Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Der Schwarzstorch (Ciconia nigra)

Schwarzstorch (Foto: Sebastian Ludwig)
Schwarzstorch (Foto: Sebastian Ludwig)

Der Schwarzstorch ist ein naher Verwandter des viel bekannteren Weißstorchs, lebt aber nicht wie dieser als Kulturfolger in der Nähe der Menschen, sondern ist ein seltener und scheuer, störungsempfindlicher Bewohner großer, aufgelockerter Laub- oder Mischwälder, die von Bächen oder Seen durchzogen sind. Mit einer Höhe von 1 m und einer Flügelspannweite von 1.9 m ist er etwas kleiner als der Weißstorch. Das Gefieder ist am Kopf, Hals, Rücken und den Flügeloberseiten schwarz mit metallischem oder grünlichem Schimmer, der Bauch bis in die Unterflügel, sowie die Unterschwanzdecken sind weiß, Beine, Schnabel und die Haut um die Augen und am Schnabelansatz im Prachtkleid leuchtend rot. Die Jungvögel sind matter gefärbt mit braungrauem Schnabel und Beinen.

 

Ab Mitte März kommt der Schwarzstorch bei uns in die Brutgebiete, der Hauptdurchzug Richtung Nordosten ist im April. Er ist ein Langstreckenzieher, für den es wie für den Weißstorch - allerdings nicht so ausschließlich - eine West- und eine Ost- Zugroute gibt. Die Westzieher fliegen über Spanien, Gibraltar und entlang der Atlantikküste nach Westafrika, die Ostroute führt über den Bosporus, den Mittleren Osten und das Niltal nach Ostafrika. Etwa 10 % der Westzieher fliegen direkt nach Süden über Italien, Tunesien und eine Oasenroute durch die Sahara. Die Zugscheide liegt quer durch Europa, in deren Bereich teilweise verpaarte Partner oder Jungvögel aus derselben Brut unterschiedliche Zugrouten wählen. Der Schwarzstorch gehört zu den Thermikseglern, die sich kreisend mit aufsteigenden Luftmassen in große Höhen tragen lassen und dann im Gleitflug langsam wieder absinken. Die dafür benötigte Thermik ist nur über Landflächen möglich. Er kann aber auch große Entfernungen im Schlagflug bewältigen und damit z. B. das Mittelmeer oder die Sahara, im asiatischen Teil des Verbreitungsgebietes sogar 8000 m hohe Gebirgszüge, überqueren. Während des Zuges können sich kleine Trupps bilden.

Schwarzstorch (Foto: Peter Witzan)
Schwarzstorch (Foto: Peter Witzan)

Das Männchen erscheint meistens zuerst im Brutgebiet und hält sich in der Nähe des Horstes aus dem Vorjahr auf. Dieser wird auf hohen, stabilen Bäumen, meistens Eichen, gebaut und jedes Jahr mit Ästen erweitert. Es kann vorkommen, dass der darunterliegende Baum irgendwann unter dem Gewicht des Nestes zusammenbricht. Als wendiger Flieger kann der Schwarzstorch trotz seiner großen Flügelspannweite durch das Geäst manövrieren. Neben den Baumbrütern gibt es auch Felsenbrüter. Wie oben erwähnt, werden als Brutgebiet große, wasserreiche Laub- oder Mischwälder gewählt. Im Gegensatz zu dem Weißstorch, ernährt sich der Schwarzstorch vor allem von Fischen, Amphibien und Larven, die er im flachen Wasser von Bächen oder Seeufern erbeutet. Zu seiner Nahrung gehören auch Wasserpflanzen. Unverdauliche Reste werden über Gewölle abgegeben. Die Nahrungshabitate können weit von dem Brutplatz entfernt liegen und werden meist vor Sonnenaufgang angeflogen.

 

Schwarzstorch mit Beute (Foto:  LBV-Archiv - Herbert Henderkes)
Schwarzstorch mit Beute (Foto: LBV-Archiv - Herbert Henderkes)

 

 

Etwa 2 Wochen nach dem Männchen kommt das Weibchen zu dem Brutstandort. Wegen der hohen Brutplatztreue, gibt es oft Wieder-Verpaarungen der Partner des Vorjahres. Der Horst wird durch eine Art Tanz auf dem Nest, bei dem die weißen Unterschwanzdecken gesträubt - das sogenannte Flaggen - und der Hals beim Schreiten charakteristisch hin- und her bewegt wird, gegen Artgenossen verteidigt. In dieser Phase können synchrone Balzflüge des Paares beobachtet werden. Die Schwarzstörche steigen dabei in große Höhen auf und lassen sich synchron sturzartig fallen oder kreisen bei gleichzeitigem Flaggen. Neben dem Storchen-typischen Schnabelklappern hat der Schwarzstorch ein breites Stimmrepertoire, die Duettflüge werden z. B. von einem Trillern begleitet.

 

 

 

Schwarzstorch (Foto: Antje Geigenberger)
Schwarzstorch (Foto: Antje Geigenberger)

Besonders am Beginn der Brutperiode ist der Schwarzstorch sehr empfindlich gegen Störungen. Ab Anfang April beginnt die Eiablage. Ein Gelege besteht aus 3 bis 5 Eiern, nach dem 2. Ei wird es bebrütet. Die Brutdauer beträgt 32 bis 36 Tage, wobei sich beide Partner abwechseln. Ab Anfang Mai schlüpfen die Küken. Diese werden etwa 70 Tage von beiden Elternvögeln gefüttert, bevor die Jungvögel das Nest verlassen. In den 2 folgenden Wochen kommen sie nachts noch an das Nest zurück. Die Jungstörche verlassen anschließend Ende Juli als erstes das Brutgebiet in Zugrichtung. Der Wegzug der Altvögel ist dann hauptsächlich im August.

 

Die Anzahl der europäischen Brutpaare wird auf 7000 bis 12000 geschätzt und entspricht etwa der Hälfte des Weltbestandes. Das Hauptvorkommen liegt im Nordosten von Deutschland mit jeweils über 1000 Brutpaaren in Polen und Weißrussland. In den letzten Jahren hat eine zunehmende West-Ausbreitung des Schwarzstorches stattgefunden, die aber möglicherweise mit einem Bestandsrückgang in den östlichen Gebieten einhergeht. Isolierte Vorkommen gibt es in Spanien, im asiatischen Raum, z.B. in Pakistan, aber auch in Südafrika.

 

Seit dem Orkan ‘'Wiebke” 1990 in Deutschland und der Schweiz, der zu großen Kahlschlägen durch Windwurf in den Wäldern geführt hat, gibt es in Deutschland Änderungen in der Forstwirtschaft. Diese ist von der Fichten-Monokultur zu Laub-Mischwäldern mit der Nutzung durch das Fällen einzelner Bäume, statt gesamter Flächen, übergegangen. Dadurch hat der Lebensraum in Deutschland für den Schwarzstorch zugenommen. Dementsprechend kann eine positive Bestandsentwicklung beobachtet werden, die auch konsequenten Schutzmaßnahmen, z. B. durch Fernhalten von Störungen an den Horststandorten, zu verdanken ist.

 

In Bayern zählt der Schwarzstorch zu den sehr seltenen Brutvögeln. Für den Zeitraum von 2005 bis 2009 gibt es nach dem Atlas der Brutvögel in Bayern (2012) eine Bestandsschätzung von 150 bis 160 Brutpaaren mit ebenfalls einem positiven Trend zur Erschließung neuer Brutgebiete. In dem Starnberger Seengebiet wird der Schwarzstorch vielfach auf dem Zug beobachtet und es werden mehrere Brutvorkommen vermutet. Der Weltbestand gilt als ungefährdet.

(Text: Ulrike Hars) 

 

weitere Vogelportraits