Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Die Heckenbraunelle (Prunella modularis)

Heckenbraunelle (Foto: Antje Geigenberger)
Heckenbraunelle (Foto: Antje Geigenberger)

Der Gesang der Heckenbraunelle ist bei uns schon sehr früh im Jahr zu hören, meist ab Anfang oder Mitte März. Dabei sitzt die Heckenbraunelle bevorzugt auf der Spitze einer freistehenden Fichte, teilweise mitten in Ortschaften. Während sie dort leicht zu beobachten ist, ist im Allgemeinen ihre auffälligste Eigenart ihre Unauffälligkeit. Diese besteht sowohl in ihrem Aussehen, als auch in ihrem Verhalten. Ihr Gefieder ist graubraun, sie hält sich hauptsächlich in dichter, nicht sehr hoher Vegetation auf und sucht sich ihre Nahrung meistens am Boden. Aufgrund ihres schnellen Weghuschens könnte man sie dort für eine Maus halten.

 

Die Heckenbraunelle hat eine Größe von etwa 14,5 cm. Kopf und Hals sind blaugrau, der Rücken, die Flügel und Flanken rotbraun gemustert mit feiner schwarzer Strichelung. Auch der Scheitel und die Wangen sind braun gezeichnet. Die Unterseite ist hellgrau. Sie hat einen dünnen, dunklen Schnabel. Männchen und Weibchen sind optisch nicht zu unterscheiden.

 

Ihr Vorkommen ist an dichtes Gebüsch und Unterbewuchs, sowie kleine, Sichtschutz bietende Bäume, besonders die Fichte, gebunden. Daher besiedelt sie Waldlichtungen mit nachwachsendem, halbhohen Strauch- und Baumbestand, vor allem mit kleinen bis mittelgroßen Nadelbäumen, Waldränder, Knicks, Gebüsch-durchzogene Schilfzonen, Auwälder, dicht bewachsene Gärten und Parks, aber auch Agrarlandschaften. Ihre höchste Bestandsdichte erreicht sie in jungen bis halbhohen Fichtenmonokulturen, sie kann aber auch in baumlosen Habitaten, z.B. in Raps- oder Maisfeldern brüten.  Teilweise ist eine Verstädterung zu beobachten. Im Gebirge besiedelt sie die Krummholzzone bis über 2000 m Höhe und ist daher in Gebieten anzutreffen, in denen auch die naheverwandte Alpenbraunelle vorkommt.

Heckenbraunelle (Foto: Antje Geigenberger)
Heckenbraunelle (Foto: Antje Geigenberger)

Die Heckenbraunelle ist ein Europäer, 95% des Weltbestandes kommen in Europa vor. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich dabei von Großbritannien bis zum Ural, südwärts bis Südfrankreich und in die Pyrenäen, nördlich bis Nord-Finnland und ostwärts über ganz Russland, sowie in den Nahen Osten. In Neuseeland wurde sie eingebürgert. Bei uns ist sie ein Standvogel oder Teilzieher, der in den Mittelmeerregionen oder Nordafrika überwintert, aber auch Durchzügler und Wintergast der nördlich und östlich gelegenen Brutpopulationen. Die Durchzügler ziehen meist tagsüber und bevorzugen für eine Rast bodennahe Vegetation.  Besonders im Herbst ist daher der scharfe, etwas metallische, meist 3-silbige Ruf `zieht-it-it` der Heckenbraunelle häufig aus Kohlfeldern zu hören. Wintergäste bleiben an der Nordseeküste oder in Süd-West-Deutschland.

Bereits Anfang März treffen die Teilzieher wieder in ihren Brutgebieten ein. Wie bei anderen Vogelarten, z.B. der Mönchsgrasmücke oder dem Trauerschnäpper, kommen die Männchen ein paar Tage vor den Weibchen an und legen ihre Reviere fest. Während der Brutsaison werden monogame Saisonehen geschlossen.

Aus Beringungsstudien in England und Südfinnland an Standpopulationen wurde jedoch eine sehr viel komplexere Sozialstruktur der Heckenbraunelle bekannt. Demnach besetzen Weibchen ihre eigenen Reviere und verteidigen diese gegen andere Weibchen. Das Revier eines Männchens wiederum überspannt das Revier eines Weibchens, kann sich aber auch mit denen mehrerer Weibchen überschneiden. Umgekehrt kann ein Weibchenrevier Teil der Reviere mehrerer Männchen sein. Dazu kommt, daß oft ein alpha-Männchen in einem Revier auch ein schwächeres beta-Männchen, meist einen Jungvogel aus dem Vorjahr, neben sich duldet. Diese beteiligen sich je nach Paarungserfolg an der Brutaufzucht. Aus der sich aus der daraus ergebenden Bigynie (2 Weibchen, 1 Männchen), kooperative Biyandrie (alpha- und beta-Männchen, 1 Weibchen) und Bigynandrie (mehrere Männchen und Weibchen) folgt, dass die Heckenbraunelle vor allem ein Einzelgänger ist. Inwieweit diese Erkenntnisse an Standpopulationen auch - oder zumindest teilweise - auf die ziehenden Heckenbraunellen zutreffen, ist bisher nicht geklärt.

Heckenbraunelle (Foto: Ursula Wiegand)
Heckenbraunelle (Foto: Ursula Wiegand)

Die Heckenbraunelle ernährt sich im Sommer hauptsächlich von tierischer Kost und in allen anderen Jahreszeiten von Planzensamen. Ihre Nahrung besteht dabei aus Spinnen, kleinen Schnecken, Ameisen, Käfern, Fliegen und kleinen Raupen, sowie Samen von Brennessel, Mohn, Ampfer, Vogelmiere, Gräsern und im Winter der Erle. Die Heckenbraunelle besucht auch Fütterungsstellen und sucht dort am Boden nach herunter gefallenen Körnern.

Der Gesang ist eine hohe, etwas auf- und absteigende Tonfolge, dessen Motiv öfter wiederholt wird. Die Klangfarbe ist der einiger Sequenzen aus dem Gesang von Rotkehlchen oder Zaunkönig ähnlich.

 

Nicht nur die Männchen, sondern auch die Weibchen singen, jedoch etwas kürzer. Die Heckenbraunelle trägt den Gesang - wie erwähnt - von der Spitze einer Fichte oder auch von niedrigeren Warten aus Sträuchern oder Bäumen vor.

 

Die komplexe Sozialstruktur erschwert eine genaue Bestandserfassung dieser Art. Zum einen, da sowohl die Männchen, als auch die Weibchen singen, zum anderen, weil Heckenbraunellen schnell und tief fliegend unvermittelt ihren Standort wechseln und damit durch ihren Gesang an einem anderen Standort ein weiteres Revier vortäuschen können. Häufig sind nahe beieinander zwei singende Heckenbraunellen zu hören, die vermutlich zu demselben Revier gehören. Ohne auffällige Beringung ist dabei schwer zu ermitteln, ob es sich um Männchen und Weibchen, alpha- und beta-Männchen, oder doch 2 Männchen an Reviergrenzen handelt.

Heckenbraunelle (Foto: Antje Geigenberger)
Heckenbraunelle (Foto: Antje Geigenberger)

Im April bauen die Weibchen innerhalb von etwa 5 Tagen ein relativ großes Nest in Form eines Napfes mit einem Durchmesser von 5 bis 6 cm. Außen besteht es aus Zweigen und wird dann vor allem aus Moos und Flechten geformt und mit Federn oder Tierhaaren ausgekleidet. Dieses befindet sich meist in Bodennähe oder bis zu 70 cm Höhe in halbhoher, dichter Vegetation, z.B. jungen Fichten.  Ein Gelege besteht meistens aus 5-6 Eiern, die auffallend türkisblau sind. Ein Erstgelege in Sträuchern vor dem Laubaustrieb wird daher häufig geplündert. Das Weibchen brütet etwa 11 bis 13 Tage und wird dabei nur ausnahmsweise von dem Männchen gefüttert. Je nach dem Stand der Verpaarung helfen ein oder mehr Männchen bei der Jungenaufzucht eines Weibchens oder füttert ein Männchen auch an ein oder zwei Nestern mit. Nach etwa 12 bis 14 Tagen sind die Jungen flügge, werden noch mehrere Tage außerhalb des Nestes von den Adulten gefüttert und 2 bis 3 Wochen weiter betreut.

 

Heckenbraunelle (Foto: Antje Geigenberger)
Heckenbraunelle (Foto: Antje Geigenberger)

Es gibt 2 oder sogar 3 Jahresbruten. Mitte Juni ist auf mit Gebüsch und Nadelbäumen bestandenen Waldlichtungen, z.B. im Forstenrieder Park, der Gesang der Heckenbraunelle neben der Mönchsgrasmücke die häufigste Vogelstimme. Im Juli lässt die Gesangsaktivität nach und die Brutzeit wird beendet. Die scharfen Rufe der Jungvögel, die dabei oft unauffällig im Dickicht sitzen, sind in der zweiten Julihälfte oder Anfang August gut in dem nun eher stillen Wald zu hören. Auch hierbei können die Rufe mit denen junger Rotkehlchen verwechselt werden.

 

Die Lebenserwartung der Heckenbraunelle beträgt anhand von Ringfunden bis zu 11 Jahre. Durch ihre Lebensweise am Boden fallen nach Untersuchungen in Großbritannien viele Heckenbraunellen Katzen zum Opfer. Auch kalte Winter können Standpopulationen erheblich reduzieren. Trotzdem ist in manchen Gebieten die Heckenbraunelle die häufigste Vogelart überhaupt. In Bayern wird ihr Bestand laut dem Atlas für Brutvögel in Bayern (2012) auf 140000 bis 390000 Brutpaare geschätzt und nimmt damit Rang 19 ein.

(Text: Ulrike Hars)

 

weitere Vogelportraits