Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Fledermaus im Haus?

Großes Mausohr (By C. Robiller / Naturlichter.de (Own work) [CC-BY-SA-3.0-de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons
Großes Mausohr (By C. Robiller / Naturlichter.de (Own work) [CC-BY-SA-3.0-de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons

Seit Urzeiten schon sind Fledermäuse Teil der heimischen Tierwelt. Bereits vor rund 60 Millionen Jahren, also kurz nach dem Aussterben der letzten Dinosaurier, eroberten sie als einzige Säugetiere aktiv den Luftraum.

Sie fliegen mit den Händen und obwohl sie nicht blind sind, orientieren sie sich mit den Ohren. In vollkommener Dunkelheit loten sie mittels Echoortung in dem für uns meist unhörbaren Ultraschallbereich ihre Umgebung aus und können dadurch sowohl Hindernisse ausmachen als auch Beutetiere entdecken. Unsere heimischen Fledermäuse (24 Arten wurde bisher in Bayern nachgewiesen) sind hochinteressante, nützliche Insektenvertilger (Eine einzelne Wasserfledermaus frisst im Laufe eines Sommers etwa 60.000 Mücken und eine Kolonie Großer Mausohren kann pro Nacht bis zu 5 kg Insekten den Garaus machen!)

Bei näherem Kennenlernen stellen wir fest, dass sie bewundernswerte, ja liebenswerte und völlig harmlose Geschöpfe sind.

 

Großer Abendsegler (By Mnolf (Photo taken in Rum, Austria) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/) ], via Wikimedia Commons )
Großer Abendsegler (By Mnolf (Photo taken in Rum, Austria) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/) ], via Wikimedia Commons )

In Mitteleuropa spielt sich der Jahresablauf der Fledermäuse folgendermaßen ab: 

 

Winter: Etwa von November bis März; Winterschlaf, z. B. in Höhlen und Kellern. Körpertemperatur und Stoffwechsel der Fledermäuse sind stark reduziert. Während des Winterschlafes hängen die Tiere ununterbrochen sechs Monate in ihrem Versteck. Die Körpertemperatur sinkt von 40 Grad Celsius C auf 4 Grad Celsius. Die Tiere leben ohne Nahrung, nur von ihren Fettreserven. Alle Störungen der Winterquartiere (z. B. in Höhlen oder Stollen) sind zu vermeiden, da ein plötzliches Erwachen der Tiere sie sehr viel Energie kostet!

 

 

Frühjahr: Wanderung zu den Sommerquartieren, z. B. Dachböden oder Baumhöhlen.

 Im Frühsommer sammeln sich die Fledermausweibchen in Gruppen, in den sog. "Wochenstuben" (z. B. hinter der Holzverkleidung eines Hauses) und bringen dort im Juni jeweils ein oder zwei Jungen zur Welt. Diese werden von der Mutter mit Milch ernährt - Fledermäuse sind Säugetiere!  

 

Sommer: Juni/Juli; Jungenaufzucht. Nach sieben Wochen sind die Jungtiere flugfähig, aber erst Ende August selbständig. Die Wochenstuben müssen von Juni bis August völlig in Ruhe gelassen werden, weil die Mütter mit den kleinen Jungtieren sehr störungsempfindlich sind. Es besteht die Gefahr, dass sie ihre Jungen verlieren oder aufgeben.

 

Spätsommer und Herbst: Paarungszeit. Die Weibchen verlassen die Wochenstuben und treffen die Männchen in Paarungsquartieren. Die Fledermäuse erkunden die Winterquartiere und legen sich Fettreserven an. Ab Oktober suchen sie kühle, feuchte nischen- und spaltenreiche, vor allem frostsichere Winterquartiere auf, wie z. B. Höhlen oder verlassene Stollen. Sehr kälteempfindliche Arten wandern oft über 1.000 km weit.

 

Wasserfledermaus (By Guido Gerding [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons
Wasserfledermaus (By Guido Gerding [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

Jetzt im Sommer  hängen tagüber die Tiere reglos in ihrem Unterschlupf, z. B. Dachsparren, Kirchtürmen, Baumhöhlen oder hinter Holzverkleidungen von Außenwänden (hier reicht ein Schlitz von 1 cm bis 5 cm, je nach Art, als Einflugloch). Kotspuren, ähnlich Mäusekot,  sind oft die einzigen Anzeichen für die Anwesenheit von Fledermäusen.

In der Dämmerung erwachen die Tiere, flattern lautlos aus ihrem Unterschlupf und gehen auf Beutefang. Unsere Feldermäuse ernähren sich von Insekten (Motten, Spinnen, Käfer, Stechmücken), die aus der Luft ergriffen, von Blättern abgelesen, auf dem Erdboden erbeutet oder von der Wasseroberfläche aufgesammelt werden. Sie jagen in der Dämmerung und in der Nacht, da sie in dieser Zeit fast keine Feinde oder Nahrungskonkurrenten haben. Dementsprechend kann man Fledermäuse abends oder nachts überall dort beobachten, wo ihnen ein reiches Angebot an Insektennahrung geboten wird;  im Wald, an Hecken und Baumreihen, über blütenreichen Wiesen oder über Gewässern, aber auch in Kuhställen, Parks und den Straßenschluchten der Städte.

Fliegende Fledermäuse zu bestimmen ist meist sehr schwierig, zumal es zur Flugzeit in der Regel dunkel ist. Manche Arten machen es uns aber einfach: sie sind entweder relativ groß und beginnen schon am frühen Abend mit der Jagd, wie der Große Abendsegler und die Breitflügelfledermaus. Andere Arten zeigen ein charakteristisches Verhalten: Im Licht der Straßenlaternen können wir beispielsweise Zwergfledermäuse bei der Jagd beobachten. Leuchtet man abends mit einer starken Taschenlampe flach über Teiche oder ruhig fließende Bereiche von Flüssen, fällt das helle Bauchfell jagender Wasserfledermäuse im Lichtkegel auf.

 

Zwergfledermaus (By Drahkrub (Own work) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) ], via Wikimedia Commons
Zwergfledermaus (By Drahkrub (Own work) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) ], via Wikimedia Commons

Ab Anfang August verlassen junge Fledermäuse ihre Kinderstube um sich ein eigenes Quartier zu suchen. Dabei können sie sich schon mal verirren und landen in Wohnungen oder Büroräumen. Dies kommt oft bei jungen Zwergfledermäusen vor, aber auch bei anderen Arten. Wenn solche kleinen Gesellen eines Tages zwischen den Gardinen oder am Bilderrahmen in ihrer Wohnung hängen, besteht aber kein Grund zur Panik! Am einfachsten öffnen Sie am nächsten Abend die Fenster, so dass die harmlosen „Hausbesetzer“ wieder ausziehen können.

Wenn Sie eine hilflose Fledermaus finden, sollten Sie versuchen, diese sobald wie möglich – also am nächsten Abend – wieder in die Freiheit zu entlassen. Fledermäuse sind keine Haustiere! Sie können beißen und tun dies auch in für sie ungewohnten Situationen. Daher ist es wichtig, Fundtiere nur mit Handschuhen anzufassen oder mit Hilfe eines Tuches aufzunehmen. Jungtiere sollte man in die Kolonie zurücksetzen oder abends in einer offenen, flachen Schachtel katzensicher auf eine Fensterbank stellen, damit die Mutter ihren kleinen Ausreißer wieder abholen kann.

Hilfreich kann es für geschwächte Tiere sein, wenn sie Wasser trinken können. Hierzu genügt es, mit einer Pipette oder einem Teelöffel die Schnauze vorsichtig zu benässen, durstige Tiere lecken dann etwas Wasser auf.

 

Bislang sind in Bayern trotz der Vielzahl gebäudebewohnender Fledermäuse keine Fälle bekannt geworden, in denen Krankheiten von den Tieren übertragen wurden. Grundsätzlich kommen jedoch alle wildlebenden Säugtiere als Träger und Überträger von Krankheiten wie z. B. Tollwut in Betracht. Wildlebende Fledermäuse meiden den Kontakt mit Menschen. Kritische Situationen können entstehen, wenn verletzte, verflogene, kranke oder geschwächte Tiere aufgefunden werden. In diesen Fällen sind folgende Regeln zu beachten:

  • Fledermäuse nicht ohne Grund anfassen
  • Muss ein Tier angefasst werden, dicke Handschuhen verwenden (größere Arten können durch dünne Handschuhe beißen)
  • Angaben über die Art des Kontaktes zu einer Fledermaus auf Verlässlichkeit prüfen (zum Beispiel Aussagen kleiner Kinder)
  • Experten über den Fledermausfund informieren
  • Wird man von einer Fledermaus gebissen, sollte die Wunde sofort und gründlich mit Wasser und Seife gewaschen und anschließend desinfiziert werden. Inwieweit ein Krankheitsrisiko besteht und eine Behandlung notwendig ist, muss mit einem Arzt besprochen werden. Das betreffende Tier sollte von Experten begutachtet werden.  

Alle heimischen Fledermausarten genießen einen strengen Schutz nach dem Bundesnaturschutzgesetz. Viele Fledermausarten sind gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht. Ursachen dafür sind sowohl die abnehmende Vielfalt der Landschaft, sowie der Verlust von Winterquartieren  und ungestörten Wochenstuben-Quartiere.

 

Wer unterwegs auf der Herreninsel im Chiemsee ist, sollte auf keinem Fall versäumen, die kleine, aber sehr lehrreiche Dauerausstellung über Fledermäuse im Lichthof des Königschlosses zu besuchen. Die Ausstellung wurde 2005 eröffnet und heißt "Insel der Fledermäuse"; tatsächlich kommen auf Herrenchiemsee mehr als zwei Drittel aller in Bayern bekannten Arten vor. Das Schloss beherbergt sogar die größte Kolonie der vom Aussterben bedrohten Kleinen Hufeisennase in ganz Bayern. Informationen über diese Ausstellung finden Sie hier.

 

Ansprechpartner bei Fragen zu Schutzmaßnahmen für Fledermäuse in den einzelnen Landkreisen Bayerns finden Sie auf folgender Seite. 

Einen kostenlosen Flyer "LBV-Info Fledermäuse" können Sie auf dieser Seite herunterladen.

 

Eine ausgezeichnete Seite über die Fledermäuse in Bayern mit Portraits aller Arten, den Rufen der Fledermäuse und vielen Informationen mehr findet man auf der Fledermaus-Website des Naturparks Bayerischer Wald. 

 

Über das Artenhilfsprogramm Fledermäuse können Sie sich  auf der Seite des Landesamtes für Umwelt  informieren.

 

 

(Text: Patrick Fantou)