Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Vom Fluss auf´s Floß - Die Flussseeschwalbe in Bayern

Flussseeschwalbe (Foto: Thomas Hafen - www.natut-fotografieren.de)
Flussseeschwalbe (Foto: Thomas Hafen - www.natut-fotografieren.de)

21. März 2018 Knapp 25 Ornithologen hatten sich zum 2. Ornistammtisch des Jahres in Oberpfaffenhofen eingefunden.  Dr. Andrea Gehrold, die Gebietsbetreuerin am Starnberger See berichtete über die Situation der Flussseeschwalbe in Bayern und insbesondere über das Flussseeschwalbenfloß am Starnberger See.

 

Im ersten Teil des Vortrags behandelte Andrea Gehrold die anspruchsvolle Biologie der Flussseeschwalbe. Die Flussseeschwalbe ist ein Langstreckenzieher, der in Europa brütet und in Westafrika bzw. Südafrika überwintert. Junge Fluss­seeeschwalben verbringen ihr 2. Kalenderjahr in Afrika und kehren erst im 3. Kalenderjahr nach Europa zurück. In diesem Jahr erkunden sie als sogenannte Prospektoren das Brutgebiet, brüten aber meist erst im darauffolgenden Jahr. Während der Jahre der ersten Brutversuche werden sie als Rekruten bezeichnet. Es dauert allerdings meist bis zum 6. Kalenderjahr, bis die Flussseeschwalbe erfolgreich brüten kann. Die Seeschwalben werden 25-30 Jahre alt und leben monogam. Die Partner sind allerdings nur während der Brutzeit zusammen, auf dem Zug und im Überwinterungsquartier gehen sie getrennte Wege.

Flussseeschwalbenküken (Foto: A.Gehrold)
Flussseeschwalbenküken (Foto: A.Gehrold)

Während es Anfang des 20. Jahrhunderts noch ca. 1000 Brutpaare der Flussseeschwalbe in Bayern gab, war die Art  Anfang der 80er Jahre fast ausgestorben. Es wurden damals noch knapp 50 Brutpaare gezählt.  Durch intensive und aufwändige Schutzbemühungen, insbesondere durch den Bau künstlicher Nistflösse, konnte der Bestand stabilisiert und gesteigert werden. Heute brüten in Bayern wieder ca. 350 Brutpaare der Flussseeschwalbe. Es gibt inzwischen ca. 50 Flösse der unterschiedlichsten Bauart in Bayern, die mehr oder weniger intensiv von der Flussseeschwalbe genutzt werden. Fast der gesamte Bestand der bayrischen Flussseeschwalbe brütet inzwischen auf künstlichen Nistflössen, die Art wäre also in Bayern ohne diese Maßnahmen nicht überlebensfähig.

Brutgeschehen am Floß (Foto: A.Gehrold)
Brutgeschehen am Floß (Foto: A.Gehrold)

Aber auch auf den Flössen ist das Überleben der Art nicht einfach. Es herrscht Brutplatzkonkurrenz, vor allem mit den Lachmöwen. Da die Lachmöwen allerdings deutlich früher als die Flussseeschwalben brüten, können die beiden Arten recht gut miteinander auskommen. Der Kleptoparasitismus (oder umgangssprachlich Futter­klau) sowohl zwischen den Flussseeschwalben als auch zwischen den Lachmöwen und den Seeschwalben ist eine weitere Herausforderung. Andrea Gehrold zeigte Bilder und Videos vom Brutfloß am Starnberger See, die dieses Phänomen dokumentieren. Im Jahr 2016 wurde die Kolonie am Starnberger See Opfer eines Eulenvogels. Die Seeschwalben können sich durch ihre aggressive und wehrhafte  Art der Taggreifvögel recht gut erwehren, bei den Nachtgreifvögeln sind sie allerdings wehrlos. So verließen die Seeschwalben im Sommer 2016 wegen eines Eulenvogels nachts regelmäßig das Floß und kehrten erst bei Sonnenaufgang wieder zurück. Die Eier und Jungen kühlten aus, und schließlich wurde die Brut abgebrochen. Im Jahr 2017 war die Brut wieder erfolgreich. Eine Dokumentation des Brutgeschehens wird regelmäßig auf der Website des LBV Starnberg veröffentlicht.

Aufnahmen der Zeitrafferkamera am Floß (LBV Starnberg)
Aufnahmen der Zeitrafferkamera am Floß (LBV Starnberg)

Eindrucksvolle Bilder und Videos der auf dem Floß am Starnberger See installierten Kamera rundeten den Vortrag von Andrea Gehrold ab. In der anschließenden Diskussion konnten alle Fragen des Publikums beantwortet werden. Herzlichen Dank an Andrea Gehrold, die in ihrem schönen Vortrag Einblicke in das Leben der Flussseeschwalbe gewährte und die Herausforderungen und vielfältigen Anstrengungen dokumentierte, die mit dem Schutz dieser faszinierenden Art verbunden sind.

Das Thema des Vortrags wurde auch in einem Fachartikel von Heribert Zintl und Andrea Gehrold dokumentiert, der 2016 im Ornithologischen Anzeiger veröffentlicht wurde. Dieser Bericht kann hier heruntergeladen werden.

 

(Text: Pit Brützel)