändern und Waldwegen an. Zum anderen muss dieser Lebensraum auch in die Fläche gebracht werden: Lichtwaldgestaltung.

Lebensraum des Gelbringfalters (Grafik: M. Dolek)
Lebensraum des Gelbringfalters (Grafik: M. Dolek)

 

Beispiel Gelbringfalter

 

Die zweite beispielhaft vorgestellte Art, der Gelbringfalter, kam früher im Landkreis Starnberg vor, ist aktuell aber nur aus den Nachbarlandkreisen (außer FFB) bekannt. Sie lebt in lichten Wäldern mit ca. 40% Oberholzdeckung, die eine Strauch- und Jungbaumschicht enthalten. Wichtig ist das Vorhandensein einer speziellen Grasschicht: mäßig mager, dicht. Nährstoffreichtum –angezeigt z.B. durch viele Disteln und Brombeeren- ist ungünstig. Für einen Waldstandort muss es relativ warm sein, mit mittlerer Boden- und sehr hoher Luftfeuchte.

 

VNP Wald

 

Der Lebensraum unterscheidet sich also im Detail von Art zu Art. Wichtig sind aber immer wieder Nährstoffarmut, Strukturreichtum, Lichtigkeit und Besonnung. Prozesse, die diese Bedingungen herstellen, werden in der Regel in unserer intensiv genutzten Landschaft nicht mehr geduldet. Daher muss die Dynamik durch die Waldnutzung geschaffen werden.

 

 

 

 

Die Waldbewirtschaftung nach Naturschutz-Vorgaben wird in Bayern durch das Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) Wald gefördert (BayMBl. 2021 Nr. 88). Es unterstützt unter anderem den Erhalt und die Wiederherstellung von Nieder- und Mittelwäldern (Stockausschlagwälder), sowie Nutzungsverzicht und Schaffung lichter Waldstrukturen.

 

Mittelwald-Nutzung war historisch weit verbreitet. Dabei sind durch die jährlichen Stockhiebe immer Lebensräume verschiedener Sukzessionsstadien vorhanden, es sind Großflächigkeit und Biotopverbund möglich. Andererseits muss man sich auf eine aktuell unübliche Nutzungsform einlassen, die überwiegend Energie- und wenig Stammholz abwirft. Die Instrumente zur Förderung der Lichtwaldarten und das VNP Wald sind vielfach erprobt, teilweise jedoch zu wenig bekannt. Für eine Förderung von Stockausschlagwäldern wird ein forstfachliches Konzept bzw. ein Forstbetriebsgutachten oder ein Forstwirtschaftsplan, für die Förderung im Rahmen des Modus „Nutzungsverzicht und Schaffung lichter Waldstrukturen“ muss die naturschutzfachliche Notwendigkeit durch ein naturschutzfachliches Konzept oder einen Natura 2000-Managementplan belegt werden. Die notwendige Beseitigung der Gehölze wird individuell angepasst.

 

Dazu beraten die Unteren Naturschutzbehörden (UNB) und die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF). Beide arbeiten zusammen: die UNB prüft fachlich und bewilligt das Geld, das AELF kümmert sich um die Antragstellung und den Vollzug.

 

Fazit:

 

Die Abwesenheit von Bäumen kann zu wertvolleren Wald-Lebensräumen führen. Die Waldbewirtschaftung nach Naturschutz-Vorgaben kann sich auch finanziell lohnen. Interessierte Waldbesitzer wenden sich bitte an die UNB oder das AELF.

 

(Text: K. Gottschaldt)