Erkenntnisse aus der Erfassung
Mögliche Brutpaardichte im Kreis Starnberg
Laut Probst (1) wurden für Österreich auf Probeflächen von >100 km2 Brutpaar-Mittelwerte von 3,0–6,3/100 km2 ermittelt. Ein Maximalwert von 13,2 Brutpaaren/100 km2 im
Nationalpark Donau-Auen östlich von Wien stellt nach dem Po-Tal in Italien (19,3–29 Brutpaare/100 km2; 1994) den weltweit bisher zweithöchsten bekannten Dichtewert dar.
Werden diese Angaben auf den Landkreis Starnberg mit 487 km2 Fläche übertragen, müsste es angesichts der im Landkreis doch recht günstigen Habitatstrukturen (mit einem reich
strukturierten Mix aus Offenland, Siedlungen, fragmentierten Wäldern und Gewässern) deutlich mehr Brutpaare als 4 geben. Bei Übernahme der Angaben von Probst zu Reviergröße
und Horstabstand in Österreich (BP-Mittelwerte von 3,0–6,3/100 km2 ) könnten laut Wolfgang Spatz zumindest 12 bis maximal etwa 24 Brutpaare vorkommen.
Erwähneswert ist, dass die nachgewiesen Reviere Frohnloh, Hüll und Oberbrunn einen Abstand von nur2,4 km zum nächsten Revier hatten.
Neben den allgemeinen Habitat-Strukturen ist der Zusammenhang Revierbildung zu dem verfügbaren Nahrungsangebot insbesondere zu Schwalben-Brutbeständen zu diskutieren. Dies sollte daher im Jahr
2023 extra betrachtet werden.
Verbesserung der Nachweiswahrscheinlichkeit
Das Learning in Sachen Biologie und arttypisches Verhalten wie der bereits geäußerte Blick in den Luftraum, als auch die akustische Unterscheidung der Rufe und Laute zwischen Turmfalken und
Baumfalken, sowie die geeignete Tageszeit und Saisonzeiten sind entscheidende Elemente, die Sucheffizienz zu verbessern. Hinsichtlich der Saisonzeit besteht ein optimales Beobachtungsfenster etwa
Mitte Mai. Zu dieser Zeit besteht der Höhepunkt in Sachen Balz, danach wird es bis Mitte Juli heimelig und ruhig um etwaige Horst-Standorte.
Zusammenfassung
2023
Im Jahr
2023 konnten insgesamt von den beteiligten 11 ASO-Teilnehmern 5 Baumfalkenbrutpaare mit mindestens 8 Jungvögeln im Landkreis ermittelt werden.
Die erste
Beobachtung eines Baumfalken, der als Langstreckenzieher im Winterhalbjahr überwiegend im südlichen Afrika verweilt, gelang am 18. April. Die letzte Beobachtung eines Baumfalken im Kreis erfolgte
am 16. Oktober.
84
Beobachtungseinträge der Teilnehmer listet die Datenbasis von Ornitho.de für 2023.
Ergebnisse
Die
nachstehende Karte zeigt 7 erfasste Reviere, der zusätzliche Brutnachweis konnte dann im Verlauf der Saison für 5 Reviere erbracht werden.
Leutstettener
Moos / Manthal / Farchach: Kein
Revier- oder Brutnachweis
Aufgrund zeitlicher Einschränkungen konnte für dieses Gebiet das Vorkommen des Baumfalken dokumentiert werden, ein Revier- oder Brutnachweis gelang jedoch nicht.
Gilching: Kein
Revier- oder Brutnachweis
Für das
Gebiet um Gilching, d. h. der Jaisweiher und Umgebung, gab es wenig Sichtungsmeldungen, obwohl es aufgrund der Landschaftsstruktur nach wie vor als potentialträchtig erscheint.
Ampermoos:
Kein Revier- oder Brutnachweis
Gelegentliche
Sichtungen, aber es konnten wieder keine Hinweise auf einen Revier- oder Brutnachweis gefunden werden.
Maisinger
See: Kein
Revier- oder Brutnachweis
Trotz
Sichtungen, auch während der Aufzuchtphase gelang keine Revier- oder Brutpaarmeldung.
Oberbrunn: Revier-
und Brutnachweis mit 2 Jungvögeln
Nachdem
noch im Mai das balzende Paar in unmittelbarer Nähe zum Vorjahresrevier mehrfach gesichtet wurde, waren wir aufgrund der heftigen Maistürme mit entsprechendem Windwurf in dem fraglichen Bereich
skeptisch hinsichtlich einer erfolgreichen Brutperiode. Letztendlich entdeckte Antje Geigenberger das Paar etwa 400 Meter weiter nördlich mit erfolgreicher Brut und daraus resultierend 2 belegten
Jungvögeln.
Gut
Hüll: Revier-
und Brutnachweis mit 2 Jungvögeln
Bei Gut
Hüll konnte wie im Vorjahr ein Bruterfolg mit 2 Jungvögeln festgestellt werden.
Hechendorf: Revier-
und Brutnachweis mit 3 Jungvögeln
Die
Sichtungen aus dem Vorjahr fanden Ihre Fortsetzung in dem nun mehr neuen Revier. Das Brutpaar zog 3 Jungvögel auf. Dies ist insoweit interessant, da direkt unter dem Horst ein häufig begangener
und befahrener Waldweg führte. Weiterhin befand sich in gut 100 Meter Entfernung ein Rotmilanhorst mit mindestens 1 Jungvogel. Da die Rotmilane Anfang Juli flügge werden, und sich anschließend
noch rund einen Monat horstnah aufhalten, sind zahlreiche Begegnungen zwischen den Rotmilanen und dem Baumfalkenpaar vorhersehbar gewesen. Übliche Revierabgrenzungsverhalten sind in dieser Phase
tagesüblich vorgekommen, letztendlich waren aber auch beide Bruten erfolgreich.
Andechs:
Revier-
und Brutnachweis mit mindestens 1 Jungvogel
Ein
Sichtungsnachweis in Ornitho vom 30. Juli führte als Vorkommenshinweis tatsächlich zu einem schnellen Revier- und Brutnachweis mit mindestens 1 Jungvogel in eben diesem Gebiet.
Möglicherweise
ist dies auch das Brutpaar, dass wir aufgrund von Sichtungen an der Seacht’n eher südlich vermutet haben, aber nie nachweisen konnten. Die Entfernung zwischen beiden Orten beträgt rund 2,5
km.
Frohnloh
/ Pentenried: Reviernachweis,
aber kein Nachweis von Jungvögeln
In der
Balzphase wurde ein Horst in Pentenried erfasst. Nachdem dies weniger als 1km von dem Vorjahresstandort in Frohnloh entfernt lag, gingen wir von dem gleichen Paar aus. Ein Nachweis von Jungvögeln
gelang schließlich im August/September nicht.
Karpfenwinkel:
Revier-
und Brutnachweis mit mindestens 1 Jungvogel
Trotz
Sichtungen von Baumfalken im Frühjahr im Karpfenwinkel, konnte ein Horst zunächst nicht nachgewiesen werden. In der rufaktiven Bettelflugperiode gelang dann der Nachweis mindestens eines flüggen
Jungvogels in der Nähe des Auweihers in 1,3 km Entfernung zum Karpfenwinkel. Der Auweiher liegt direkt an der Landkreisgrenze, allerdingsauf dem Kreis Weilheim-Schongau. Die ortsgenaue Angabe in
Ornitho notiert damit einen „Grenzgänger“ auf fremder Flur.
Erkenntnisse
aus der Erfassung
Es gibt
eine gewisse Lerneffizienz beim Beobachtungsaufwand: Bei weniger Beobachtungseinträgen wurden mehr Brutpaare mit mindestens gleichviel Jungvögeln festgestellt.
Die
Monate August bis Mitte September sind wegen der zunehmenden Rufaktivitäten am Horst für das Monitoring besonders prädestiniert. Standorte der Balzbeobachtungen im Mai können trügen. Der Horst
kann entgegen dem bekannten Standort aus dem Vorjahr um einige 100 Meter entfernt bezogen werden. In der dann sehr heimlichen Brutphase ist ein Horstnachweis bis August im Grunde nur über einen
hohen Beobachtungsaufwand und etwas glücklicher Fügung möglich.
Eine
Reihe später Meldungen im Landkreis Starnberg bis in den Oktober hinein, mögen der zufällig besseren Erfassung geschuldet sein, könnten aber auch eine Anpassung im Zugverhalten im Hinblick auf
das wärmste Jahr in Deutschland seit den Wetteraufzeichungen bedeuten.
Die
Literatur, u.a. Remo Probst, S.178, nennt: „Einem ersten Schub von Baumfalken (Weibchen) folgt in der zweiten Septemberhälfte und bis Anfang Oktober das Gros der Vögel. Der letzte beobachtete
Baumfalke, ein Jungvogel, zog am 6. Oktober 2010 durch (eig. Daten).“
In 2024
wird das Projekt fortgeführt.
(Text: Bernhard von Prittwitz)