In der Sommerhitze gings dann auf einen Sprung zum See und anschließend wartete eine weitere nette Überraschung auf uns - Kaffee und Kekse. So gestärkt lauschten wir Prof. Dr. Michaela Hau aus
der Forschungsgruppe Evolutionäre Physiologie, die sich dafür interessiert, wie Tiere mit Umweltveränderungen umgehen. Dafür fing sie über fünf Jahre hinweg dieselben Kohlmeisen nach minutiöser
und präziser Planung. Eine Blutentnahme verriet den Wert des Stresshormons Kortikosteron. Dieses wird bei niedrigen Temperaturen vermehrt produziert und hilft dem Vogel, Wärme zu erzeugen.
Michaela Hau konnte im Schnitt zeigen: Je wärmer die Umgebung, desto weniger Kortikosteron hatten die Meisen. Wichtig dabei: Manche Meisen passten ihren Stresshormonspiegel stärker an die
Umgebungstemperatur an als andere. Diese Variabilität könnte helfen, auf Umweltveränderungen z.B. infolge des Klimawandels schneller zu reagieren. Evolution im Schnelldurchlauf!
Einen letzten Forschungseinblick gewährte uns Michael Stiegler. Er untersucht in seiner Bachelorarbeit das Futterverhalten von Kohlmeisen mittels Radio Frequency Identification (RFID). Mit dieser
Technik können Vögel mit einem speziellen Ring eindeutig und kontaktlos von einem Lesegerät identifiziert werden, das z.B. in einer Futtersäule angebracht ist. Automatisiert konnten dadurch in
einem Vier-Monats-Zeitraum im Winter von 93 Meisen ca. 15.000 Besuche an 20 Futtersäulen registriert werden. Eine enorme Datenmenge, die ohne diese clevere Technik nicht so leicht gesammelt
werden könnte. Die hungrigste Meise brachte es auf knapp 1000 Besuche, wobei sie neun unterschiedliche Futtersäulen ansteuerte. Insgesamt schwankte die Besuchsanzahl erheblich, manche Meisen
hatten nach einem einzelnen „Versuchsbissen“ kein Interesse mehr am Supermarktfutter. An einer Futterstelle wurden 45 verschiedene beringte Meisen registriert (und es gab sicher noch viel mehr
unberingte). Wer also meint, er sähe jeden Tag die gleichen Meisen im eigenen Garten, täuscht sich vielleicht…