Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Baumfalke und Braunkehlchen – Exkursion in die Rosenheimer Stammbeckenmoore

ASO-Exkursionsgruppe in den Rosenheimer Stammbeckenmooren (Foto: Pit Brützel)
ASO-Exkursionsgruppe in den Rosenheimer Stammbeckenmooren (Foto: Pit Brützel)

19.05.2019

 

 

Der Mai 2019 war in der ersten Hälfte alles andere als ein Wonnemonat, Regen und Kälte beherrschten das Wettergeschehen nicht nur an den Eisheiligen. Doch zum Glück änderte sich das pünktlich zur ASO-Frühjahrsexkursion. Bei strahlendem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen starteten am 19.05. zehn Ornis am Parkplatz der Moorstation Nicklheim, um ein Gebiet zu erkunden, das für die meisten Exkursionsteilnehmer Neuland war: die Rosenheimer Stammbeckenmoore. Sie entstanden durch Verlandung aus einem riesigen See, der nach der Eiszeit das Becken südlich von Rosenheim bedeckte. Einst umfassten die Moore ein Gebiet von 4.300 ha, heute sind mit dem Sterntaler Filz  gerade einmal 40 ha, also nicht einmal ein Prozent davon übrig.

 

 

 

Blick auf die Kollerfilze (Foto: Pit Brützel)
Blick auf die Kollerfilze (Foto: Pit Brützel)

Doch immerhin hat sich die Situation in den vergangenen Jahren deutlich gebessert. Die durch den bis 2005 betriebenen industriellen Torfabbau stark geschädigten Kollerfilze, die an das Sterntaler Filz angrenzen, konnten dank eines EU-geförderten LIFE+-Projekt durch Wiedervernässung wieder attraktiver Lebensraum für viele Vogelarten, darunter Schwarz-, Braun- und Blaukehlchen, Schwarzstorch und Bekassine werden. Es bestehen sogar gute Chancen, dass das Birkhuhn in das Gebiet zurückkehrt – eine in Bayern vom Aussterben bedrohte Art.

 

Gerhard Huber, der die Exkursion leitete, führte uns zunächst auf dem gut zwei Kilometer langen Moorlehrpfad durch die Kollerfilze. Gleich am ersten Weiher konnten wir fleißig trillernde Zwergtaucher und eine Stockente mit Jungen beobachten. Im Hintergrund lärmten Lachmöwen, zwischen deren Rufe sich immer wieder die tieferen Laute der Mittelmeermöwe mischten. Weiter ging es auf dem gut ausgebauten Weg zum Moorstation und dem benachbarten Beobachtungsturm. Da dieser kaum Platz für drei Stative bot, zog es ein Teil der Gruppe vor, aus der unteren, ebenerdigen Etage zu beobachten. Eine bequeme, von der wärmenden Sonne beschiene Bank erleichterte diese Entscheidung.

 

Beobachtungsturm in den Kollerfilzen (Foto: Thomas Hafen)
Beobachtungsturm in den Kollerfilzen (Foto: Thomas Hafen)

 

 

Auf dem malerisch vor der Bergkulisse liegenden Weiher konnten wir neben Zwergtauchern, Stockenten, Graugänsen und Tafelenten auch drei Schwarzhalstaucher im Prachtkleid, zwei Nilgänse, einen Flussregenpfeifer sowie ein Paar Krickenten beobachten. Über dem Turm kreisten drei Baumfalken auf Nahrungssuche. An diesem Vormittag mussten sie sich wohl mit Fluginsekten begnügen, denn Schwalben oder Mauersegler, die durchaus auch in das Beutespektrum des Baumfalken gehören, waren nirgends zu sehen.

 

In der Gebüschzone auf der anderen Seite des Beobachtungsturms gab uns eine Grasmücke Rätsel auf. Nach einigem Hin und Her und der Konsultation von Tonaufnahmen, kamen wir dann aber doch übereinstimmend zu dem Schluss, dass es sich um eine Gartengrasmücke handelte. Weniger schwierig war die Bestimmung eines Schwarzkehlchens, das sich ebenfalls in den Büschen aufhielt.

 

Baumfalke (Foto: Ursula Wiegand)
Baumfalke (Foto: Ursula Wiegand)

 

 

 

 

 

Nach einem Abstecher zu einem keinen Beobachtungshügel folgten wir dem Rundweg, der uns wieder zurück zum Parkplatz brachte. Ein Teil der Gruppe hatte das Glück, dabei einen Schwarzstorch zu beobachten, die anderen mussten sich mit Sing- und Misteldrossel, Grauschnäpper, Grauspecht und Haubenmeise begnügen.

Kurz vor Mittag trafen wir wieder am Parkplatz ein und machten uns mit den Autos auf Weg zu unserer nächsten Station, dem Sterntaler Filz.

junger Kiebitz (Foto: Ursula Wiegand)
junger Kiebitz (Foto: Ursula Wiegand)

 

 

Dieser führte und auf verschlungenen kleinen Straßen durch Felder und Wiesen – sehr zum Missfallen einiger Radler, die sich belästigt fühlten. Der bereits gut gefüllte Parkplatz beim „Moorerlebnis Sterntaler Filz“ ließ schon erahnen, dass wir dort nicht allein sein würden – und tatsächlich trafen wir auf den Bohlenwegen und in der Beobachtungshütte jede Menge Familien und andere Ausflügler, unter denen wir Ornis eindeutig in der Minderzahl waren. Das Gebiet machte einen sehr interessanten und abwechslungsreichen Eindruck, war ornithologisch gesehen, aber nicht sehr ergiebig, was vielleicht auch der Tageszeit und dem regen Besucherbetrieb geschuldet war. Highlights waren drei junge Kiebitze, die sehr gut von der Beobachtungshütte aus zu sehen waren, mehrere Schwarzkehlchen und zwei Baumpieper.

Auch eine Kreuzotter konnten wir eingehend betrachten, als sie schwimmend einen Tümpel überquerte.

 

schwimmende Kreuzotter (Foto: Ursula Wiegand)
schwimmende Kreuzotter (Foto: Ursula Wiegand)

Unsere letzte Etappe führte uns ins Auer Weidmoos. Das Gebiet wurde lange als Weideland genutzt, steht heute aber unter Naturschutz und wird nur einmal im Jahr gemäht. Während es sich bei den „Filzen“ um Hochmoorgebiete handelt, bezeichnet „Moos“ ein Niedermoor. In den große Schilfbeständen, die zum Teil mit Gebüsch durchsetzt waren, konnten wir unter anderem Teichrohrsänger und Feldschwirl hören. Besonders gefreut haben wir uns über die Beobachtung von drei Braunkehlchen (zwei Männchen und ein Weibchen). Diese Art ist ja eines der größten Sorgenkinder im Naturschutz, denn ihre Bestände sind in den vergangenen Jahren dramatisch eingebrochen.

 

Damit hatten wir drei der vier vorkommenden Kehlchenarten beobachten können, es fehlte nur noch das Blaukehlchen als Nummer vier. Und tatsächlich schallte uns aus einem Gebüsch ein blaukehlchenähnlicher Gesang entgegen. Bei genauerem Hinhören wurde allerdings schnell klar, dass uns ein Sumpfrohrsänger zum Narren gehalten hatte, ein berühmt-berüchtigter Spötter, der gerne Rufe und Gesänge anderer Arten in sein Repertoire mit aufnimmt.

 

Nach einem ereignisreichen Tag beendeten wir gegen 16 Uhr unsere Exkursion.

 

(Text: Thomas Hafen)