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Flussseeschwalbenfloß am Starnberger See – Brutsaison 2020

April und Mai

Foto: Westplattform (c) A. Gerhold
Die Westplattform 2020 mit brütenden Flussseeschwalben (Mitte) und Lachmöwen (Foto: A. Gehrold)

Das Brutfloß wurde Anfang April vorbereitet. Der Kükenschutzzaun wurde ausgebessert, der Kies verteilt und die Holzunterstände aufgestellt. Im Lauf der nächsten Wochen zogen die Lachmöwen ein. Bei der Wahl ihrer Nistplätze verteilten sie sich relativ gleichmäßig auf die West- und die Ostplattform des Floßes. Insgesamt wurden 165 Brutpaare gezählt (2019: 163, 2018: 163, 2017: 179 Brutpaare).

 

Die erste Flussseeschwalbe wurde 2020 am 13. April am Starnberger See beobachtet. Nach und nach trafen weitere Individuen ein. Die Nestbauaktivitäten auf dem Floß begannen in der ersten Maihälfte. Wie üblich wählten die Flussseeschwalben dabei ausschließlich die Westplattform. Die Gründe dafür sind unbekannt. Ende Mai wurden bereits 34 brütende Paare gezählt. Das ist ein deutlicher und erfreulicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr 2019 (25 Brutpaare), aber auch im Vergleich zu 2018 und 2017 (je 31 Brutpaare).

Juni

Diagramm Witterung
Witterungsverlauf im Juni 2020 und Schlupftermin der ersten Flussseeschwalben.

Anfang Juni bebrüten weiterhin 34 Flussseeschwalben-Paare ihr Gelege. Bei den Lachmöwen gibt es für diese Jahreszeit ungewöhnlich wenige Jungvögel. Zum Vergleich: Anfang Juni 2019 wurden auf dem Floß knapp 100 junge Lachmöwen gezählt, heuer sind es nur knapp 40. Die Zahl der Altvögel hat sich ebenfalls deutlich reduziert. Es scheint, dass zahlreiche Lachmöwen die Brut abgebrochen bzw. ihren Nachwuchs verloren haben. Die kühle, regnerische Witterung im Mai könnte dafür verantwortlich sein.

 

Die ersten Flussseeschwalben schlüpfen ab der zweiten Juniwoche. Leider ist auch diese Schlupfperiode gefolgt von Kälteeinbrüchen und mehreren verregneten Tagen. Das hat fatale Folgen, denn die wenige Tage alten Küken haben noch keine thermoregulatorischen Fähigkeiten, und die Eltern sind bei Dauerregen nur bedingt fähig, sie vor dem Auskühlen zu schützen. Zudem finden die Eltern bei rauer Wasseroberfläche weniger Nahrung. Ihre stoßtauchende Jagdweise nach kleinen Fischchen wird durch schlechte Sichtbedingungen erschwert. Alle früh geschlüpften Küken fallen der Schafskälte Mitte Juni zum Opfer. Bis Ende des Monats schlüpfen zwar weitere Küken, doch es bleibt abzuwarten, ob sie bessere Überlebenschancen haben.

Juli

Anfang des Monats sind noch 27 Brutpaare sind übrig. Anhand neuer Neststandorte wird klar, dass einige Paare es mit einer Ersatzbrut an anderer Stelle versuchen. Die Kameraaufnahmen von der Westplattform belegen, dass am 02.07. noch zahlreiche Flussseeschwalben brüten. Bei genauerem Hinsehen erkennt man auch einige kleine Küken (auf dem Video in der rechten Bildhälfte).

Über das, was kurz darauf geschieht, können wir nur spekulieren. Fest steht, dass fast alle Flussseeschwalben innerhalb weniger Tage ihre Brut aufgeben. Alles deutet darauf hin, dass eine Eule die Kolonie aufgeschreckt und geplündert hat (wie bereits 2016). Um das eigene Leben zu schützen, verlassen die Altvögel nach solchen Eulenangriffen jede Nacht das Floß, sodass die Küken zu stark auskühlen.

Foto: Beringte Flussseeschwalbe mit Flüggling (rechts) im Juli 2020 - (c) A. Gehrold
Beringte Flussseeschwalbe mit Flüggling (rechts) im Juli 2020 (Foto: A. Gehrold)

Tatsächlich finden wir bei einer Floß-Begehung Mitte Juli viele Nester vor, in denen die Küken zwar unversehrt scheinen, aber kurz nach dem Schlupf gestorben sind. Außerdem liegen Überreste von größeren Lachmöwenjungen auf dem Floß. Und nicht zuletzt gibt uns die ortsansässige Fischerfamilie den wichtigen Hinweis, dass sich im Sommer eine Waldohreule in nächster Umgebung aufgehalten hat…

 

Nur drei junge Flussseeschwalben haben diese Zeit überlebt und können Mitte Juli mit einem Stahlring und einem blauen Farbring markiert werden. Wenigstens diese drei schaffen es. Ende Juli sind sie flügge und können die ersten Streifzüge mit den Eltern unternehmen.

August

Fotokollage (c) A. Gerhold
Im Spätsommer bekommen unsere Flügglinge Besuch von Brachvogel, Flussuferläufer, Raubseeschwalbe und einer diesjährigen Schwarzkopfmöwe (Fotos: A. Gehrold)

Unsere drei Flügglinge halten sich weiterhin auf dem Floß auf und werden von den Eltern mit Fischchen versorgt. Immer öfter üben sie Flugmanöver und versuchen kleine Schilf- oder Holzstücke von der Wasseroberfläche zu picken. Das ist eine wichtige Übung, um später selber bei der Jagd erfolgreich zu sein.

 

Ende Juli und Anfang August bekommen die Flügglinge mehrere Vogelarten zu Gesicht, die ihnen bisher unbekannt waren. Neben gefährdeten Arten wie dem Flussuferläufer und dem Brachvogel rasten einige weit gereiste Zugvögel auf dem Floß auf. Darunter ein Austernfischer, eine Raubseeschwalbe und eine diesjährige Schwarzkopfmöwe, die erst einen Monat zuvor in Slowenien beringt worden war. Die meisten Durchzügler bleiben nur kurz, um zu ruhen, und ziehen schließlich weiter. Auch die jungen Flussseeschwalben tun es ihnen gleich und machen sich ab Mitte August mit ihren Eltern auf den Weg nach Süden.

 (Text: Dr. Andrea Gehrold)