Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Nur Lachmöwen und Flussseeschwalben?

24.05.2021 Passend zu diesem sehr kühlen und feuchten Frühjahr zeigte sich auch der Vormittag des Pfingstsonntages recht kalt und regnerisch. Aus meiner Sicht also das perfekte Beobachtungswetter für eine intensive Beobachtung am Südufer des Starnberger Sees. Perfektes Beobachtungswetter? Ja tatsächlich, denn der Regen und die kühlen Temperaturen haben im Mai folgende Vorteile:

1. Das Flimmern über der Wasseroberfläche ist deutlich geringer als bei hohen Lufttemperaturen oder Sonnenschein.

2. Das feuchte Wetter drückt Vögel, vor allem Schwalben, tief nach untern auf den See.

3. Alle Camper bleiben in ihren luxuriösen Campingmobilen, man hat die Beobachtungsstelle für sich und kann in Ruhe beobachten.

 

Und genau so war es auch. Nach dem ersten groben Schwenk mit dem Fernglas zeigten sich mehrere hundert Schwalben nah über der Wasseroberfläche Nahrung suchend. Also war die Zielart für den heutigen Tag sofort definiert. Gesucht wird eine Rötelschwalbe, eine in Südeuropa vorkommende Schwalbenart die alljährlich in geringen Zahlen in Deutschland beobachtet wird und die sicher nur häufig übersehen wird.

Schmarotzerraubmöwe (dunkle Morphe ) (Foto: LBV-Bildarchiv Dieter Hopf)
Schmarotzerraubmöwe (dunkle Morphe ) (Foto: LBV-Bildarchiv Dieter Hopf)

 Nach mehreren Minuten konnte ich immerhin neun Trauerseeschwalben entdecken. Und von der Seemitte kam eine sehr dunkle Möwe direkt aus der Richtung Bucht geflogen. Der Puls stieg sofort in die Höhe und im Kopf hüpften die Gedanken nur so durcheinander.

  •  Eine Raubmöwe - Super -
  • Wie war das nochmal? Auf was muss ich achten?
  • Größe, Flugstil, Aufhellung im Flügel, Unterflügeldecken

Bis dahin blieb die Raubmöwe außer von mir noch unentdeckt, doch im nächsten Moment ging das Geschrei schon los. Alle Lachmöwen und Flussseeschwalben vom Bootssteg und die vom Brutfloss starteten mit ordentlich Gelärm Richtung Raubmöwe. Was an sich sehr gut war, denn nun konnte ich erkennen, dass die Raubmöwe etwas größer ist als eine Lachmöwe. Ich sah auch bis auf die hellen Handschwingenbasen keine weitere Aufhellung und der Flug war relativ agil und kräftig. Die Raubmöwe wurde dann von der ihr folgenden Meute weiter vertrieben, bis ich sie hinter Bäumen nicht mehr sehen konnte. Die Lachmöwen beruhigten sich wieder recht schnell, die Raubmöwe zog wohl weiter Richtung Süden ab. Nach dem, was ich sehen konnte spricht alles für eine Schmarotzerraubmöwe und damit für die wahrscheinlichste der drei möglichen Raubmöwenarten dennoch für mich ein absolutes Highlight.

Küstenseeschwalbe (Island) (Foto: Pit Brützel)
Küstenseeschwalbe (Island) (Foto: Pit Brützel)

In diesem Moment hatte sich das Ausharren im Regen schon vollends gelohnt, doch damit war der Beobachtungsvormittag noch nicht zu Ende. Kurz später kam eine Schafstelze mit einem etwas schärferen Ruf auf die Badewiese geflogen und begann mit der Nahrungssuche. Nach einiger Zeit konnte ich Sie auch ausgiebig beobachten und bestimmte Sie als weibliche Thunberg-Schafstelze.

 

Da ich noch nicht vollends durchgefroren war ging es noch etwas weiter. Vielleicht taucht noch die gesuchte Rötelschwalbe auf. Ebenso begutachtete ich jede etwas merkwürdig aussehende Flussseeschwalbe auf der Suche nach einer Weißbart- oder Küstenseeschwalbe. Nach der Küstenseeschwalbe hielt ich schon seit mehreren Jahren Ausschau. Die Merkmale, auf die es zu achten gilt, sind mir bekannt, aber ob ich so einen Vogel dann wirklich sicher bestimmen kann, war mir nicht ganz klar.

 

Und dann passierte es. Es kam eine Seeschwalbe aus der Bucht geflogen und ich wusste im ersten Moment, dass es eine Küstenseeschwalbe ist. Das überraschte mich selbst total. Sie flog zum Glück parallel zu meiner Position und so hatte ich gut zwei Minuten Zeit sie zu beobachten und mit den Blicken zu verfolgen, bis sie Richtung Seeseiten verschwand. Besonders auffällig war die im Vergleich zur Flussseeschwalbe unterschiedliche Körperform. Die Küstenseeschwalbe hatte viel längere Schwanzspieße, dazu ein kurzes Kopf-Schabel-Profil. Dadurch wirkte Sie hinten sehr lang und vorn kurz. Dazu konnte man gut die fast einfarbige Flügeloberseite sehen.

 

Die kalten und nassen Finger waren nach diesen großartigen Beobachtungen vergessen und das perfekte Beobachtungswetter hat alles gehalten, was es zu versprechen vermag. Auch wenn keine Rötelschwalbe gefunden wurde.

(Text: Jan Brinke)