Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Die Welt der Flechten

Flechten an Steinmauer – H.J. Fünfstück
Flechten an Steinmauer – H.J. Fünfstück

Sie kommen in extremen Lebensräumen wie Wüsten, Mooren oder Heiden vor. Sogar aus der Antarktis sind einige Arten bekannt. Weltweit sind etwa 25.000 Flechtenarten bekannt, in Mitteleuropa sind es etwa 2.000. Flechten können mehrere hundert bis mehrere tausend Jahre alt werden und gehören damit zu den langlebigsten Lebewesen der Erde.

Botanisch gesehen sind Flechten eine Lebensgemeinschaft zwischen Pilzen (Mykobionten) und Photosynthese betreibenden Partnern (Photobionten). Meist sind dies Grün- oder Blaualgen. In dieser Symbiose bilden sich die typischen Wuchsformen der Flechte und die charakteristischen Flechtensäuren (1).

 

Der sichtbare Flechtenkörper wird als Lager oder Thallus bezeichnet.

Aufgrund der verschiedenen Formen dieses Lagers unterscheidet man die sehr unterschiedlichen Krusten-, Strauch- und Blattflechten. Krustenflechten sind eng mit dem Untergrund verbunden, auf dem sie wachsen. Strauchflechten sind nur an wenigen Stellen befestigt und können sehr lang werden. Ein Beispiel dafür sind die Bartflechten, die in Gebirgen vorkommen. Die Gallertflechten, die zu den Blattflechten gehören, haben dagegen im feuchten Zustand eine leicht schleimige Konsistenz. 

 

 In unseren Gärten wachsen sie auf Steinen, Mauern und Dachziegeln. Häufig wachsen sie an Baumstämmen oder Strauchzweigen, bevorzugt jedoch auf basenreicher Baumrinde. Laubbäume wie Esche, Pappel und Apfelbaum werden daher bevorzugt besiedelt.

   

Krustenflechte - Oliver Wittig                                                            Strauchflechte - Thomas Duerst                                                                  Laubflechte – Oliver Wittig   

 

Bartflechte - Thomas Stephan
Bartflechte - Thomas Stephan

Der Laie könnte nun denken, dass diese Pflanzen von Schädlingen befallen sind. Doch Flechten können gesunden Pflanzen nicht schaden. Sie sind vielmehr ein Zeichen für saubere Luft im Garten. Da Flechten keine Wurzeln haben, sind sie auf eine gute Luftqualität angewiesen, um Wasser und Nährstoffe aufzunehmen. Sie reagieren schnell auf Veränderungen der Luftqualität und sind daher ein guter Bioindikator. Wer also beim nächsten Spaziergang viele verschiedene Flechten sieht, kann davon ausgehen, dass die Luftqualität dort ziemlich in Ordnung ist.

 

Der Flechtenbewuchs hat sogar Vorteile, denn Flechten schützen die besiedelten Stellen vor anderen Pilzen und Bakterien. Deshalb sollten sie in der Regel nicht entfernt werden.

 

Nur wenn die Pflanzen nicht vital genug sind, können Flechten Schaden anrichten. Zum Beispiel können sie die Knospen alter Sträucher überwuchern und so deren Austrieb verhindern. In solchen Fällen hilft bei Bäumen und Beerensträuchern ein Verjüngungsschnitt, bei dem alte Äste entfernt werden. 

 

Bei älteren Obstbäumen kann es sinnvoll sein, wuchernde Flechten vom Stamm zu entfernen. Unter den Flechten können sonst unbemerkt Schädlinge wie Baumläuse oder Apfelwickler überwintern. Bei Schädlingsproblemen sollte die lose Rinde mit Moos- und Flechtenbewuchs mit einer weichen Bürste entfernt werden. 

 

Text: Katharina Roppert-Engert

Trompetenflechte – Oliver Wittig
Trompetenflechte – Oliver Wittig

  

 

 

(1) Flechtensäuren sind eine für die Organismengruppe der Flechten charakteristische Art organisch-chemischer Naturstoffe verschiedener Struktur wie Depside, Depsidone und Depsone von Phenolcarbonsäuren (z. B. Derivate des Orcins oder Dibenzofuranverbindungen). Wegen antibiotischer Wirkungen werden Flechtensäuren teils arzneilich genutzt. Quelle: Wikipedia