Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Exkursion an den Bodensee

19.- 21. September 2025

Finde die Raubmöwe(n) (Foto: Richard Roberts)
Finde die Raubmöwe(n) (Foto: Richard Roberts)

Freitag, der 19. September 2025, war der Auftakt zur diesjährigen mehrtägigen ASO-Exkursion! Drei Tage Bodensee standen auf dem Plan.

Der Spätsommer hatte die Klagen über einen sich androhenden Herbstanfang vernommen und zeigte sich in Geberlaune. Elf dankbare ASO-Aktive hatten die richtige Entscheidung getroffen und sich den Arbeitstag frei geschaufelt.

Sinnvoll aufgeteilt von unserem gut eingespielten Orga-Team (Oliver und Sebi) traf man sich morgens in Kleingruppen in und um München herum und machte sich auf den Weg ins schöne Friedrichshafen.

Vor Ort trafen wir auf Jörg Günther, einen Ehemaligen aus der Münchner Gegend, den es zurück in seine Heimat am Bodensee gezogen hatte und der uns die kommenden Tage begleiten würde.

 

 

ASO auf der Suche nach den Raubmöwen (Foto: Claudia Neumann)
ASO auf der Suche nach den Raubmöwen (Foto: Claudia Neumann)

Erster Programmpunkt der Exkursion - “Finde die Raubmöwe(n)”. Man nehme zwei Mietboote mit je sechs Plätzen, so viel Optik wie die Hände hergeben und vier Stunden Zeit, um auf dem Bodensee herumzufahren.

 

Bei den Raubmöwen handelt es sich um Langstreckenzieher, die trotz des Namens nicht den Möwen zugeordnet sind. Sie bilden eine eigene Familie mit vier Arten: Falken-, Schmarotzer-, Spatelraubmöwe und die Große Raubmöwe, auch “Skua” genannt. Laut NABU leben sie hauptsächlich auf der Nordhalbkugel und überwintern vor allem auf dem offenen Meer des Südatlantiks und Pazifiks. Ihre Anwesenheit auf dem Binnengewässer Bodensee hat also durchaus Seltenheitscharakter. Mutig erklärte sich Tobias bereit, neben Jörg das zweite Boot zu steuern und los ging es Richtung Seemitte. Eine gute dreiviertel Stunde fuhren wir einfach nur geradeaus, ohne, dass sich die gefühlte Distanz zur einen oder anderen Uferseite merklich veränderte. Distanzen auf Wasser richtig zu schätzen ist definitiv nichts für Ungeübte. 

Falkenraubmöwe (Foto: Sebastian Ludwig)
Falkenraubmöwe (Foto: Sebastian Ludwig)

Da ASO-Aktive grundsätzlich vorbereitet sind, wussten wir, dass die letzten Tage einzelne Raubmöwen-Exemplare auf Ornitho gemeldet worden waren. Über eine Stunde sollte es dauern, dann fand Oliver einen vielversprechenden, auf dem Wasser sitzenden schwarzen Punkt am Horizont, der sich tatsächlich als Falkenraubmöwe herausstellte. Neben dem Wettergott zeigte sich auch die Raubmöwe äußerst gnädig und nach einigen Annäherungsversuchen ließ uns das Exemplar in der intermediären Morphe richtig nahe heran. Die Speicherkarten der Kameras liefen heiß und die ASOs waren im Glück.

 

Weitere Raubmöwen sollten sich leider nicht mehr zeigen, größere Wasservögel Trupps fanden wir Richtung Osten. Jörg schätzte 600 bis 700 Haubentaucher und etwa 35 Großmöwen, die sich dort zusammengerottet hatten. Die Großmöwen haben es dabei auf den Jagderfolg der Haubentaucher abgesehen. Die sich abseits haltende Raubmöwe wiederum hat es auf die Beute der Großmöwen abgesehen. Hierfür fliegt sie einzelne, gezielte Attacken. Ihr Name ist also Programm.

Eisvogel (Foto: Jana Selzer)
Eisvogel (Foto: Jana Selzer)

Auf dem Weg zurück Richtung Ufer entdeckte Leo drei über uns in den Süden ziehende Rohrweihen. Laut Jörg queren viele Greifvögel auf dem Vogelzug den See. Aufgrund der fehlenden Thermik über Wasser verlieren sie dabei merklich an Höhe und sind so gut zu beobachten.

 

Mit einem wohlverdienten Eis und dem ein oder anderen Kaffee gestärkt, machten wir uns nach der erfolgreichen Wassertour auf in die Unterkunft. Ein kurzer Check-in sollte es sein und dann wollte man vor dem Abendessen noch einmal hinaus. Leider verlief der angeblich voll automatische Check-in mehr als holprig und es dauerte weit über eine Stunde, bis alle Zugang zu ihren Zimmern hatten. Der Sonnenuntergang war bereits in Gange, als sich der Trupp wieder vollzählig versammelte, um noch ein bisschen auf dem rechten Rheinufer zu stehen und zu beobachten. Das Licht schwand schnell, trotzdem zeigte sich einiges: umherflitzende Eisvögel, lautstarke Wasserrallen, Schwärme von Staren, die sich zum abendlichen Schlafplatz im Schilf einfanden, ein jagender Sperber, der es auf die Stare abgesehen hatte. Vor dem orange leuchtenden Himmel jagten die ersten Abendsegler. Stimmungsvoller kann ein erster Tag nicht enden. Beim Italiener mit Pizza und Pasta wurden die Kraftreserven für die kommenden Tage wieder aufgefüllt. 

Bananeninsel (Foto: Jessica Fischer)
Bananeninsel (Foto: Jessica Fischer)

Tag 2 – das Geheimnis der Bananeninsel

Guter Schlaf und ein gutes Frühstück sind wichtig. Ganz besonders wichtig sind sie, wenn man auf ASO-Exkursion ist. Die Tage sind lang und man ist viel auf den Beinen. Samstagmorgen ging es verhältnismäßig gesittet los, es war Zeit für ein frühes, aber entspanntes Frühstück und die Sonne war bereits aufgegangen. Als Ziel war das linke Rheinufer ausgerufen worden und immer wurde  dabei eine Bananeninsel erwähnt. Dort, wo der Rhein in den Bodensee fließt, wird der Fluss noch gute vier Kilometer in den Bodensee geführt. Die seitlichen Dämme sind befestigt und begehbar und bei verschiedensten Gruppen (Fußgängern, Fahrradfahrern, Ornithologen) äußerst beliebt. Angrenzend an die Dämme gibt es Vegetationsflächen, die einen Übergang zum offenen Wasser des Bodensees darstellen.

Bis zu 30 Grad waren für den Tag angekündigt und das bei einer Strecke, die fast ausschließlich in der Sonne liegt. Und was ist eigentlich eine Bananeninsel?

Die ASOs kamen arttypisch voran. Eine schnellere kleine Vorhut, eine verteilte Mittelgruppe und einige wenige Nachzügler. Bei diversen Highlights, gut erkennbar an der aktiven Gruppierung und dem zügigen Aufstellen diverser Spektive und Kameras, fand sich alles wieder zusammen. Die Vogelwelt war vielfältig vertreten mit vielen Enten und Limikolen. 

Raubseeschwalbe (Foto: Jana Selzer)
Raubseeschwalbe (Foto: Jana Selzer)

Zur Mittagszeit hatten wir über die Hälfte des Weges geschafft und wir fanden einen schönen Pausenplatz im Schatten mit Blick auf den Bodensee. Beim Vesperbrot ließen sich aus nächster Nähe zwei Eisvögel, ein fressender Sperber und eine jagende Raubseeschwalbe beobachten. Trotz Mittagshitze zeigte sich ein Wendehals direkt an der Wegböschung und ein Sandregenpfeifer entspannte sich einbeinig am Wasserrand des Rhein. Er war so nah, dass man deutlich den fehlenden orangen Augenring sehen konnte, den der bei uns im Vergleich häufigere Flussregenpfeifer als Erkennungsmerkmal hat.

Mittlerweile war es richtig heiß geworden und so dünnte der Trupp aus, der weiter Richtung Ende des Dammes strebte. Einige verloren wir an Schattenplätze, andere an das Wasser des Bodensees und nur ein harter Kern marschierte den letzten Kilometer bis ans Ziel voll durch. Dort stieß auch Jörg wieder zu uns. Ob es sich wirklich gelohnt hatte?

Schilfrohrsänger (Foto: Sebastian Ludwig)
Schilfrohrsänger (Foto: Sebastian Ludwig)

Der Rückweg wurde begleitet von vielen Geschichten und Erklärungen von Jörg. Er zeigte uns anhand lebendiger Beispiele vor Ort die verschiedenen Unterscheidungsmerkmale bei Großmöwen – gar nichts für Ungeübte. Bei Großmöwen gibt es in den ersten vier Lebensjahren jeweils unterschiedliche Federkleider. Erst ab dem vierten Lebensjahr darf beispielsweise die Farbe der Beine zur Artbestimmung herangezogen werden. Und auch der Aufrichtungsgrad beim Stehen ist ein Bestimmungsmerkmal. Dank Jörgs detaillierter Anleitung meinten auch wir am Ende sehen zu können, dass da jetzt eine besonders aufrechte Großmöwe stand. Und die Bananeninsel? Es handelte sich relativ unspektakulär um eine flache, schmale und bananenförmig gekrümmte Insel, auf der gerne Wasservögel rasten. In unserem Fall saßen dort passende Exemplare für “Bestimmung von Großmöwen mit Jörg”.

 

Nach 8,5 Stunden, mehr als genug Sonne, leeren Sonnencremetuben und vielen Vögeln auf der Artenliste – Klappergrasmücke und Schilfrohrsänger hatten sich auch noch gezeigt – fand sich eine staubige, aber zufriedene Truppe wieder vollständig am Parkplatz ein. Wer jetzt auf Pause, Eis und Toilette hoffte, war offensichtlich noch nicht genug mit den ASOs unterwegs. Mit der Aussicht auf Große Brachvögel und Pfuhlschnepfen wurde der ganze Trupp schnell wieder auf Touren gebracht und so ging es auf direktem Weg zum Fußacher Ried.

Brachvögel (Foto: Jana Selzer)
Brachvögel (Foto: Jana Selzer)

 

 

Beim Schein der untergehenden Sonne fanden wir zwar keine Pfuhlschnepfen, dafür mehrere Hunderte Große Brachvögel – eine unglaubliche Anzahl dieser stark gefährdeten Vögel mit dem charakteristischen Schnabel. Die Stimmung war traumhaft, der Sonnenuntergang eines heißen Spätsommertages würdig und so machten sich schließlich alle müde und staubig, aber beseelt auf zur wohlverdienten Dusche. Laut Leos Uhr hatten wir circa 18.000 Schritte intus und waren den ganzen Tag auf den Beinen gewesen. So endete der Abend wenig überraschend wieder beim Italiener vom Vortag, um die leeren Kohlenhydratspeicher optimal wieder aufzufüllen.

 

ASO unterwegs (Foto: Max Herrmann)
ASO unterwegs (Foto: Max Herrmann)

Tag 3 – und die Frage, wie viele Gebiete sich mit dem Heimweg kombinieren lassen

 

Nachdem der zweite Tag entspannt NACH dem Sonnenaufgang gestartet hatte, ging es am dritten und letzten Tag noch VOR dem Sonnenaufgang wieder raus. Es ging zur Bregenzer Ach und Jörg Günter war dieses Mal wieder von Anfang an mit am Start. In den Schlickflächen des Mündungsbereiches suchten wir im diesigen Morgenlicht Limikolen. Einige Großmöwen zeigten sich ebenfalls und so konnte die Gruppe unsere am Vortag erlernten Kenntnisse zur Großmöwenbestimmung wiederholen. Einfacher wurde es leider nicht, aber wieder stand Jörg sachkundig zur Seite.

Für das Frühstück gingen wir noch einmal zurück ins Hotel. Glücklicherweise zeigte sich die Kaffeemaschine letztendlich gnädig und der Gruppenkollaps konnte verhindert werden. Gestärkt traten wir den Heimweg an, oder eben auch: Abfahrt in Gebiet Nummer 2 – Vogelfreistätte Rohrsee bei Bad Wurzach.

Schwarzstörche  (Foto: Richard Roberts)
Schwarzstörche (Foto: Richard Roberts)

 

 

Wie man im Natura200-Flyer des Regierungspräsidium Tübingens nachlesen kann, ist der See seit 1938 geschützt. Hier brüten der Schwarzhalstaucher und der in Baden-Württemberg vom Aussterben bedrohte Drosselrohrsänger. Lachmöwen bilden jedes Jahr eine große Brutkolonie, in der vereinzelt auch die seltenen Schwarzkopfmöwen leben. 2017 hat der Purpurreiher zum ersten Mal erfolgreich dort gebrütet. Gute vier Stunden verbrachten wir bei Sonnenschein am See. Da die angrenzenden Wiesen sanft ansteigen, lässt er sich schön überblicken. Wir beobachteten, wie ein adulter Seeadler die rastenden Wasservögel in helle Panik versetzte. Der Himmel war voll mit Rotmilanen, Rohrweihen und Mäusebussarden, und zwei Schwarzstörche zogen ihre Kreise weit über uns im Himmel. 

Viele Enten schwammen auf dem Wasser und die Schlickränder waren voll mit Limikolen.

 

Hermelin (Foto: Sebastian Ludwig)
Hermelin (Foto: Sebastian Ludwig)

 Ein umtriebiges Hermelin, erkennbar an der schwarzen Schwanzspitze, sprang durch den Schilfrand und stellte sich als Fotomotiv zur Verfügung. Innerhalb unserer Gruppe stellte sich eine Phase der allgemeinen Entspannung ein.

 

Aber immer noch war der Tag nicht vorbei, also ging es weiter ins dritte und letzte Gebiet des Tages – die Vogelbeobachtungsstation Lautrach an den Illerstauseen. Damit wissen wir nun Bescheid, drei Gebiete mit je mehrstündigem Aufenthalt sind machbar auf einer Heimreise von circa zwei Stunden, vorausgesetzt man fängt noch vor dem Frühstück an. Zum ersten Mal in den drei Tagen ließ das Wetter ein bisschen nach, die Sonne verschwand und machte hohen Gewitterwolkentürmen Platz. Trotzdem reichten die Zeit und das langsam schwindende Licht aus, um einfliegende Trupps von Großen Brachvögeln, viele viele Rostgänse und einen kleinen, fleißig umhertauchenden Schwarzhalstaucher zu bewundern.

 

Was hatten wir nicht alles gesehen und erlebt und gelernt in den gemeinsamen Tagen. Auf stolze 99 Arten kam unser Chronist Max, davon waren wieder einige Lifer.

 

Besonderer Dank geht natürlich an das Orga-Team, Oliver und Sebi, für ihren großen Planungseinsatz. Es hat sich auch dieses Mal wieder voll gelohnt.

 

(Text: Jana Selzer)