Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Eine Zwergohreule am Starnberger See im Frühsommer 2023

Aus dem Urlaub in Südeuropa kennen wohl die meisten ornithologisch Interessierten das monotone Rufen der Zwergohreule (Otus scops), das abends stundenlang zu hören ist. In Bayern kommt die Zwergohreule nur äußerst selten vor. Sie scheint jedoch von der Klimaerwärmung zu profitieren und ihr Verbreitungsgebiet nach Norden auszudehnen. Seit der Jahrtausendwende gibt es jedes Jahr in Bayern einige wenige Nachweise. Im Jahr 2007 brütete eine Zwergohreule erfolgreich am Ammersee und zog 4 Junge hoch. Eine Dokumentation über diese erfolgreiche Brut findet man hier. 

 


Zwergohreule (Foto: Gunther Zieger - LBV-Bildarchiv)
Zwergohreule (Foto: Gunther Zieger - LBV-Bildarchiv)

Zwergohreule am Ostufer des Starnberger Sees

 

Im Landkreis Starnberg gab es bis zum Jahr 2023 noch keine dokumentierte Beobachtung der Zwergohreule. Im Mai 2023 wurde im ornitho.de von einer Anwohnerin vom Ostufer des Starnberger Sees eine Zwergohreule (mit Tonaufnahme) gemeldet. Die Zwergohreule war jeden Abend von Sonnenuntergang bis nach Mitternacht zu hören, sie saß in einem Baum am Starnberger See und rief unablässig. Bis Ende Mai konnte die Zwergohreule von mehreren Beobachtern bestätigt werden, einmal waren sogar zwei Individuen zu hören.

Anfang Juni erreichte die Meldung einer Mitarbeiterin der Gemeinde Bernried die Arbeitsgemeinschaft Starnberger Ornithologen (ASO). Im Bernrieder Park würde eine Zwergohreule rufen. Anscheinend hatte die Zwergohreule die Seeseite gewechselt und war jetzt am Westufer zu hören. Im Folgenden berichtet Hauke Clausen-Schaumann über seine Beobachtungen der Zwergohreule in Bernried.

 

Zwergohreule (Foto: Rosl Roessner - LBV-Bildarchiv)
Zwergohreule (Foto: Rosl Roessner - LBV-Bildarchiv)

 

Zwergohreule im Bernrieder Park

 

 

Am späten Abend des 8.Juni erreichte uns durch Pit Brützel von der ASO die Nachricht, dass eine Zwergohreule, die zuvor schon am Ostufer des Starnberger Sees zu hören war, jetzt im Bernrieder Park ruft. Am nächsten Abend machten meine Frau und ich uns also noch vor Einsetzen der Dämmerung auf den Weg zu der beschriebenen Stelle oberhalb des Parks nicht weit von der Bernrieder Grundschule.

 

Dort stießen wir auf zwei mit Fernglas und Kamera bewaffnete „Spaziergänger“: einen Ornithologen aus dem Landkreis und einen von weiter her angereisten Vogelfreund. Nur von der Zwergohreule war weit und breit nicht zu sehen oder zu hören. Nach über einer Stunde intensiven Suchens, mit einsetzender Dunkelheit, setzte dann, zuerst zaghaft und dann deutlich vernehmbar, ein sich alle drei Sekunden wiederholender flötenartiger Ton ein, der sich deutlich vom helleren Ruf des bei uns heimischen Sperlingskauzes unterschied und offensichtlich von der Zwergohreule stammen musste.

 

Er kam aus den Bäumen oberhalb des neuen Pumpenhauses unweit der Bernrieder Grundschule. Laut einer Anwohnerin hatte die Zwergohreule dort schon mehrere Nächte hindurch fast ohne Pause gerufen und einige Anwohner so um den Schlaf gebracht („Muss die denn gar nicht Luft holen?“).

Zwergohreule (Foto: Wolfgang Lorenz - LBV-Bildarchiv)
Zwergohreule (Foto: Wolfgang Lorenz - LBV-Bildarchiv)

Auch in der folgenden Nacht war die Eule wieder in Bernried zu hören. Als sich eine Ornithologin der ASO dann am 12. Juni auf den Weg nach Bernried machte, blieb es aber still, und so machten wir uns am nächsten Abend erneut auf den Weg in den Park. Als wir fast zwei Stunden nach Sonnenuntergang noch immer nichts von der Eule hörten, machten wir uns unverrichteter Dinge wieder auf den Heimweg.

 

Gegen 23:30 Uhr öffneten wir dann unser Schlafzimmerfenster und da war es wieder: Ein regelmäßiges und deutlich zu hörendes „Djü“ in einer Tonhöhe von etwa 1400 Hz, dass sich alle drei Sekunden wiederholte – diese Mal etwas leiser, als bei unserer ersten Beobachtung. Die Eule musste den Standort gewechselt haben und sich jetzt im Bernrieder „Oberdorf“ in der Nähe unseres Hauses aufhalten. Ich setzte mich also erneut aufs Fahrrad und folgte den Rufen.

 

Nach einigen Irrwegen – die Rufe wurden teilweise von Wäldern und Gebäudemauern reflektiert – landete ich wieder am Bernrieder Park zwischen Pumpenhaus und Grundschule, wo das Rufen von direkt über mir in den Bäumen kam. Wir hatten die Eule in unserem Schlafzimmer also aus einer Entfernung von über einem Kilometer Luftlinie deutlich rufen gehört. In den nächsten Nächten wurde die Eule von weiteren Starnberger Ornithologen gehört. Wir machten uns  daraufhin bei Tageslicht auf den Weg, um die Zwergohreule nun auch einmal zu Gesicht zu bekommen. Das erwies sich aber in den dicht belaubten Bäumen rund um die Bernrieder Grundschule und das Pumpenhaus als ein aussichtsloses Unterfangen. Am 16. Juni wurde die Zwergohreule das letzte Mal in Bernried gehört. Vermutlich ist sie weitergezogen. Vielleicht hat sie aber auch eine Partnerin gefunden und brütet nun, gut getarnt und von dichtem Laub vor neugierigen Blicken abgeschirmt, im Bernrieder Park.

 

 

 

(Text: Pit Brützel / Hauke Clausen-Schaumann)