19. Juli 2017 Trotz hochsommerlicher Hitze waren gut 25 Interessierte zum Ornistammtisch der ASO gekommen. Hans-Joachim Fünfstück, der auf Einladung aus
Garmisch-Partenkirchen angereist war, hielt einen Vortrag über die Arbeit der Bayerischen Vogelschutzwarte. Nach einem kurzen historischen Abriß stellte er die Aufgaben der Vogelschutzwarte
kursorisch vor, um sich dann näher mit den diversen Monitoringprogrammen zu beschäftigen.
Die Vogelschutzwarte hat eine Fülle von Aufgaben, die aber auf Grund der Personalknappheit oftmals etwas länger brauchen bis sie erledigt sind. Ein Vergleich mit der personellen Ausstattung
der Schweizer Vogelschutzwarte zeigt das deutlich. Während es in Bayern bei der Vogelschutzwarte nur 6,5 Mitarbeiter, darunter einen Biologen, gibt, beschäftigt die Schweizer Vogelschutzwarte
ca. 100 Mitarbeiter (40 Biologen). Die Anzahl der Ehrenamtlichen, die von den Vogelschutzwarten in Bayern und in der Schweiz betreut werden, sind ungefähr gleich groß (Bayern: 1.300, Schweiz:
1.000). Kein Wunderalso, dass viele Aufgaben nicht oder nicht termingerecht wahrgenommen werden können.
Der erste Schwerpunkt des Vortrags waren die unterschiedlichen Monitoringprogramme, die von der Vogelschutzwarte betreut werden. Ziel der Monitoringprogramme ist es, den Zustand und die
Veränderung der Vogelwelt zu dokumentieren. Damit wird die Politik bei umweltrelevanten Entscheidungen beraten, es werden Rote Listen und Brutvogelatlanten erstellt. Den (inter)nationalen
Berichtspflichten wird mit Hilfe von Umwelt- und Nachhaltigkeitsindikatoren nachgekommen. Im Rahmen von Artenhilfsprojekten werden z.B. Weißstorch, Wiesenweihe, Ortolan, Uhu und Wanderfalke
überwacht. Manche dieser Artenhilfsprogramme sind überaus erfolgreich, so z.B. das Programm für den Weißstorch. Es gibt inzwischen 480 Brutpaare des Weißstorchs in Bayern. Ebenso das Programm
für die Wiesenweihe, das auch in andere Regionen Europas ausstrahlt – viele fränkische Wiesenweihen brüten inzwischen in anderen europäischen Ländern. Bei anderen Vogelarten wie
Kormoran, Saatkrähe und Graureiher werden regelmäßig die Bestände erfasst. 90% der Arbeiten an diesen Programmen werden von Ehrenamtlichen erbracht. Auch Mitglieder der ASO arbeiten bei
der Bestandserfassung von Kormoran und Saatkrähe im Landkreis Starnberg mit.
Im sogenannten Totvogelmonitoring werden tot aufgefundene Großvögel (ab Krähengröße) untersucht und dokumentiert. Mit Abstand am häufigsten werden Mäusebussarde aufgefunden. Erschreckende
Zahlen zeigte H.-J. Fünfstück über die Todesursachen. Von 223 untersuchten Fällen wurden 120 Vögel vergiftet, bei weiteren gut 50 Vögeln ist eine Vergiftung sehr wahrscheinlich. Ca. 40 Vögel
wurden abgeschossen. In letzter Zeit werden in der Umgebung von geplanten Windkraftanlagen gezielt Rotmilane und Schwarzstörche verfolgt. Dass ein Zusammenhang besteht, ist noch nicht
bestätigt. Ein besonders trauriges Kapitel.
H.-J. Fünfstück ging dann noch kurz auf die großen Monitoringprogramme ein. Das sind das Monitoring rastender Wasservögel (die sog. Wasservogelzählung), das Monitoring häufiger Brutvögel sowie das neue
Programm „Monitoring seltener Brutvögel“. Die Wasservogelzählung und das Monitoring häufiger Brutvögel wird schon seit vielen Jahren auch von einigen Mitgliedern der ASO durchgeführt. Beim
Monitoring seltener bzw. mittelhäufuger Brutvögel ergibt sich vermutlich ein neues Arbeitsgebiet für die ASO. Dabei können die von der ASO durchgeführten Kartierungen in das
Monitoringprogramm einfließen. Details werden wir sicher noch im Rahmen von ASO-Aktiv mit den Mitarbeitern der Vogelschutzwarte besprechen.
Im zweiten Teil seines Vortrags ging H.-J. Fünfstück dann auf das Steinadlermonitoring in den bayerischen Alpen, das er mit Freunden und Kollegen seit über 30 Jahren betreibt, ein. Dabei
schilderte er viele interessante Aspekte über die Verbreitung des Steinadlers, den (recht geringen) Bruterfolg in den letzten Jahren sowie über das Beutespektrum des Steinadlers. Häufigstes
Beutetier ist die Gams, aber das Beutespektrum reicht von jungen Bären und Wölfen bis hin zu Vögeln in Drosselgröße. Aber auch Vögel wie Auerhuhn werden vom Steinadler gejagt, wie man
eindrucksvoll in
diesem Video sehen kann.
In den bayerischen Alpen ist der Steinadler gut vertreten, de facto sind alle möglichen Reviere besetzt. Schutzbemühungen wie z.B. Vereinbarungen mit der Bundeswehr über den Verzicht
auf Hubschraubenflüge in einem Radius von 1 km rund um den Horst tragen zur Sicherung des Bestandes bei. Doch der Freizeitdruck durch Kletterer, Gleitschirmflieger, etc. sowie die Jagd auf
Beutetiere des Steinadlers mit bleihaltiger Munition führen immer wieder zu Verlusten.
Mit seinem hochinteressanten Vortrag hat uns H.-J. Fünfstück einen sehr guten Überblick über die diversen Aspekte der Arbeit der Vogelschutzwarte gegeben. Herzlichen Dank dafür. Eine längere
Diskussion schloß sich an und innerhalb der ASO wird das Monitoringthema in Zukunft sicher noch größeren Raum einnehmen.
(Text: Pit Brützel, Fotos: H.-J. Fünfstück)