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Sumpfrohrsänger (Foto: Hauke Clausen-Schaumann)
Sumpfrohrsänger (Foto: Hauke Clausen-Schaumann)

16. Juli 2025 

 

Schilfbrüterkartierung am Starnberger See -

Vortrag von Andrea Gehrold 

 

Ca. 35 Ornis fanden sich beim Orni-Stammtisch in Drößling ein, um den Vortrag von Dr. Andrea Gehrold, Gebietsbetreuerin am Starnberger See, über die im Jahr 2023 durchgeführte Schilfbrüterkartierung zu hören. 

 

 

Mehr als 20 Jahre ist es her, dass der Ornithologe Markus Faas die Brutvögel in den Schilfgebieten des Starnberger Sees kartierte. Im Frühjahr 2023 fand eine erneute Kartierung statt. Sie zeigt, wie wichtig die Ausweisung von Schutzgebieten ist. 

 

 

 

Kartierung im Karpfenwinkel (Foto: Pit Brützel)
Kartierung im Karpfenwinkel (Foto: Pit Brützel)

Eine Gruppe von Ornithologen machte sich im Frühjahr 2023 an die Aufgabe, die Brutvögel der letzten drei Schilfgebiete am Starnberger See zu kartieren. Dies war zuletzt 2001 geschehen, damals hatte der Ornithologe Markus Faas sich dieser Aufgabe ganz allein gewidmet. Was die Gruppe um Gebietsbetreuerin Dr. Andrea Gehrold und Pit Brützel, Leiter der Arbeitsgemeinschaft Starnberger Ornithologen (ASO) im LBV herausfand, stellte Gehrold am Mittwoch beim wie gewohnt gut besetzten Stammtisch der ASO in der Fattoria in Drößling vor.

 

Der Starnberger See ist als Ramsar- und Natura 2000-Gebiet ausgewiesen, für rastende und überwinternde Wasservögel ist er von internationaler Bedeutung, bis zu 20000 Vögel warten dann in bestimmten Buchten auf das Frühjahr. „Als Brutgebiet und Sommerlebensraum ist er jedoch weniger untersucht“, sagte Gehrold. „Diese Wissenslücke wollten wir schließen.“ Weil der See ziemlich verbaut ist, bleiben in Summe nur drei Schilfgebiete. Sie befinden sich im Karpfenwinkel bei Unterzeismering südlich von Tutzing, südlich und nördlich von Seeseiten und in der Bucht von St. Heinrich. Sie sind alle dem Landkreis Starnberg zuzuordnen. 

Kartierung vom Tretboot aus (Foto: Martin Hippius)
Kartierung vom Tretboot aus (Foto: Martin Hippius)

Für die Kartierung definierten die Ornithologen neun Zielarten, unter ihnen hoch spezialisierte Schilfbrüter, aber auch bedrohte oder seltene Arten. Zudem sollten alle brütenden Wasservögel erfasst und ermittelt werden. Sie beobachteten von Land aus, glitten aber auch in einem modernen Tretboot und dem LBV-Ruderboot in großer Entfernung still an den Gebieten vorbei, zu allen möglichen Tages- und Nachzeiten. Die Ergebnisse sammelten sie digital, Gerhard Huber von der ASO entwickelte dazu einen Revieralgorithmus. Die Einzeldaten fasste er so zu Revierclustern zusammen. Also alles sehr ausgefuchst und wissenschaftlich. Und vor allem zumeist ehrenamtlich. Brützel nickte da wissend. „Das war ein großer Aufwand“, sagte der ASO-Leiter.

 

 

 

 

 

Teichrohrsänger (Foto: Peter Witzan)
Teichrohrsänger (Foto: Peter Witzan)

Die größte Revierdichte fanden die Ornithologen in der Bucht von St. Heinrich, dort ist der Schilfgürtel besonders breit. Insgesamt stellten sie 120 Vogelarten fest, „das hat uns überrascht“, sagte Gehrold. Unter ihnen waren 61 Brutvögel (oder zumindest bestand Brutvogelverdacht) mit in Summe 221 Revieren. Viele der Arten gelten als bedroht, darunter der Sumpfrohrsänger, Feldschwirl, Teichhuhn, Waldlaubsänger, Flussseeschwalbe, Gänsesäger, Drosselrohrsänger oder auch Wasserralle. Die Ornithologen sahen aber auch mindestens 38 besonders bedeutsame Vogelarten, die den See als Rast- und Nahrungshabitat nutzten. Durchzügler wie Waldlaubsänger, Bekassine, Fischadler, Knäkente, Flussuferläufer oder auch Wiedehopf. Erwähnenswert: Bis zu fünf der seltenen Prachttaucher verbrachten 2023 wohl den ganzen Sommer am See, üblicherweise überwintern sie dort nur.

Rohrammer (Foto: Antje Geigenberger)
Rohrammer (Foto: Antje Geigenberger)

Natürlich verglichen die Ornithologen die Ergebnisse mit denen von 2001. Bei zwei Drittel der Arten ermittelten sie geringere Revierzahlen, besonders bei den häufiger anzutreffenden Rohrammern (50 statt 80) und Teichrohrsängern (83 statt 159). Gehrold gab aber zu bedenken, dass es sich um zwei Einzeljahre handelt. „Die Bestände sind von Witterungsbedingungen, Wasserständen und auch der überregionalen Populationsdynamik abhängig.“ 2001 sei ein besonders nasses Jahr gewesen, in der Saison 2023 herrschte erst Niedrigwasser. Im April und Mai stiegen die Pegel an, eventuell fielen diesem Umstand auch Nester zum Opfer.

 

Bei einem ist sich Gehrold jedoch sicher: Dass die drei untersuchten Gebiete sommers wie winters unter strengem Schutz stehen, ist von großer Bedeutung. „Denn sie bieten störungsarme Rückzugsräume sowohl für ungefährdete Arten als auch für die kleinen Bestände bedrohter Vogelarten“. Noch dazu befänden sich dort auch Laichgebiete für verschiedene Fischarten. In den 90er Jahren habe es solche See- und Uferbereiche kaum gegeben, damals verschwanden auch Schilfgebiete. „Überraschend war, dass der Starnberger See ein wichtiges Rastgebiet auch im Frühjahr und Sommer ist“, sagte sie. Auch dies stelle die wichtige Funktion der Schutzgebiete heraus.

In ihrem Bericht, der auch auf der Seite des LBV Starnberg nachzulesen ist, spricht Andrea Gehrold auch Empfehlungen aus, wie beispielsweise eine ausreichende Kennzeichnung der Schutzgebiete. „In der Regel werden sie respektiert und auch von den Menschen vor Ort beobachtet. Aber die Markierung könnte man verbessern.“

 

Der Ammersee verfügt übrigens über deutlich mehr Schilfgebiete, dort werden auch alle drei Jahre von der Regierung von Oberbayern finanzierte Kartierungen durchgeführt. „Auch am Starnberger See wäre es gut, das häufiger zu machen“, sagte Gehrold. „Jedenfalls nicht erst wieder in 20 Jahren.“

 

(Text: Hanna von Prittwitz (Starnberger Merkur))