Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Erstnachweis eines Wanderfalken-Revierpaares im Landkreis Starnberg

Wanderfalke (Foto: Antje Geigenberger)
Wanderfalke (Foto: Antje Geigenberger)

Nach dem dramatischen Bestandszusammenbruch des Wanderfalken in Deutschland bis Mitte der 1970er Jahre (mit nur mehr kleinen Restvorkommen in Bayern und Baden-Württemberg) kam es durch ein 1982 initiiertes Artenhilfsprogramm zu einer erfreulichen Wiederausbreitung mit sogar regionaler Arealerweiterung. Seit 1999 brütet der Wanderfalke auch regelmäßig in München, was durch Anbringung von Nisthilfen an exponierten Gebäuden durch die „Arbeitsgruppe Wanderfalke in Bayern“ ermöglicht wurde. In den folgenden zwei Jahrzehnten wuchs der Brutbestand auf inzwischen etwa 30 Paare im Großraum München (Stadtgebiet + 30 km Umfeld; lt. Auskunft von Stefan Kramer, „AG Wanderfalke in Bayern“). Im Landkreis Starnberg gelang erstmalig im Jahr 2018 der Nachweis eines Wanderfalkenpaares mit Revierbesetzung, allerdings letztlich ohne realisierte Brut. Die entsprechenden Beobachtungen werden im Folgenden zusammengefasst und kommentiert.

 

Wanderfalkenweibchen (Jugendkleid) auf Strommasten mit Nistmaterial im Leutstettener Moos
Wanderfalkenweibchen (Jugendkleid) auf Strommasten mit Nistmaterial im Leutstettener Moos

Im NSG „Leutstettener Moos“ wurden bereits 2017 wiederholt Wanderfalken beobachtet, u.a. am 22.4. und 02.06.17 je zwei Wanderfalken zusammen auf Hochspannungsmasten sitzend mit arttypischen Erregungsrufen (als „Lahnen“ bezeichnet, ein klagendes, ansteigendes »gääi-gääi...« oder »kwää-kwää....« ). Im Jahr 2018 konnten ab Mitte Februar regelmäßig Wanderfalken bei den Strommasten beobachtet werden, auf denen sie auch wiederholt erbeutete Vögel verzehrten. Vom 08.03. bis 10.06.18 war dort ein Paar anwesend, wobei das Weibchen noch im Jugendkleid bzw. immatur, also im Vorjahr geboren war. Es waren häufiger Erregungsrufe („Lahnen“) vernehmbar, zudem kam es im April zu Kopulationen auf einem der Freileitungs-Gittermasten, wo Nistmaterial aus Ästen, vermutlich ein ehemaliges Krähennest vorhanden war. Das  immature Weibchen zeigte eindeutig Interesse an dem Nest (siehe nebenstehendes Foto) , das adulte Männchen (nächstes Foto) attackierte am 07.04. Krähen und Kolkraben im Nestbereich, wurde seinerseits am 13.04. und 21.04. ausdauernd durch ein Rohrweihenmännchen angegriffen.

Wanderfalkenmännchen auf Strommasten im Leutstettener Moos
Wanderfalkenmännchen auf Strommasten im Leutstettener Moos

 

Wenige Tage darauf war das bereits zuvor lückige Nistmaterial verschwunden, was angesichts der exponierten, ungeschützt der Witterung ausgesetzten Lage kaum verwunderte. Nach Mitte Juni wurde dort erst wieder am 05.08.18 ein überfliegender Wanderfalke gesehen.

 

 

 

Man darf gespannt sein, ob sich auch 2019 irgendwo im Landkreis Starnberg ein Revierpaar einstellt. Lohnenswert ist ein genauer Blick auf Hochspannungsmasten. Von Jahresbeginn bis Ende März 2019 gab es bereits einige Beobachtungen von Wanderfalken an verschiedenen Stellen im Landkreis.

 

 

 

jagender Wanderfalke (Foto: Bernhard Glüer)
jagender Wanderfalke (Foto: Bernhard Glüer)

Hintergrundinformationen:

 

Bruten von Wanderfalken in Krähennestern auf Hochspannungsmasten wurden schon wiederholt beschrieben, häufiger nutzen Turm- und Baumfalken diese Nester.

 

Die Strommasten werden auch als exponierte Ansitzwarte zur Jagd auf vorbeifliegende Vögel genutzt.Die beiden wesentlichen Jagdtechniken des Wanderfalken sind bekanntlich der Steilstoß aus großer Flughöhe und der Flachstoß von einer Warte, wobei das kleinere Männchen meist Kleinvögel bis Amselgröße schlägt, das deutlich größere und schwerere Weibchen bevorzugt größere Vögel wie Tauben, Krähen oder Möwen erbeutet. Insbesondere außerhalb der Brutzeit jagen Männchen und Weibchen auch gemeinsam und treiben sich gegenseitig ihre Beute zu.

Diesjährige Jung-Wanderfalken streifen nach Erreichen der Selbständigkeit Monatelang teils weit herum und überwintern in milderen Regionen, um dann im folgenden Jahr in die Nähe ihres Geburtsortes zurückzukehren. Letztlich erlebt nur etwa ein Drittel der Jungvögel das fortpflanzungsfähige Alter, Wanderfalken sind im zweiten Kalenderjahr ab dem Alter von ca. 9 Monaten geschlechtsreif. In intakten Populationen dauert es aufgrund der großen innerartlichen Konkurrenz jedoch meist einige Jahre, bis ihnen die Eroberung eines Brutplatzes gelingt. Adulte Wanderfalken verbleiben in Mitteleuropa meist ganzjährig in ihrem Revier.

 

Ab Januar/Februar beginnt die meist nicht sehr auffällige Balz damit, dass die Revierpartner dicht nebeneinander auf Warten sitzen und bei gutem Wetter zusammen in großer Höhe über dem Revier kreisen und verschiedene Flugspiele zeigen. Häufig ist in dieser Balzphase von beiden Wanderfalken-Geschlechtern als Erregungs- und Paarruf das „Lahnen“ (s.o.) zu hören. Im weiteren Verlauf der Paarungszeremonie gehen Balzflüge, Balzfüttern und Nestzeigen häufig in Kopulation über. Die Kopulationen enden kurz nach Ablegen des letzten Eis, zumeist Anfang März bis Mitte April. Noch ab der zweiten Märzhälfte versuchen Weibchen im Jugendkleid ein Brutrevier zu finden; eine auffallend lange Balzzeit führt dann aber nur bei wenigen Paaren zu einem Gelege. Wanderfalken bauen wie alle Falken keine Nester, nutzen vielmehr als Fels- oder Gebäudebrüter vorhandene kleine Höhlen oder Felsbänder sowie verlassene Nester von anderen größeren Vögeln oder künstliche Nisthilfen, Baumbrüter wurden in Süddeutschland bislang nur ausnahmsweise als Rarität dokumentiert.

 

(Text und Fotos, soweit nicht anders angegeben: Wolfgang Spatz)