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Rotmilan im Anflug - Erfahrungsbericht zum Monitoring häufiger Brutvögel

Rotmilan (Foto: Ursula Wiegand)
Rotmilan (Foto: Ursula Wiegand)

Elegant und majestätisch gleitet der Rotmilan Mitte März über eine Moorfläche südlich des Starnberger Sees. Ein beeindruckender Moment, der mir aber eigentlich zu früh im Jahr kommt. Doch dazu später mehr. Entscheidend an diesem Tag ist der Umstand, dass ich nicht nur zur Vogelbeobachtung draußen unterwegs bin, sondern im Rahmen des Monitorings häufiger Brutvögel (MhB) meine Probefläche kartiere.

 

Das macht einen großen Unterschied, da gelten ganz eigene Regeln. Das ist ein wenig so wie mit einer Fahrradtour und einem Radrennen. Auf der Tour kann ich spontan meine Strecke wählen und nach Lust und Laune verändern. Ich kann Pausen einlegen und starten, wann immer ich will. Geht bei einem Rennen natürlich nicht. Und auch bei der Kartierung sind Strecke und die Startzeit kurz vor Sonnenaufgang vorgegeben – allerdings mit dem schönen Unterschied zum Radrennen, dass ich nicht in Konkurrenz stehe zu anderen. Es ist vielmehr so, dass der Erfolg umso größer und wertvoller wird, je mehr ornithologisch begeisterte Menschen auf einer der mehr als 2600 Probeflächen in Deutschland “an den Start“ gehen. Einen Quadratkilometer ist so ein Gebiet groß.

Moorfläche bei  Sannimoor - Probefläche für das MhB (Foto:Tobias Laure)
Moorfläche bei Sannimoor - Probefläche für das MhB (Foto:Tobias Laure)

Zielarten? Jeder Vogel zählt

 

Doch zurück auf die Moorfläche, die neben Nadelwald, einem kleinen Dorf und Wiesen die Landschaft meiner Probefläche prägt. Viermal im Jahr gehe ich, ausgerüstet mit Fernglas, Karte, Stift und Bestimmungsbuch, innerhalb festgelegter Zeiträume eine drei Kilometer lange Route ab. Linienkartierung nennt man das. Kartiert werden alle vorkommenden Vogelarten, vom Wintergoldhähnchen über die Tannenmeise bis zum Mäusebussard. Häufig muss der Hörnachweis genügen und ich bekomme das Tier selbst gar nicht zu Gesicht. Trotzdem bin ich dreieinhalb Stunden unterwegs.

 

Zugegeben, meine Fläche ist kein Arten-Hotspot, spektakuläre Seltenheiten sind eher nicht zu erwarten. Faszinierend ist die Aufgabe trotzdem. Man wird über die Jahre zum Experten für “sein“ Gebiet. Ich weiß inzwischen genau, wo die Heckenbraunelle Jahr für Jahr singt, an welcher Stelle mit dem Baumpieper zu rechnen ist, an welchem Streckenpunkt normalerweise der Gimpel auftaucht. Da setzt sich ein richtiges Bild zusammen.

 

Neuntöter übersehen?

 

Und dann sind da natürlich die besonderen Beobachtungen, wenn man eine Art – oft erst nach Jahren – erstmals im Gebiet feststellt. Der Neuntöter zum Beispiel, der sich jahrelang erfolgreich vor mir “versteckt“ hatte, meine Probefläche aber vielleicht auch erst neu erobert hat. Die heimliche Waldschnepfe, die ich dann doch irgendwann entdeckt habe. Der Wespenbussard, der wohl nur auf der Durchreise war.

 

61 Arten sind in sechs Jahren bislang zusammengekommen, gut zwei Drittel davon konnte ich als Brutvögel melden. Und da wird’s jetzt ein wenig knifflig. In welchen der vier Kartierperioden zeigt sich der Vogel auf der Probefläche, welches Verhalten legt er an den Tag, wären überhaupt Brutplätze vorhanden? All‘ das fließt am Ende der Saison in die Auswertung ein. Man muss da bei den Arten gut unterscheiden. Die Misteldrossel etwa kann in allen vier Zeiträumen als Brutvogel gelten, der Fitis nur, wenn er in der letzten Periode ab Ende Mai festgestellt wird. Beim Rotmilan liegt nur der erste Zeitraum im März außerhalb der Brutsaison. Meine zu Beginn geschilderte Beobachtung mag also beeindruckend gewesen sein, relevant fürs Ergebnis war sie nicht.

Feldausrüstung für das MhB (Foto:Tobias Laure)
Feldausrüstung für das MhB (Foto:Tobias Laure)

Doch noch ein Reviernachweis

 

So ist das eben. Das Monitoring häufiger Brutvögel folgt bestimmten Vorgaben und je konsequenter die umgesetzt werden, desto aussagekräftiger werden die Ergebnisse. Ein wichtiger Punkt, fungiert das MhB doch als Indikator für Artenvielfalt und Landschaftsqualität, als Hilfsmittel zur Erstellung der Roten Liste oder auch als Datenquelle für wissenschaftlichen Erhebungen.

 

Zum Abschluss noch gute Nachrichten vom Rotmilan: Der große Greif hat sich dann auch im Mai und Juni auf meiner Probefläche gezeigt. Das reicht für einen Reviernachweis. Na also, geht doch!

 

Neugierig geworden? Der Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) sucht Hobby-Ornithologen, die sich für das Monitoring häufiger Brutvögel engagieren und die noch nicht vergebenen Probeflächen kartieren.

Alle Infos zum Projekt finden sich auf der offiziellen Homepage und in folgendem Beitrag.

 (Text: Tobias Laure)  

Monitoring häufiger Brutvögel (MhB) rund um den Landkreis Starnberg

Haussperling (Foto:T.Hafen/ www.natur-fotografieren.de)
Haussperling (Foto:T.Hafen/ www.natur-fotografieren.de)

Das Monitoring häufiger Brutvögel wird bundesweit seit 2004 unter der Regie des Dachverbands Deutscher Avifaunisten (DDA) durchgeführt. Es hat zum Ziel, stichprobenartig auf 1 km² großen Probeflächen die Revierbestände häufiger Brutvogelarten zu ermittlen. Bundesweit existieren ca. 2600 solche Probeflächen. Ca. 1400 davon werden momentan bearbeitet.

 

Bei der Erfassung werden von ehrenamtlichen Kartierern  im Frühjahr sogenannte Linienkartierungen auf den Probeflächen durchgeführt. Dabei werden entlang einer etwa drei Kilometer Iangen Route alle wahrgenommenen Vögel möglichst punktgenau unter Angabe der Verhaltensweise (mithilfe von Abkürzungen und Symbolen) in eine Karte eingetragen. Die Beobachtungen werden dann zur Auswertung auf separate Artkarten übertragen. Bei der Auswertung werden für alle beobachteten Arten mithilfe vorgegebener Wertungszeiträume sogenannte Papierreviere abgegrenzt und den Lebensräumen auf der Probefläche zugeordnet.

Die Ergebnisse der Kartierungen werden für naturschutzpolitische Indikatoren wie,,Artenvielfalt und Landschaftsqualität" oder auch zur Erstellung der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands genutzt. Aber auch für wissenschaftliche Vorhaben, die sich zum Beispiel mit Auswirkungen von Klima- und Landnutzungsänderungen auf Vogelpopulationen auseinandersetzen, finden die Daten Verwendung.

 

Im Landkreis Starnberg bzw. in der näheren Umgebung  werden folgende Probeflächen bearbeitet:

 

by285: Fläche (Moorgebiet, Laubwald) im Ampermoos in der Umgebung des Inninger Bachs, Gemeinde Inning, an der Landkreisgrenze zu Fürstenfeldbruck. Diese Kartierung wurde bis 2015 von Susanne Hoffmann durchgeführt. Ab dem Jahr 2016 wird auf diese Kartierung verzichtet, da die Probefläche mitten im Brutgebiet des Brachvogels liegt und die Störungen durch die Kartierung zu groß gewesen wären.

 

by286: Fläche (Nadelwald, Grünland, Ackerland, Siedlung) in der Umgebung der Ortschaft Hanfeld in der Gemeinde Starnberg. Die Kartierung wurde bis 2018 von Peter Brützel durchgeführt, seit 2019 hat Antje Geigenberger dieses Gebiet übernommen.

 

by287: Fläche (Feuchtwiesen, Grünland, Siedlung, Laub- und Nadelwald) im Aubachtal in der Gemeinde Seefeld beiderseits der Eichenallee. Die Kartierung wird seit dem Jahr 2017 durch Karin Mengele und Oliver Wittig durchgeführt.

 

by337: Fläche (Laub- und Nadelwald, Grünland, Feuchtgebiet) in der Nähe des Kerschlacher Forsts in der Gemeinde Andechs. Die Kartierung wird seit 2015 von Gerhard Huber durchgeführt.

 

Weitere Informationen zum Monitoring häufiger Brutvögel finden Sie hier.

 

(Text: Pit Brützel / Stand: 2020)