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Kerkini - See
Kerkini-See

10. April 2025

 

Der Vortrag von Tobias Zehetmair mit dem Titel „Thrakien - ein ornithologischer Reisebericht aus Ostgriechenland vom Kerkini - See bis zum Evros" lockte am 10.4.2025 ca. vierzig interessierte Ornithologen in die Fattoria bei Drößling. Seit 2014 hat Tobias diese abgelegene Region im Nordosten Griechenlands schon mehrfach besucht. Drei Beobachtungspunkte stellte Tobias in seinem Vortrag vor: den Kerkini See, das Nestos-Delta und das Evros Delta.

 

 

 

Brauner Sichler
Brauner Sichler

Der Kerkinisee wurde zum Hochwasserschutz und zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen aufgestaut. Er hat sich zu einem wichtigen Feuchtbiotop entwickelt, ist RAMSAR Gebiet und steht unter dem Schutz des europäischen NATURA-2000 Programms. Die Landschaft ist strukturreich. Extensive Landwirtschaft mit vielen Hecken, Uferregionen, Wald- und Schwemmland bieten zahllosen Vogelarten Lebensraum. Ein touristisches Angebot ist entstanden, z.B. Bootstouren zu den Brutkolonien. Wahrzeichen des Kerkini Sees ist der Krauskopf-Pelikan mit seiner beeindruckenden 3 m Flügelspannweite. Dazu gibt es viele unterschiedliche Reiherarten, Kormorane, Löffler und, je nach Wasserstand, auch Flamingos  und Braune Sichler. Mehr als 300 Vogelarten, darunter auch seltene wie Rotkopfwürger, Eleonorenfalke, Blasspötter oder Rötelschwalbe finden sich hier. Und das trotz der Tatsache, dass der Strand im Sommer von Touristen bevölkert wird.

Spornkiebitz - der seltenste Brutvogel Europas
Spornkiebitz - der seltenste Brutvogel Europas

Der Nationalpark Nestos-Delta nahe der Stadt Keramoti ist eines der wichtigsten Feuchtgebiete Europas mit einer Fläche von rund 550 Quadratkilometern. In diesem Gebiet befinden sich neben landwirtschaftlichen Flächen Auwälder, Binnendünen, Lagunen und Süßwasserseen mit einer unglaublichen Vielfalt an Tieren und Pflanzen. Im Gebiet des Nestos-Deltas haben über hundert Vogelarten ihre Brutstätten, darunter so seltene Tiere wie Schreiadler, Schwarzkopf- und Dünnschnabelmöwe, Rotflügel-Brachschwalbe und Triel. Das Highlight dieser Region: 20 Paare des seltensten Brutvogels Europas – der Spornkiebitz. Tobias berichtet von der Ortstreue der Vögel. Ein Paar brütet zuverlässig mitten in der Stadt Keramoti im Kreisverkehr. Neben der Vielzahl an Vögeln findet man dort auch andere seltene Tiere wie den Scheltopusik, die größte Schleiche Europas, Goldschakale und Wölfe. Nördlich vom Delta befindet sich die Nestos Schlucht, 20 km lang, 300 m tief. Zahllose Greifvögel wie Schlangenadler, Gänse- und Schmutzgeier sind dort zu sehen. Durch ausgelegte Giftköder sei in den letzten Jahren der Bestand sehr zurückgegangen und erhole sich nur langsam wieder.

 

 

Schlangenadler
Schlangenadler

 

 

Evros Delta. Der Evros ist der Grenzfluß zwischen Griechenland und Türkei. Sein Delta ist RAMSAR und Natura 2000 Gebiet und dient mehr als 150.000 Vögeln als Durchzugs- und Überwinterungsgebiet. Ein kleiner Berg bietet Aussicht auf die kleinstrukturierte Ebene -Marschlandschaften mit Tamarisken, trockene Gebiete, Binnenseen. Seltene Vogelarten wie Ortolan, Balkansteinschmätzer, Maskenwürger, Schreiadler sind hier zu finden. Am Wasser die Beutelmeise, Löffler, Rosa Flamingo, Zwergstrandläufer.

 

Insgesamt 192 Vogelarten stehen auf Tobias Zehetmairs Liste. Sein Ziel, die 200 beim nächsten Besuch in zwei Wochen vollzumachen, erscheint realistisch.

 

 

Tobias berichtet aber auch von unerfreulichen Entwicklungen in der Region. Die Wirtschaftskrise in Griechenland führte zu einer Vernachlässigung von Schutzmaßnahmen.  Lehr- und Infozentren wurden geschlossen, Müllberge verschandeln an vielen Orten die Natur. Seit der Flüchtlingskrise gibt es viel Militärpräsenz in der Gegend.  Man muss einen Antrag stellen, um das Gebiet besuchen zu können.  Dazu die verheerenden Waldbrände der letzten Jahre, die viel zerstört haben. Trotzdem macht sein Vortrag mit den faszinierenden Vogelaufnahmen absolut Lust, die Region zu besuchen, vielleicht auf dieselbe Art wie er – im Schlafsack gegen Kälte und Mücken eingemummelt unter freiem Himmel, bewacht von einem kleinen Wiedehopf.

 

 

Der spannende Vortag wurde mit einer Quizfrage beendet – an welcher Stelle der 130 Folien hat sich ein Fehler eingeschlichen? Ein paar der gewieften jungen Ornithologen erkannten gleich zwei: Grauortolan – nicht Ortolan bzw. Grünschenkel statt Bruchwasserläufer.

 

 (Text: Andrea Schöner; Fotos: Tobias Zehetmair)