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Insekten im Winter

Sterbende Nessel-Schnabeleule in Pfütze
Sterbende Nessel-Schnabeleule in Pfütze

 

 

Unser Winter ist kalt, grau und leblos? Nein, selbst im Winter tummeln sich das Leben und die Insekten, auch wenn viele Tiere den Wintereinbruch nicht überleben.

Wie können die Insekten unseren Winter überleben? Hierzu haben sie drei Strategien entwickelt. Erstens besteht die Möglichkeit in wärmere Gebiete abzuwandern.  Zweitens schaffen es andere Arten, hier zu bleiben und den Winter als fertige Insekten zu überstehen. Die dritte und häufigste Anpassung an den Winter ist wohl die Überwinterung als Ei, Puppe oder Larve.

 

Strategie 1: Abwandern in wärmere Gebiete

Ein Beispiel der in wärmere Gebiete ziehenden Insekten sind die sehr flugtüchtigen Wanderfalter, die unter anderem durch den Admiral, das Taubenschwänzchen und die Gammaeule vertreten werden. Bei den Wanderfaltern unterscheidet man grundsätzlich zwischen den Saisonwanderen 1. Ordnung und denen 2. Ordnung. Der Admiral zählt zu den Saisonwanderern 1. Ordnung, das heißt, der Falter vermehrt sich an seinem Winteraufenthaltsort, und manchmal ist es erst die nächste Generation, die zurück nach Deutschland fliegt.

 

Das zu den Schwärmern gehörende Taubenschwänzchen fällt im Sommer als ein vor den Blüten stehender „kleiner Kolibri“ auf. Im Frühjahr kommt es zu massiven Einflügen von in Süden geschlüpften Exemplaren. Der Wanderflug erreicht sogar den hohen Norden Europas.

 

Die Gammaeule kann man populationsbedingt sowohl zur 1. als auch zur 2. Ordnung zählen. Schmetterlinge der 2. Ordnung vermehren sich nur in ihrer Heimat, also in unserem Beispiel in Deutschland.

  

Bei ihrem Flug in wärmere Gebiete orientieren sich die Tiere am Erdmagnetfeld, an der Sonne und an Landmarken wie Bergen und Küsten. Das Ziel der Falter sind Regionen wie die Tropen und die Sahara in Afrika. Gelegentlich kommt es aber vor, dass einige Individuen den Winter in Deutschland verbringen und diesen auch bei milden Temperaturen überleben können.

Strategie 2: Überwintern als Vollinsekt

Neben den ziehenden Insekten gibt es aber auch Arten, die als ausgewachsene Tiere (Volltiere) überwintern.  Da die Tiere nun im Winter vor allem bei geschlossener Schneedecke Schwierigkeiten haben, an Nahrung zu kommen, haben sie verschiedene Strategien entwickelt, um den Winter als Volltiere zu überleben.

 

Schmetterlinge wie der Zitronenfalter, der Kleine Fuchs und das Tagpfauenauge, Käfer wie der Marienkäfer, die Florfliege und die Winterlibelle überwintern gut versteckt oder getarnt in einer Winterstarre an Gras- oder Schilfhalmen, an Bäumen, in Höhlen oder auch in Gebäuden.

 

Vor dieser Phase ist es für die Tiere wichtig, genügend Nährstoffe aufzunehmen, um den Winter zu überleben. Die Winterruhe hat den Vorteil, dass die Insekten sich schon zeitig im Frühjahr fortpflanzen können und die Larven somit genügend Zeit bekommen, sich zu entwickeln. An wärmeren Tagen kann es sein, dass manche Tiere ihre Winterstarre lösen, um sich auf Nahrungssuche zu begeben. Daher können wir an den ersten Vorfrühlingstagen bereits den ersten Schmetterlingen begegnen.

 

Im Winter kann man aber auch an kalten Tagen aktive Volltiere der Insekten finden. Wer schon einmal im Winter bei Schnee durch einen Wald gegangen ist, dem werden sicherlich dunkle Flecken am Boden aufgefallen sein. Bei näherem Hinsehen entpuppen sich diese dunklen Flächen als Springschwänze, genauer gesagt als Schneeflöhe, die sich zu Hauf auf der Schneedecke tummeln. Diese Tiere leben im Sommer fast ausschließlich unter dem Bodenstreu (Laub, Bodenpflanzen, lockere Erde etc.) und begeben sich im Winter auf der Wanderung nach neuen Lebensräumen an die Oberfläche. Da die Tiere in großer Masse auftreten (z.T. bis zu 10.000 Tiere pro Quadratmeter) ist die Fortbewegung auf dem glatten Schnee oder Eis einfacher als im Laub unter der Schneedecke.    

 

Ein anderes Insekt, das man im Winter häufiger beobachten kann, ist die Wintermücke. An sonnigen Wintertagen sieht man oft Mückenschwärme fliegen, die an die sommerlichen Stechmücken erinnern. Es gibt jedoch zwei gravierende Unterschiede zwischen diesen Mückengruppen. Während Stechmücken sich von menschlichem Blut ernähren, sind die Mundwerkzeuge der Wintermücken nicht dazu geeignet, menschliches Blut zu zapfen. Der zweite Unterschied ist die Beschaffenheit der Körperflüssigkeiten der Mücken. Steckmücken würden im Winter als Volltiere erfrieren, Wintermücken sind dagegen kälteresistent. Das liegt an einer glycerin-ähnlichen Substanz, die sich im Blut der Wintermücke befindet und als Frostschutzmittel dient. Die Wintermücke hat somit den Vorteil, dass sie den ganzen Winter über aktiv sein kann und keine längere Ruhephase eingehen muss.  

Überwinterung als Ei, Puppe oder Larve

Da nicht alle Insekten als Volltiere den Winter in Kältestarre verbringen, fortziehen oder winteraktiv sind, stellt sich die Frage, was mit den übrigen Insekten geschieht. Hält man die Augen offen, fallen mit etwas Glück einige Raupen und Larven auf, die sich auf der Suche nach Nahrung über den Schnee bewegen oder an Ästen, Gras- oder Schilfhalmen sitzen.

 

Ein bekanntes Beispiel für diese Raupen sind die der Grasglucke. Diese Tiere überwintern an Halmen und ernähren sich von Pflanzen wie dem Schilfrohr oder dem Pfeifengras, also Pflanzen, die man den ganzen Winter über finden kann.

 

Ähnlich verhält es sich mit der Larve der Feldgrille, die zur Nahrungssuche auch manchmal im Winter an der Erdoberfläche anzutreffen ist. Diese flügellosen Larven fressen sowohl pflanzliche, als auch tierische Stoffe und haben somit ein breites Nahrungsspektrum.

 

 

Selbst, wenn keine Tiere offen zu sehen sind, ist die Erde unter der Schneedecke doch voller Leben. In Erdhöhlen vergraben überwintern beispielsweise Maikäfer in Form von Eiern oder als Larven, den sogenannten Engerlingen, die den Winter über Kältestarre halten und sich in ihrem letzten Jahr als Larve (Das Larvenstadium bei Maikäfern dauert 3 bis 4 Jahre.) verpuppen und zu fertigen Käfern entwickeln.

 

Selbst zugefrorene Seen und Weiher sind bevölkert von Insekten. Viele Libellen (ausgenommen die Winterlibellen) überwintern als Larven im Wasser, um dann im Frühling an Schilfhalmen und Gräsern aus dem Wasser zu steigen und zu Libellen zu werden. Neben Libellenlarven sind unter anderem die Larven von Eintagsfliegen, Wasserkäfern und anderen Wasserinsekten zu finden. Wenn das Gewässer zufriert, begeben sich die Tiere in Kältestarre, sonst ernähren sie sich von kleinen  Wasserorganismen wie Kieselalgen, Pantoffeltierchen, Wasserflöhen, Hüpferlingen, Würmern oder auch von kleineren Insektenlarven.

 

Unser Winter ist also durchaus nicht öde und leblos. Die Insekten sind weiterhin vorhanden, leben  jedoch besser verborgen als in den wärmeren Jahreszeiten.

(Text und Fotos: Claudia und Wolfgang Höll)