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Große Überraschung in der Brachvogelsaison 2025 im Ampermoos – Interview mit Susanne Hoffmann

Adulte Brachvögel im Ampermoos
Adulte Brachvögel im Ampermoos

 

Im Jahr 2004 machte die Biologin Susanne Hoffmann rein zufällig eine ganz besondere Beobachtung.

 

Bei einer Vogelzählung entdeckte sie im Ampermoos überraschend einen am Nest sitzenden Brachvogel, der in der Region eigentlich schon für ausgestorben galt. Seit dieser Begegnung setzt sie sich jedes Jahr aufs Neue für diese seltene Art ein.

 

Das Ampermoos liegt im Grenzbereich der Landkreise Starnberg, Landsberg am Lech und Fürstenfeldbruck. Es hat jedoch sowohl in der Landschaftspflege, als auch ornithologisch für unsere Kreisgruppe eine sehr große  Bedeutung.

 

Wir möchten von Susanne erfahren, wie das Brutgeschehen in diesem Jahr verlaufen ist. Aus diesem Grund haben wir sie am 8.8.2025 für ein Interview kontaktiert.

Hallo Susanne, Du hast uns Anfang August mitgeteilt, dass die Brachvogelsaison nun abgeschlossen sei und dass es ganz wunderbare Neuigkeiten gebe. Das wollen wir etwas genauer wissen. Wann ging es denn bei Dir los mit den Beobachtungen?

 

„Die Saison hat bereits Ende Februar begonnen. Da bin ich die ersten Male rausgefahren und habe stichprobenartig die mir bekannten Gebiete kontrolliert. Bald waren die ersten 30 bis 35 Brachvögel zu sehen. Allerdings handelte es sich dabei hauptsächlich um Durchzügler, die nach Norddeutschland und Skandinavien weiterziehen. Kurze Zeit später konnte ich jedoch die ersten, paarweise nach Nahrung suchenden Vögel sehen. Es waren die standorttreuen Brutvögel, die bereits seit mehreren Jahren zehn Reviere im Ampermoos besetzen.“

 

Das deutete darauf hin, dass sich dort mehr entwickeln könnte, oder?

 

 

„Ja, im März wurden dann die ersten Reviere abgegrenzt und ich war nun sehr viel öfter zur Beobachtung in der Umgebung. Ab Anfang April war ich dann fast täglich draußen. Viele der Paare kannten mich quasi schon aus den Vorjahren, denn sie warnten nicht, während ich in der Nähe war. Sie haben wohl gelernt, dass Menschen keine ernsthafte Gefahr für sie bedeuten. Im April waren dann alle Reviere besetzt und die Brutzeit hat offiziell begonnen.“

 

Welche Maßnahmen müssen zum Schutz ergriffen werden und was passiert in dieser Zeit?

 

„Sobald ich ein Gelege entdecke, wird es mit einem unter Strom stehenden Zaun mit einem Durchmesser von etwa 20 Metern geschützt. Dieses Jahr haben wir drei solcher Zäune aufgestellt. Anfangs war ich ein wenig verzweifelt, weil wegen der Trockenheit  nur eine äußerst niedrige Vegetation vorhanden war, – sie ist für die Sicherheit der Gelege wichtig, damit sie z. B. von Greifvögeln und Rabenkrähen nicht so leicht entdeckt werden.

 

Im Schnitt schlüpfen die ersten Küken nach 29 Tagen. Zu diesem Zeitpunkt muss die unterste Litze des Zauns umgehend nach oben montiert werden, um zu verhindern, dass die Küken einen Stromschlag erleiden. Denn sie verlassen meist schon am ersten Tag den Zaunbereich und gehen selbstständig auf Nahrungssuche.  

Nachts werden sie von den Elterntieren noch "gehudert", also gewärmt. Nach 14 Tagen suchen sie sich jedoch bereits eigene Übernachtungsplätze. Mit etwa 35 Tagen sind sie flugfähig und können etwa 20 Meter weit fliegen. Nach 40 Tagen sind sie dann „flügge“ und können richtig fliegen. Erst dann spricht man von einem Bruterfolg.“

Welche Gefahren lauern denn generell?

 

„Die größte Gefahr für das Gelege stellt bei uns der Fuchs dar. Daher ist die unterste Litze anfangs auch ziemlich niedrig angebracht, damit er nicht unten durchschlüpfen kann. Hier muss ich anmerken, dass die diesjährigen Bruten noch vom Hochwasser des letzten Jahres profitiert haben. Durch das viele Wasser gab es keine große Mäusepopulation, weshalb die Füchse nicht so sehr ins Ampermoos gelockt wurden. Der Fuchs war wohl so schlau und ging erst gar nicht auf die Streuwiesen, sondern gleich auf die angrenzenden Wirtschaftswiesen und Felder.

 

Eine große Gefahr von oben geht von Greifvögeln aus. Wir haben Aufnahmen von unserer Wildkamera, auf denen zu sehen ist, wie der am Nest sitzende Brachvogel vehement von einer Rohrweihe angegriffen wird. Leider hat die Rohrweihe gewonnen und das Gelege geplündert.“ 

Wie ging es dann weiter?

 

„Mitte Mai haben vier Küken ihren ersten Ausflug gemacht. Mitte Juni waren drei davon mittlerweile 30 Tage alt, mit etwa 40 Tagen sollten sie flügge sein. Nördlich der Kläranlage Eching habe ich zu meiner großen Freude dann noch eine Familie mit vier Küken gefunden, die ca. 8 Tage  jünger waren. Wir hatten Ende Juni somit sieben flügge Küken, was ja eigentlich schon ein sehr gutes Ergebnis ist.“

 

Und nun kommt die angekündigte Überraschung?

 

„Eigentlich hatte ich gedacht, die Brachvogelsaison wäre damit vorbei. Aber dann habe ich Anfang Juli vier weitere Küken entdeckt, die erst in etwa 14 Tagen flügge werden würden. Anfang August war die Saison aber dann endgültig abgeschlossen und wir hatten mit elf flügge gewordenen Jungvögeln tatsächlich einen neuen Rekord im Ampermoos erreicht. Das bisher beste Ergebnis waren 9 Jungvögel. Inzwischen haben alle das Gebiet verlassen und sich Richtung Ammersee-Südende aufgemacht.“

 

Das ist ja ein sehr erfreuliches Ergebnis und all die Arbeit hat sich gelohnt. Kannst Du sagen, wieviel Zeit Du hierfür investiert hast?

 

„Nicht genau, aber es waren wieder mehrere hundert Stunden in dieser Saison. Ich muss ergänzen, dass ein solches Projekt ohne die Unterstützung der vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer nicht machbar ist. Ich hatte ein Team von etwa 20 Leuten, die beispielsweise für den Zaunaufbau immer abrufbar waren. Ebenso erwähnen muss ich die Landwirte, die jedes Jahr die Streuwiesen mähen und die Jagdpächter, die mir erlauben, ihre Ansitze zu benutzen.“

 

Ist die Arbeit für dich damit nun erledigt?

 

„Nein, denn nun gilt es die Zäune und Stangen zu reinigen und für die nächste Saison vorzubereiten. Außerdem geht es jetzt ans Berichtschreiben. Denn nur, wenn ein vollständiger Bericht vorgelegt wird, bekomme ich dafür eine Aufwandsentschädigung.“

 

 

Das Interview hat Katharina Roppert-Engert geführt.

Wir bedanken uns bei Susanne und haben aller höchsten Respekt für ihren Einsatz!

 

 

 

 

Epilog:

 

Dieses Projekt wird im Auftrag vom Landschaftspflegeverband FFB e.V. durchgeführt und durch die Zusammenarbeit mit den Gebietsbetreuern Christian Niederbichler, Jana Jokisch und Markus Meßner ermöglicht. Christian Niederbichler ist seit 1997 unter anderem für das Ampermoos zuständig und hat den anderswo erfolgreichen Gelegeschutz quasi „importiert“. Ebenso maßgeblich beteiligt waren die Unteren Naturschutzbehörden der drei am Ampermoos beteiligten Landkreise FFB, LL und STA.

 

Für ihren unermüdlichen Einsatz, den Bestand des Brachvogels zu sichern und zu vermehren, wurde Susanne Hoffmann im Jahr 2016 mit der Auszeichnung „Grüner Engel“ des Bayerischen Umweltministeriums geehrt.

 

  

Viele weitere Informationen über das Ampermoos können Sie hier nachlesen.

 

Einen eindrucksvollen Film mit dem Titel „Zuflucht Ampermoos“ gibt es in der BR-Mediathek zu sehen.