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Flussseeschwalbenfloß am Starnberger See – Brutsaison 2022

April – Mai

Foto: Floß im Mai 2022 (c) Andrea Gehrold
Die Flussseeschwalben besetzen im Mai den freigehaltenen Mittelteil. Die Lachmöwen brüten hauptsächlich im Randbereich.

Das neue Großfloß des LBV Starnberg wurde 2021 sofort von den Vögeln angenommen und wird nun, im April 2022, für die anstehende Brutsaison vorbereitet. Nachdem der Kies verteilt ist, wird der Mittelteil des Floßes mit einem Zeltdach abgedeckt. So soll der Teilbereich für die Flussseeschwalben freigehalten werden. Rund um das Zelt bauen die Lachmöwen ihre Nester. Anfang Mai sind es schon über hundert Paare.

Foto: Schwarzkopfmöwe auf Floß (c) Andrea Gehrold
Schwarzkopfmöwe (Bildmitte) auf dem Brutfloß.

Da mittlerweile auch die Flussseeschwalben im Brutgebiet eingetroffen sind, wird das Zelt am 07. Mai wieder entfernt. Schnell nutzen die Seeschwalben ihre Chance und besetzen den Mittelteil. Die Außenbereiche füllen sich weiterhin mit Lachmöwen, und auch im Mittelteil gibt es einige neue Möwennester. Am 18. Mai entdecken wir sogar ein Schwarzkopfmöwenpaar. Die genaue Zahl der Brutvögel wird bei einer Nesterzählung im Juni ermittelt werden.

Juni

Foto: Brut auf dem Floß (c) Andrea Gehrold
Im Juni beginnen die Flussseeschwalben auch im Randbereich des Floßes zu brüten.

Bei der Nesterzählung für die Möwen ermitteln wir in diesem Jahr 140 Lachmöwen-Brutpaare. Auch das Schwarzkopfmöwenpaar bebrütet ein Gelege mit 2 Eiern. Die Nesterzählung bei den Flussseeschwalben ergibt 42 Gelege. So viele Seeschwalben-Brutpaare gab es am Starnberger See seit sieben Jahren nicht mehr.
Der weitere Verlauf der Brutsaison gibt uns allerdings Rätsel auf. Die Lachmöwen verlassen nach und nach ihre Gelege. Aus den Eiern schlüpfen nur wenige Küken. Und wenn, dann überleben sie nur wenige Tage. Auch bei den Flussseeschwalben gibt es fast keinen Nachwuchs. Die Sorge ist groß, dass wieder eine Eule ihr Unwesen treibt.
Kurzfristig installieren wir eine Kamera, die das Floß in der Nacht filmt. Das Ergebnis beruhigt: Es werden keine nächtlichen Störungen dokumentiert. Trotzdem nimmt die Zahl der Lachmöwen aus unbekannten Gründen weiter ab.
Die Flussseeschwalben profitieren (vorerst) davon. Einige harren auf ihren Gelegen aus, andere nutzen die Chance und besetzen nun die frei gewordenen Außenbereiche des Floßes. So kommt es noch Mitte Juni zu Spät- und Ersatzbruten, die hoffentlich erfolgreicher verlaufen werden.

Juli

Mitte Juli verlässt der erste Flüggling dieser Saison das Brutfloß: Es ist eine junge Schwarzkopfmöwe, die sich in den letzten Wochen sehr gut entwickelt hat. Die Lachmöwen haben dagegen fast alle die Brut aufgegeben. Nur bei einzelnen Paaren kommt es im Juli noch zum Schlupf des Geleges. Endlich gelingt auch die Aufzucht, so dass wir Ende Juli zumindest zehn größere Lachmöwen-Junge auf dem Floß beobachten können. Bei den Flussseeschwalben lässt der erhoffte Bruterfolg ebenfalls lange auf sich warten. Bis Mitte Juli werden nur drei Jungvögel flügge. Erst ab dem 18.07.2022 schlüpfen weitere Küken, die trotz der fortgeschrittenen Brutsaison liebevoll von den Eltern umsorgt werden. Schon im Alter von wenigen Tagen suchen die Küken an den heißen Sommertagen selbstständig Schutz unter den schattigen Unterständen. Hier werden sie regelmäßig von den Eltern mit Fischchen gefüttert. Sie müssen nun schnell wachsen, um noch rechtzeitig flügge zu werden und in wenigen Wochen den Zug in die Rast- und Überwinterungsgebiete antreten zu können.

Jungvögel Flussseeschwalbe, Schwarzkopfmöwe, Lachmöwe (c) Andrea Gehrold
Die Jungvögel werden von ihren Eltern bewacht. Von links nach rechts: Flussseeschwalbe, Schwarzkopfmöwe und Lachmöwe.

August

Foto: Flussseeschwalbe F64 (c) Franck Lehmans
Die diesjährige Flussseeschwalbe mit dem Farbring F64 wird am 21.08.2022 am Genfer See abgelesen (Foto: Franck Lehmans, Préverenges, Schweiz).

Anfang August werden neun junge Flussseeschwalben beringt. Sie haben die ersten Lebenswochen gut überstanden. Doch einige Tage später sind plötzlich fast alle Jungvögel verschwunden. Da sie noch nicht flügge waren, müssen sie erbeutet worden sein. Nur eine junge Seeschwalbe und eine junge Lachmöwe haben überlebt. Wie bereits im Frühsommer befürchtet, sind (erneute?) nächtliche Eulenangriffe die einzige Erklärung für diese Verluste. Raubsäuger können nicht auf das Floß gelangen, und tagaktive Greifvögel werden von den Seeschwalben und Möwen effizient abgewehrt.
Trotz der positiven Entwicklung im Juli müssen wir somit auf eine sehr enttäuschende Brutsaison zurückblicken. Bei den Lachmöwen sind letztendlich wohl nur fünf Junge erfolgreich ausgeflogen. Bei den Flussseeschwalben gab es insgesamt nur vier Flügglinge.
Umso mehr freut uns die Sichtung einer beringten diesjährigen Flussseeschwalbe, die Mitte August bereits die Schweiz erreicht hat und auf der île aux oiseaux (der „Vogelinsel“) bei Préverenges am Genfer See abgelesen wird.

(Text und Fotos, soweit nicht anders angegeben: Dr. Andrea Gehrold)